Einen Tag vor dem vierten Geburtstag des Sohnes
Familientragödie überschattet Teisendorf - „Unsere Nicki hat die Welt zu einer besseren gemacht“
Sie wollte am Nachmittag backen, als ihr schlecht wurde. Keine 24 Stunden später verliert sie ihr Leben: Völlig unerwartet ist die 38-jährige Nicki aus Teisendorf gestorben. Eine Tragödie, vor allem für ihren Lebensgefährten Florian Kronawitter und die beiden Kinder (vier und sechs Jahre alt). Jetzt spricht die beste Freundin über den plötzlichen Verlust, die langjährige Freundschaft und die Spendenkampagne. Für sie ist klar: „Nicki war eine treue und hilfsbereite Seele!“
Teisendorf - Immer wieder kommt Agnes Giesbrecht ins Stocken, als sie an die vergangenen Tage zurückdenkt. Alles ging so schnell, alles kam so plötzlich und unerwartet. „Die letzte Woche war sehr schwer. Ich musste das erstmal begreifen“, schildert die 36-Jährige. Es gab keine Vorzeichen, dass es so schnell und so akut passieren würde. Sie erinnert sich, dass sie mit ihrer besten Freundin kurz davor noch über den Todesfall eines jungen Menschen in der Nachbarschaft gesprochen hatte. „Und auf einmal hieß es zu mir: Nicki ist tot.“
Die 38-jährige Mutter brachte ihre sechsjährige Tochter und ihren dreijährigen Sohn an einem Freitagmorgen in den Kindergarten. Am Mittag holte sie die beiden wieder ab und wollte am Nachmittag etwas backen. Mehl und Butter standen schon bereit, als sie stark zu brechen begann. Nicki telefonierte mit ihrer Mutter und bat sie darum, auf die Kinder aufzupassen, bis Florian von der Arbeit kam.
Akute innere Erkrankung
„Es war nicht erkennbar, dass es etwas Ernstes ist. Sie dachten an einen Magen-Darm-Infekt oder ob sie vielleicht etwas Verdorbenes gegessen hatte“, berichtet Agnes. Doch es tritt das unerwartet Schlimmste ein: In der Nacht von Freitag auf Samstag stirbt ihre beste Freundin an einer akuten inneren Erkrankung. Besonders tragisch: Einen Tag später wollte Nicki den vierten Geburtstag ihres Sohnes feiern.
Zu diesem Zeitpunkt befindet sich Agnes mit einer anderen Freundin auf einem Wochenendausflug. „Ich wurde angerufen und konnte es nicht glauben. Als ich die Mutter von ihr erreicht habe und sie mir den Verlust bestätigte, konnte ich es nicht fassen. So ging es uns allen: Das ist alles noch so unwirklich und schwer zu begreifen“, erklärt sie.
Auf einmal mit dem Thema Beerdigung konfrontiert
Das gilt vor allem für den Lebensgefährten Florian, der auf einmal die Beerdigung organisieren musste. „Die Familien haben ihn zum Glück großartig dabei unterstützt. Auch für sie war es nicht leicht“, weiß die beste Freundin. Er hat zwei erwachsene Kinder aus einer früheren Beziehung. „Doch der Pfarrer hat es dann treffend gesagt: Nicki mit ihren vier Kindern. Sie war einfach eine gute Haut und hat seine Kinder gleich voll angenommen.“
Manchmal musste man sie daran erinnern, dass es auch wichtig ist, wie es ihr geht.
Für die 36-Jährige war die prägendste Charaktereigenschaft von Nicki, dass sie stets sehr hilfsbereit war. „Sie kümmerte sich sehr um das Wohl der Anderen und stellte sich immer hinten an. Manchmal musste man sie daran erinnern, dass es auch wichtig ist, wie es ihr geht“, erinnert sie sich. Nachts um 3 Uhr hätte man sie anrufen und um Hilfe bitten können. „Sie wäre sofort gekommen. Das machte sie aus.“
Viele Menschen berührt
Auch bei der Beerdigung sei spürbar gewesen, wie viele Menschen sie berührt hatte. „Alte Schulfreunde, frühere Nachbarn, jede Altersklasse: Das war bunt gemischt und irgendwie auch schön anzusehen. Sie fehlt vielen Menschen.“ Die 250 bis 300 Personen erlebten eine „sehr ergreifende Trauerfeier“, die für viele Tränen sorgte. Agnes lobte die Familie für die Organisation, für die schöne Musik, die zum Himmel aufsteigenden Luftballons. „Das war eine Trauerfeier, wie ich mir vorstelle, wie es Nicki sich gewünscht hätte“, sagt ihre beste Freundin.
Sie kannten sie sich schon ihr ganzes Leben lang. Sie wuchsen als Nachbarinnen nebeneinander auf und was mit einem losen Spielen als Kinder anfing, entwickelte sich zu einer tiefen Freundschaft. „Natürlich waren wir auch mal räumlich getrennt durch Umzüge, aber der Kontakt war immer da - auch als wir beide Kinder bekamen.“
Spaziergänge die liebsten Momente
Sinnbildlich für die Freundschaft waren die Spaziergänge, welche die beiden Frauen als Teenager machten. „Wir haben uns gegenseitig unsere Herzen ausgeschüttet. Jede wusste, was die andere bedrückt. Sie war mir in der Zeit eine große Stütze und hatte immer ein offenes Ohr für mich, das ich manchmal auch strapaziert habe“, erzählt Agnes mit einem leichten Grinsen.
Für Florian und die Kinder ist die Situation noch immer schwer zu begreifen. „Er will sich Zeit lassen mit der Arbeit und muss erst alles verarbeiten.“ Es sei schwer zu verstehen, dass sie nicht mehr wieder vor der Tür stehen und bald wieder vorbeikommen werde. Auch die Tochter und der Sohn tun sich schwer. „Sie haben verstanden, dass ihre Mama nicht mehr da ist. Aber was es bedeutet, dass sie dann auch an Weihnachten, den Geburtstagen und Familienfeiern nicht dabei sein wird: Das braucht Zeit, bis das bei ihnen ankommt“, ist sich Agnes sicher.
Eine Flut an Hilfsbereitschaft und Unterstützung
Zwei Tage nach dem Tod von ihrer besten Freundin entschied sie sich spontan dazu, eine Spendenkampagne zu starten. Sie wollte etwas unternehmen und sinnvoll helfen. „Ich habe mir Gedanken gemacht und dabei ist mir bewusst geworden, wie schwer es für Florian wird, alles finanziell zu regeln.“ Also stimmte sie sich mit ihm ab, schrieb einen Text, besorgte Fotos und begann den Spendenaufruf. Was dann passierte, damit hätte sie niemals gerechnet.
Dass der Aufruf so eine Wirkung hat, hätte ich mir nie erträumt.
„Ich hatte gehofft, dass wir 10.000 Euro zusammenbekommen, damit die Trauerfeier bezahlt werden kann und vielleicht noch etwas übrig bleibt. Dass der Aufruf so eine Wirkung hat, hätte ich mir nie erträumt.“ Es folgte eine Spende nach der anderen und keine 24 Stunden später waren es schon 30.000 Euro.
„Ich bin noch immer sprachlos“
Mittlerweile gab es über 1400 Spenden und es kam ein Betrag von mehr als 78.000 Euro zusammen. „Ich bin noch immer sprachlos“, gibt Agnes zu. Auf sie und Florian kamen unzählige Menschen zu, übergaben Spenden, drückten ihr Mitgefühl aus und boten Hilfe an. Eine Frau bot sogar Zirkuskarten. Eine andere Mutter machte den Vorschlag, zusammen mit den Kindern einen schönen Nachmittag zu verbringen.
„Wir sind überwältigt von der Hilfsbereitschaft. Das zeigt einfach, dass es immer noch gute Menschen auf der Welt gibt“, so Agnes. Florian tue sich noch etwas schwer damit, die Unterstützung und das viele Geld anzunehmen. Doch es helfe ihm, die nächste Zeit zu überbrücken. „Er ist sehr dankbar dafür und kann es nach wie vor nicht fassen“.
„Wir müssen das nur sehen und begreifen“
Kurz nach der Beerdigung schrieb sie auf der Spendenplattform folgendes: „So viele Menschen haben Nicki gestern auf ihrem letzten Weg begleitet. So viele Verwandte, Freunde, Kollegen, Bekannte und Weggefährten aus früheren Jahren. Es war eine Trauerfeier, wie sie Nicki gefallen hätte. Schöne Musik in der Kirche, schöne geteilte Erinnerungen an sie und Luftballons, die in die Luft steigen ….“
Sie wollte an dieser Stelle auch Florians Dank übermitteln, der überwältigt ist von der Hilfsbereitschaft: „Unsere Nicki hat die Welt zu einer besseren gemacht. Sie zeigt uns, dass es trotz aller schlechten Nachrichten, die täglich auf einen einprasseln, so viele liebe und hilfsbereite Menschen gibt. Das macht die Welt besser. Wir müssen das nur sehen und begreifen.“ (ms)