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Mutmaßliche „Vergewaltiger“ vor Gericht

Verwirrung im Gerichtssaal: Widersprüchliche Aussagen führen zu Freispruch

Amtsgericht Laufen
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"Amtsgericht Laufen" steht am Gerichtsgebäude in Laufen (Bayern).

In einem Vergewaltigungsprozess in Freilassing sorgen widersprüchliche Aussagen für Verwirrung. Trotz schwerer Vorwürfe werden die Angeklagten freigesprochen. Die Glaubwürdigkeit der mutmaßlichen Opfer steht in Frage.

Freilassing/Laufen - 3. März 2024. Ein Sonntagmorgen, kurz vor 5 Uhr. Zwei Kosovaren und ein unbekannter Dritter am Parkplatz hinter der Disco Eventhouse. Dort dabei auch zwei junge Frauen aus Bad Reichenhall. Doch was war hier geschehen? Gab es wirklich diese extremen sexuellen Annäherungen bis hin zur Vergewaltigung mit dem Finger? Die 26 und 27 Jahre alten Kosovaren bestritten im Laufener Amtsgericht die angeklagte Vergewaltigung und die sexuellen Belästigungen. Und selbst die mutmaßlichen Opfer überzeugen das Schöffengericht am Ende nicht. 

Hatten die beiden Frauen mit einem freundlichen „hallo“ die Männer nach der Sperrstunde zu ihrem Auto gelockt? Oder waren die in Freilassing lebenden Kosovaren unvermittelt aus dunkler Nacht dort aufgetaucht? Die Geschichten im Gerichtssaal hätten unterschiedlicher kaum sein können. Schon im ‚Eventhouse‘ habe man „eine Bekanntschaft hergestellt“, wie die beiden Angeklagten berichteten, während die jungen Frauen aus der Kurstadt die Kosovaren belasteten. „Da ist die Sache völlig aus dem Ruder gelaufen“, schilderte eine 30-jährige Altenpflegerin das Geschehen am rückwärtigen Parkplatz. „Die waren so aggro“, behauptete sie, nachdem sie zu Beginn ihrer Vernehmung erklärt hatte, sie habe all das „ziemlich verdrängt“ und könne sich gar nicht mehr erinnern. Nach eindringlicher Mahnung von Vorsitzendem Martin Forster erklärte sie: Ja doch, der eine habe sie „überall angefasst“ und versucht, sie zu küssen, ihr schließlich in die Backe gebissen. Zuletzt habe ihr der 27-Jährige in die Strumpfhose gegriffen und ihr einen Finger in die Scheide gesteckt. 

Vorwurf der Vergewaltigung: Zwei Kosovaren vor Gericht

Dabei will die 30-jährige Altenpflegerin auf der Rückbank ihres Autos gesessen sein. „Anatomisch schwierig“, meinte Vorsitzender Martin Forster zu dieser Schilderung. Vor allem aber war davon an diesem Abend gegenüber der Polizei keine Rede gewesen, sondern erst bei einer Aussage elf Tage später. Und da soll der Täter außerhalb des Autos in solcher Weise tätig geworden sein. „Ich war unter Schock“, versuchte die Frau eine Erklärung, „ich wollte mit der Sache nichts mehr zu tun haben. Es war ganz schrecklich.“ 

Der 21-jährigen Cousine war es gelungen, ihre Mutter in Reichenhall zu verständigen: „Hilfe, Eventhouse, Polizei“ hatte sie per Mobiltelefon geschickt. Die Handwerker-Auszubildende soll über der Kleidung „begrapscht“ und mit Umbringen bedroht worden sein. Die frühmorgens benachrichtigte Mutter hatte die geflüsterte Nachricht ihrer Tochter mit „so richtig Angst“ beschrieben. Als die 55-Jährige den Tatort erreichte, war die Polizei bereits am Ort gewesen. Mit der Mutter im Auto war der damalige Partner der 30-jährigen Frau, der sich an Ort und Stelle eine mutmaßlich eifersüchtige Diskussion mit ihr geliefert hatte.

Die Freilassinger Polizeistreife war zunächst an der Gruppe „ratschender Menschen“ vorbeigefahren. „Die fünf Personen machten einen lockeren Eindruck“, schilderte eine junge Beamtin, „es war nichts Auffälliges dran. Es hat sich niemand bemerkbar gemacht.“ Dabei hätte ein „kleiner Wink“ gereicht. Schließlich doch bei der Gruppe angelangt, habe keine der beiden Frauen derartige Vorwürfe erhoben, weshalb die beiden Angeklagten in dieser Nacht ohne Feststellung der Personalien entlassen worden waren. Die beiden Frauen sollen anschließend im Polizeiauto darüber diskutiert und gestritten haben, weshalb man die Polizei verständigt habe. Die Vorwürfe einer Vergewaltigung waren erst bei einer Vernehmung elf Tage später erhoben und die zwei Kosovaren über Facebook-Bilder der Diskothek ermittelt worden. Der Bauhelfer und der Postzusteller sind nicht vorbestraft. 

„Heute gab’s eine neue Variante“, meinte Staatsanwältin Melanie Bartschat zur Aussage der 30-Jährigen. „Besser“ sei da die Schilderung der 21-Jährigen gewesen, und doch habe sie ein „Problem mit der Glaubwürdigkeit“ der mutmaßlichen Opfer. Der angeblich beteiligte dritte Mann sei damals nachweislich gar nicht mehr in Deutschland gewesen. „Es ist wohl irgendwas passiert“, räumte Bartschat ein, ob dies aber die Grenze der Strafbarkeit überschreit, sei zweifelhaft „Für eine Verurteilung nicht ausreichend“, bilanzierte die Staatsanwältin und beantragte Freispruch. 

Freispruch nach widersprüchlichen Aussagen

„Es passt hinten und vorne nicht“, konstatierte Rechtsanwalt Dr. Florian Eder zu den Schilderungen der beiden Frauen, der angebliche Biss in Hals und Backe sei „niemanden aufgefallen“. Über die Motive der beiden Frauen mochte der Verteidiger des 27-jährigen Bauhelfers nur spekulieren, möglicherweise wollte die 30-Jährige gegenüber ihrem Partner ein „Schäkern mit anderen Männern“ vertuschen. Jedenfalls stehe Aussage gegen Aussage, was im Zweifel nur Freispruch bedeuten könne. Er selbst setze sich mit keiner seiner Studentinnen mehr allein ins Büro. 

„So widersprüchlich“, unterstrich ebenso seine Kollegin Maria-Theresa Herzog. Auch der Verteidigerin des 26-jährigen Postzustellers reichte das Gehörte nicht aus. „Die beiden Frauen haben uns heute hier nicht mit der Wahrheit bedient.“ Das sah auch das Schöffengericht so und urteilte auf Freispruch. Vorsitzender Martin Forster betonte neuerlich, dass „kriminalistische Studien“ davon ausgingen, dass 70 Prozent aller Vergewaltigungsvorwürfe falsch seien. Die beiden mutmaßlichen Opfer konnten das Schöffengericht jedenfalls nicht überzeugen. (hhö)

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