Prozess in Laufen
Von Hitlergruß bis Identitätsraub: Wie ein Deutscher (31) als Ivan und Miro durchs Leben schlich
Mit gefälschten Dokumenten und in sieben Fällen angeklagt. Ein vielfach vorbestrafter Mann (31) kommt am Amtsgericht Laufen „gerade noch“ mit Bewährung davon.
Freilassing/Laufen – Der 31-jährige deutsche Staatsbürger verbrachte bereits 14 Monate hinter Gitter. Doch das hat ihn nicht vor weiteren Straftaten abgehalten. Auf fünf Seiten listete die Staatsanwaltschaft eine Menge weiterer Straftaten auf. Darunter ärgste Hetze gegen dunkelhäutige Menschen und die Verwendung total gefälschter Dokumente. Am Laufener Schöffengericht kam der achtfach vorbestrafte arbeitslose Mann „gerade noch“ mit Bewährung davon.
Falschen Führerschein und Ausweis
Hitlerbilder mit dem sogenannten Hitlergruß hatte der Angeklagte innerhalb einer Chatgruppe mit knapp 600 Mitgliedern neunmal verschickt. Besonders „unappetitlich“ aus Sicht des Vorsitzenden Martin Forster aber waren seine weiteren Posts. Hier war von „Nigger, weil keine Menschen“ die Rede. Und von einem dunkelhäutigen Kind, dessen Schulweg täglich drei Stunden betrage. Der Angeklagte riet, dem Kind mithilfe von Spenden eine Peitsche zukommen zu lassen, „damit der faule Nigger es in 8 Minuten schafft“. Solch „schwarzen Humor“ habe er damals „lustig“ gefunden, versucht der 31-Jährige sein Tun zu erklären.
Bei einer Verkehrskontrolle unter 0,9 Promille Alkohol im Blut gab der 31-Jährige den Namen einer anderen real existierenden Person an. Und schließlich besorgte er sich bei einem Kroatienurlaub einen falschen Führerschein, da er seinen nach mehreren „Blitzerfotos“ verloren hatte, und einen falschen Personalausweis. Damit meldete er sich als Ivan A. im Salzburger Magistrat an und ließ sich nach einem Motorradunfall auch im Salzburger Unfallkrankenhaus behandeln. Die Kosten über 2500 Euro sollen inzwischen vom Bruder beglichen worden sein.
Doch damit nicht genug. Aus Angst, erwischt zu werden, besorgte er sich erneut falsche Dokumente in Kroatien, diesmal mit dem Namen Miro S. Damit mietete der in Russland geborene Mann einen Audi A5 an, mit dem er am 8. Januar dieses Jahres am Grenzübergang Saalbrücke gestoppt und verhaftet wurde. Aufgrund der Sorge erwischt zu werden, war er ins benachbarte Ausland umgezogen.
„Hohe kriminelle Energie“
Der Angeklagte ist achtfach vorbestraft. Darunter mehrfacher schwerer Bandendiebstahl, bei dem unter anderem Autos aufgebrochen wurden. Diese Jugendstrafe von 21 Monaten war zur Bewährung ausgesetzt worden. Später kam der Besitz einer verbotenen Waffe hinzu, Fahren ohne Fahrerlaubnis, vorsätzliche Körperverletzung und Urkundenfälschung, was ihm letztlich eine Freiheitsstrafe von 28 Monaten einbrachte. Nachdem ein Rest zur Bewährung ausgesetzt wurde, gab es hernach eine weitere Urkundenfälschung und eine falsche Verdächtigung.
Staatsanwältin Vera Sophia Wagner attestierte dem Mann eine „hohe kriminelle Energie“, der „Sinn“ seines Handelns aber blieb ihr „unklar“. Sie beantragte eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Die Führerscheinsperre sollte 15 Monate betragen. Rechtsanwalt Raphael Botor betonte das vollumfängliche Geständnis seines Mandanten, was dem Gericht eine Vernehmung von bis zu 20 Zeugen erspart habe. „Er ist aus diesem Lügengebäude nicht mehr rausgekommen bis die Bombe geplatzt ist“, meinte der Verteidiger, sah den Angeklagten aber inzwischen „nachgereift“, mit dem Wunsch nach einem „normalen Leben“. Botor beantragte eine Strafe unter zwei Jahren und eine Bewährungschance.
Für die Posts schäme er sich, erklärte der Angeklagte in seinem Schlusswort. „Ich bin froh, dass es vorbei ist und hoffe auf eine Chance.“ Er wolle künftig straffrei leben und „endlich erwachsen werden.“ Die drei Richter urteilten auf zwei Jahre und eine vierjährige Bewährungszeit wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in neun Fällen, Volksverhetzung, falscher Verdächtigung, Urkundenfälschung und Betrug bei der Autoanmietung.
Ausdrücklich kommentierte Vorsitzender Martin Forster die „beschämenden“ Posts, deren Tenor rasch in einen Alltagsrassismus durchschlagen könne. Nicht zuletzt: „Aus Worten werden Taten.“ Die „Nachreifung“ und die Reue nahm das Gericht dem Mann ab, weshalb man „gerade noch“ auf dieses bewährungsfähige Strafmaß entschieden habe. Die Führerscheinsperre beträgt ein Jahr. Staatsanwältin Wagner wollte das Urteil noch nicht rechtskräftig machen.
hhö