In schönster Alpen-Idylle?
Von der Sanierung zum Schwarzbau: Wie ein Bauvorhaben in Schönau am Königssee vor Gericht landete
Ein historischer Bauernhof sollte saniert werden, doch dann kam es zu Komplikationen. Ein Bauunternehmer steht nun vor Gericht, nachdem er gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt hat. Die Frage ist, wer die Verantwortung für den ungenehmigten Bau trägt.
Schönau am Königssee/Laufen – Der Bauernhof mit der historischen Bezeichnung Hanottenlehen entstand im Jahr 1387. Der Stadl nebenan dürfte ebenfalls ziemlich alt sein, war aber viele Jahre „dem Verfall überlassen“, wie es der Grundbesitzer im Laufener Gerichtssaal schilderte. Was tun? Sanieren. Tatsächlich segnete das Bauamt im Reichenhaller Landratsamt im Jahr 2022 den Einbau von zwei Wohneinheiten sowie den Bau einer Dreifachgarage ab. Die Auflage: so viel wie möglich der alten Bausubstanz zu erhalten. Jetzt stand ein Bischofswiesener Bauunternehmer wegen eines ungenehmigten Baus vor Gericht, nachdem er gegen einen Bußgeldbescheid über 8400 Euro Einspruch eingelegt hatte.
Möglichst viel historische Substanz zu bewahren, das hatten Grundbesitzer, Bauherr und die beauftragten Firmen nach eigener Darstellung versucht. Dachstuhl, Holzständerwerk und Bretterwände waren abgetragen und zwischengelagert worden, als das Bruchsteinmauerwerk darunter nachgab. Der Grund: Fundamente gab es keine, und der dünne Mörtel verband die Steine nach Jahrhunderten nicht mehr.
Ein historischer Bauernhof und eine unerwartete Wendung vor Gericht
„Lebensgefährlich“ beschrieb der 67-jährige Bauunternehmer die Lage vor Ort, „die Wände haben sich geneigt und sind teilweise eingestürzt.“ Anstatt wie vorgesehen das Mauerwerk stehenzulassen und eine stützende neue Wand dahinterzusetzen, habe man die umgekehrte Variante gewählt, nämlich eine neue Wand zu errichten, um dann das historische Mauerwerk davorzusetzen. Denn auch so sähe das Ensemble „genau so aus wie vorher.“
Das sah man im Landratsamt anders, denn ein Abbruch und ein Neubau seien nicht „Gegenstand der Genehmigung“ gewesen. Umgangssprachlich ein Schwarzbau. Eine vom Bauunternehmer erwartete Rücksprache mit Landratsamt, Landrat und Bürgermeister sei wohl nur mündlich und verspätet erfolgt. „Der Planer musste das unbedingt klären“, bekräftigte der Firmenchef in Laufen, der mit seiner Arbeit dann im August 2022 aufgehört hatte. Acht Wochen später hatte dann das Bauamt die Baustelle eingestellt, und in Folge eine Neuplanung mitsamt geologischem Gutachten gefordert, was mit annähernd 25 000 Euro zu Buche geschlagen haben soll.
Anders als bei vergleichbaren Bauten habe die Behörde eine bloße Tektur hier nicht akzeptiert, wie Rechtsanwalt Hans-Jörg Schwarzer als Vertreter des Bauunternehmers monierte. Wer ein Bußgeld über 4000 Euro akzeptiert hatte, war der Bauherr. Doch damit war man im Landratsamt nicht zufrieden. Der Bauunternehmer hätte 8400 Euro bezahlen sollen. „Ich bin doch dafür gar nicht zuständig“, bekräftigte der 67-Jährige, denn er habe ja eigentlich den ursprünglichen Plan umsetzen wollen.
Die Reichenhaller Behörde war mit sechs Mann im Gerichtssaal vertreten, vier davon schilderten Anlass und Hintergründe des Verfahrens, zwei wollten lediglich „zu Schulungszwecken“ mit dabei sein. „Wir hatten sechs Monate lang Baustopp“, beklagte der Grundeigentümer, räumte aber auch ein: „Es war sicher ein Fehler, dass man nicht früher interveniert und das geänderte Vorhaben nicht zeitig im Landratsamt vertreten hat.“ Zunächst aber habe man versucht, es im Sinne der ersten Genehmigung zu stabilisieren. Vergeblich.
Ein Freispruch und die Lehren aus einem ungewöhnlichen Bauprojekt
Am Rande der Verhandlung schilderten Beteiligte, dass das Vorhaben ursprünglich ohne jegliche Fenstermaße genehmigt worden war, nach Fertigstellung vom Bauamt aber unter Androhung weiterer Zwangsgelder exakte Fenstermaße gefordert worden waren, was zusätzliche Kosten verursacht habe.
„Ich stelle das Verfahren ein“, erklärte Richterin Ann Kathrin Dolge schließlich dezidiert, denn sie sehe hier den Bauherrn in der Verantwortung, und der habe ja bereits sein Bußgeld bezahlt. Zudem handle es sich hier nicht um einen „reinen Schwarzbau“, nachdem das geänderte Vorhaben inzwischen genehmigt worden sei. Nicht zuletzt handle es sich bei dem Bauunternehmer um einen „rechtstreuen Bürger“. Dolge abschließend: „Ein weiteres Bußgeld ist nicht nötig.“ (hhö)