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Teisendorfer reicht Petition beim Bundestag ein

Mautschock: Transportbranche in Aufruhr – 500 Euro Mehrkosten für Familien?

Der Lkw-Fahrer Andreas Koller fuhr mit seinem Fahrzeug auch zur großen Demonstration der Speditions- und Transportbranche in München.
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Andreas Koller will mit seiner Petition mehr Aufmerksamkeit für die Folgen der Mauterhöhung erreichen. Die aktuellen Proteste, etwa in München, helfen seinem Anliegen.

Erst die Traktoren, dann die Lkw: Die Demonstrationen sind auch auf die Spediteure und Transportunternehmen übergeschwappt. Andreas Koller macht schon länger auf die Mauterhöhung und deren Folgen aufmerksam. Nicht nur er glaubt: Am Ende muss der Endverbraucher im Alltag deutlich mehr Geld bezahlen. Für einen Vier-Personen-Haushalt gibt es bereits konkrete Zahlen.

Teisendorf/Piding - Mit einer großen Protestfahrt nach München und einer Demonstration auf der Theresienwiese haben in der vergangenen Woche auch die Transport- und Logistikunternehmen in Bayern auf ihren Unmut aufmerksam gemacht. Mit dabei war auch der Teisendorfer Berufskraftfahrer Andreas Koller, dessen Petition durch die aktuellen Proteste ordentlich Zuwachs erhalten hat. Dabei lief es anfangs eher schleppend, nachdem er im Spätsommer 2023 angefangen hatte, Unterschriften zu sammeln. Durch Gespräche mit dem Bauernverband und neue Kontakte hat er mittlerweile die 30.000er-Marke geknackt. Und: Seine Petition hat Koller nun auch offiziell beim Bundestag eingereicht. Doch das soll es noch nicht gewesen sein, sein Ziel ist klar. „So kann es nicht weitergehen: Die Mauterhöhung ist zu hoch und am Ende muss alles der Endverbraucher zahlen“, betont der 50-Jährige.

Er will auch deshalb Bewegung in das Thema bringen, weil er merkt, dass viele Menschen noch nichts damit anfangen können. „Die meisten zucken mit den Schultern, wenn man sie auf die Mauterhöhung anspricht. Es betrifft wirklich jeden, denn: Egal ob Essen, Kleidung oder andere Dinge, alles wurde mindestens einmal mit einem Lkw transportiert.“ Selbst unter den Landwirten sei vielen noch nicht klar gewesen, dass auch sie davon betroffen sind. „Der Landwirt allein kann es nicht richten. Die Waren kommen ja nicht von allein vom Bauernhof ins Geschäft. Und selbst der Bioladen hat keinen Gleisanschluss“, verdeutlicht der Teisendorfer.

Lkw als Bindeglied zwischen Industrie und Handel

Koller arbeitet seit zwei Jahren für die Firma G. Reich Transport GmbH mit Sitz in Fahrenzhausen. Zuvor fuhr er über 30 Jahre im Ausland. Er hat schon viel gesehen in Europa, kennt viele der „alten Hasen“ und vor allem die Vorurteile gegenüber den Lkw-Fahrern. Ihm fehlen das Verständnis und Mitgefühl aus der Bevölkerung. „Wir sind nicht der Störfaktor, sondern liefern, was im Alltag gebraucht wird. Der Lkw ist das Bindeglied zwischen Industrie und Handel, dafür fehlt das Bewusstsein.“ Dankbar ist er seinem aktuellen Arbeitgeber, dass er sein soziales Engagement ausleben darf und sogar dabei noch den Rücken gestärkt bekommt. Das liegt natürlich auch daran, dass die Firma ganz konkret von der Mauterhöhung betroffen ist, wie Geschäftsführer und Inhaber Roman Reich erklärt.

„Bislang lagen die Kosten pro Fahrzeug im Monat bei 1000 Euro, jetzt sind es 1800 Euro“, verdeutlicht der 38-jährige Reich. Bei knapp 40 Firmen-Lkw, die alle im Nahverkehr in Südbayern unterwegs sind, kommt da einiges zusammen. Die Mauterhöhung werde eins zu eins in die Preise inkludiert und damit an die Kunden weitergegeben. „Am Ende geht die Erhöhung an den Endverbraucher: Jeder zahlt mit seiner Banane im Supermarkt dafür.“ Ab dem 1. Juli sind auch kleinere Fahrzeuge über 3,5 Tonnen betroffen statt wie bisher ab 7,5 Tonnen. „Das wird nochmal einen ganz neuen Logistikzweig treffen, zum Beispiel Amazon. Damit wird nochmal ein größeres Tor aufgerissen, auch hier wird der Endverbraucher wieder dafür zahlen müssen“, ist sich der Geschäftsführer sicher.

@bavarian_lion_king Die Mauterhöhung für LKW greift in jeden Geldbeutel! Macht das Plus weg und teilt die Beiträge weiter! #gemeinsamsindwirstark #petition #landwirt #berufskraftfahrer #stehtauf #spedition #gegendiegrünen #gegendiemauterhöhung #mantrucks #ichfahrefürdich #dieregierungmussweg #viral #softtrucktiktok #nofarmersnofoodnofuture ♬ Originalton - Andi Kpunkt

„Sind Lichtjahre von vernünftigem Schienennetz entfernt“

Dass mit der Hälfte der Mauteinnahmen das Bundesschienennetz finanziert wird und damit gewissermaßen die Konkurrenz, stört Reich überhaupt nicht. „Ich habe keine Angst vor Wettbewerb, aber vor der Bahn als Konkurrenten fürchte ich mich am allerwenigsten.“ Trotzdem kann der 38-Jährige darüber nur den Kopf schütteln, denn: „Schon während meiner Ausbildung zum Speditionskaufmann vor 20 Jahren wurde davon geredet, die Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Aber wenn man ehrlich ist, wird das in Deutschland in absehbarer Zeit einfach nicht passieren. Wir sind Lichtjahre von einem vernünftigen Schienennetz entfernt.“ Es sei völliger Quatsch, wenn man damit Anreize schaffen will, das sei ein Ding der Unmöglichkeit. Für ihn steht fest: „Die Mauterhöhung ist nichts anderes als eine Steuererhöhung, denn am Ende zahlt es ja die Allgemeinheit.“

Ihn stört auch ein weiteres Argument der Bundesregierung: dass mit der Mauterhöhung ein Anreiz entstehen soll, auf saubere Lkw zu setzen. Für ihn ist auch das nur vorgeschoben. „Wenn wir neue Fahrzeuge kaufen, sind die auf dem neuesten Stand. Das sind keine alten Modelle der Schadstoffklasse Euro 3.“ Eine solche Neuanschaffung koste circa 115.000 Euro, doch ein Lkw mit dem neuesten Elektro-Antrieb liege bei über 300.000 Euro. Laut Reich gibt es keine Förderung dafür, deswegen stehe das in keiner Relation und sei nicht wirtschaftlich. „Sobald es bezahlbare Wasserstoff- und Elektrofahrzeuge gibt, werde diese auch von den Firmen gekauft. Aber man kann sich nicht als Regierung hinstellen und durch die Blume mitteilen: Ihr zahlt jetzt mehr Maut, weil ihr nichts davon nutzt.“

Kritik auch aus Nußdorf bei Traunstein

Auch Ralph Svehla von der Spedition Zitzlsperger mit Sitz in Nußdorf bei Traunstein hat eine klare Meinung zur Mauterhöhung. „Ich arbeite seit über 40 Jahren hauptberuflich in der Branche und von Jahr zu Jahr steigen die Mautkosten. Es vergeht kaum ein Jahr, an dessen Ende wir nicht von der Regierung als Steuereintreiber für Mehrkosten im Haushalt eingeplant werden“, sagt der Speditionsleiter. Als Bereichsleiter ist er bei der Eberl-Gruppe, zu der auch die Spedition gehört, für internationale Fernfahrten zuständig. Die Gruppe hat seinen Aussagen zufolge über 300 Mitarbeiter, in der Lkw-Vermietung gibt es über 2000 Fahrzeuge. Zitzlsperger setzt ungefähr 40 Lkw für internationale Fahrten ein und etwa 50 für den Nahverkehr.

Natürlich müssen wir das an die Kunden weitergeben.

Ralph Svehla

„Bis 2018 wurden 3,5 Cent pro Autobahnkilometer fällig. Die Maut wurde im Sommer 2018 auf das gesamte Bundesstraßennetz ausgeweitet, Anfang 2019 wurde die Maut auf 18,7 Cent erhöht und Anfang 2023 auf 19 Cent“, zählt Svehla auf. Der Anstieg um ganze 83 Prozent, nämlich auf 34 Cent, zum 1. Dezember 2023 sei enorm. „Natürlich müssen wir das an die Kunden weitergeben.“ Wie Koller und Reich kann auch er bestätigen, dass vielen Außenstehenden die Auswirkungen der Mauterhöhung noch gar nicht bewusst ist. „Die Aufmerksamkeit dafür ist noch nicht da. Aber schlussendlich wird die Erhöhung beim Endverbraucher ankommen“, ist er sich sicher. Das Gerücht, dass auf einen Vier-Personen-Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kinder dadurch mindestens 500 Euro an Mehrkosten zukommen, stuft er als realistisch ein. „Die Erhöhung ist ein Wahnsinn“, so Svehla. Schon Anfang Dezember hatte der Vorstandssprecher des Branchenverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Dirk Engelhardt, eine ähnliche Befürchtung aufgestellt und die Mehrkosten für einen Vier-Personen-Haushalt auf 350 bis 400 Euro geschätzt.

„Nutzen schon die schadstoffärmsten Fahrzeuge“

Auch ihn ärgert, dass die Regierung mit der Mauterhöhung Anreize für saubere Lkw schaffen will. „Wir fahren im Fernverkehr nur noch mit Modellen der Klasse Euro 6, das sind die Schadstoff-ärmsten Fahrzeuge auf dem Markt. Es gibt ja auch gar nicht die Möglichkeiten für einen flächendeckenden Einsatz von rein elektrisch betriebenen Lkw“, betont er. In seiner Firma gibt es ein solches Fahrzeug, das im Nahverkehr eingesetzt wird und etwa 150 bis 160 Kilometer am Tag fährt. Über Nacht wird es im Unternehmen wieder aufgeladen. „Für mehrere Lkw gibt es einfach nicht die passende Struktur, das führt zu Problemen. An den Fernverkehr braucht man mit diesen Reichweiten gar nicht erst zu denken. Und eine reine Elektro-Sattelzugmaschine kostet etwas das Dreifache, und dann sie nicht mal verfügbar.“

Was Svehla auch ärgert, ist die vermeintliche Chancengleichheit in der EU. „In Schweden oder der Niederlande gibt es die Tagesvignette für Lkw. Die kostet acht Euro und damit kann man an einem Tag so viele Kilometer fahren wie möglich. Für die gleichen 500 Kilometer müssen wir in Deutschland 175 Euro Maut zahlen“, erklärt er. Auch das schlechte Image und die geringe Wertschätzung gegenüber Lkw-Fahrern würden dazu beitragen, dass die Unzufriedenheit immer größer wird.

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