Spatenstich zum Neubau erfolgt
Wenn es brennt und die Feuerwehr nicht durchs Tor kommt - wie Surheim das nun lösen will
Es klingt schon fast wie ein Schildbürgerstreich: Es könnte nämlich passieren, dass ein Einsatzfahrzeug der Surheimer Feuerwehr nicht durch das Garagentor passt. Diesen und viele weitere Mängel listet der Bedarfsplan auf. Doch nun wird endlich ein neues Gebäude errichtet. Kommandant Harald Langwieder erklärt die Verbesserungen und plaudert aus dem 150-jährigen Nähkästchen.
Saaldorf-Surheim - Nächstes Jahr feiert die Freiwillige Feuerwehr Surheim 150-jähriges Jubiläum. Das Feuerwehrhaus steht derzeit noch an derselben Stelle wie zur Zeit der Gründung und wurde zweimal erweitert, nämlich in den Jahren 1983/84 und 1997/98. Der Spatenstich für das neue Feuerwehrhaus erfolgte am 16. Juni. Ende 2024 soll es bezugsfertig sein. Etwa 5,7 Millionen Euro wird es kosten. Warum Surheim so dringend ein neues Gebäude braucht, erklärt uns der erste Kommandant Harald Langwieder.
Einsatzfahrzeug kommt nicht durchs Tor
2017/18 wurde ein Feuerwehrbedarfsplan erstellt. In diesem sind einige Punkte als besonders gravierende Mängel am aktuellen Gebäude aufgelistet. Einer davon ist die zu niedrige Höhe der Garagentore. Es klingt fast wie ein Schildbürgerstreich, dass eines der Fahrzeuge vielleicht nicht durchs Tor kommen könnte. Denn: Beim Bau der Garagen im Jahr 1997 mussten Abstandsflächen eingehalten werden, was zur Folge hatte, dass nicht höher gebaut werden durfte. Als der Kauf eines neuen Einsatzfahrzeuges anstand, habe der Bürgermeister zu Langwieder gesagt: „Du bekommst alles, aber es muss da reinpassen.“ Reingepasst hat das Fahrzeug dann schließlich nur mit einer Sondergenehmigung für kleinere Räder.
Langwieder demonstriert uns das recht anschaulich und fährt das HLF 20/16 ein Stück aus der Garage heraus. Man sieht sofort: Es fehlen nur ein paar Zentimeter, dass das Gefährt an die Decke stößt. Die Antennen sind bereits betroffen und verbiegen sich. Im Tank befinden sich 2000 Liter Löschwasser. „Zwei Tonnen drücken somit das Auto in die Federn. Sollte das Wasser einmal unbemerkt auslaufen, drückt es das Fahrzeug fünf bis sechs Zentimeter nach oben. Dann kommen wir nicht mehr aus der Garage“, erklärt der Kommandant.
Verletzungsgefahr bei den Spinden
Die Spinde befinden sich ebenfalls in der Garage. Langwieder stellt sich vor die Spinde. Sollte beim Umziehen etwa eine Fahrzeugtüre geöffnet werden, besteht Verletzungsgefahr. Und nicht nur das: Auch die Breite der Tore macht Probleme. Bei einem Einsatz muss alles schnell gehen, doch die Surheimer Florianijünger haben nur eine schmale Lücke zwischen Tor und den Fahrzeugen, um zu den Umkleiden zu gelangen. Am Boden liegen die dicken Rohre der Abgasabsaugung: Eine Stolperfalle.
Hinzu kommt, dass auf der schmalen Zufahrtstraße Begegnungsverkehr stattfindet. „Die Leute fahren rein, das Einsatzfahrzeug muss raus: Das ist ein No-Go.“ Zudem gehört der Parkplatz nicht der Gemeinde, sondern ist von einem Nachbarn gepachtet. Sollte dieser Vertrag einmal auslaufen, hat die Feuerwehr ein weiteres Problem.
Viele Verbesserungen beim neuen Gebäude
Über den Standort des neues Feuerwehrhauses am Bauhof ist Langwieder daher sehr froh. „Da gibt es eine extra Einfahrt für die Privatautos und eine eigene für die Einsatzfahrzeuge. Wir brauchen auch keine Waschgarage, weil der Bauhof bereits eine hat. Damit sparen wir 250.000 Euro. Materialien hat der Bauhof auch: Ölspurtafeln, Holz zum Verschallen, Kanthölzer sind alle dort gelagert. Idealer geht es nicht.“
Im neuen Feuerwehrhaus wird es vier anstatt der bisherigen drei Garagen geben. Die Umkleiden sind dann in einem separaten Raum, und zwar nun für Männer und Frauen getrennt. Jeder Spind hat eine Trennwand, um kontaminierte Einsatzkleidung von der Privatkleidung auseinander zu halten. Außerdem gibt es ein abschließbares Fach für Wertsachen. Unglaublich, aber wahr: Es kamen nämlich bei Einsätzen schon Geldbeutel abhanden. Auch in Freilassing stahl unlängst ein Langfinger Geld aus der Feuerwehr-Kasse.
„Wenn wir beim Hochwasser- oder Schneeeinsatz sind, ist alles patschnass“, so Langwieder. Für die Schutzanzüge, Stiefel und Handschuhe wird daher auch ein Trockenraum errichtet. Und anstelle von einem Raum für alles stehen im neuen Gebäude sowohl ein Unterrichts- als auch ein großer Aufenthaltsraum zur Verfügung.
Der Kommandant lobt die Zusammenarbeit mit der Gemeinde
Das Thema Blackout wurde natürlich auch in die Planung aufgenommen. Der Bauhof und die Feuerwehr sollen künftig als sogenannte Leuchttürme dienen. Das heißt, sie werden im Ernstfall durch Aggregate mit Strom versorgt. Menschen können sich dann dort in beheizten Räumen aufwärmen, bekommen etwas zu essen und können einen Notruf absetzen. „Wir haben ausgemacht, dass sich die Feuerwehr trifft, sobald vier Stunden der Strom weg ist. Dann fährt einer in die Gemeinde“, führt der Kommandant aus.
Bei den Fahrzeugen verlangt der Bedarfsplan auch einen Ersatz für eines, das bereits 25 Jahre alt ist. Zudem muss ein Logistikfahrzeug her, das Schläuche, Kleidung, Ölbindemittel und ähnliches transportiert. Diese sind noch nicht bestellt. „Da müssen wir erst mit dem Bürgermeister sprechen. Die Gemeinde hat mit dem Bedarfsplan jetzt ein Werkzeug in der Hand, um zu wissen, was wir brauchen. Es ist nämlich schwer, wenn einfach nur der Kommandant sagt, was er braucht“, so Langwieder. Generell ist er voll des Lobes über die Zusammenarbeit mit der Gemeinde. Egal, ob unter den Vorgängern Ludwig Nutz und Bernhard Kern, oder jetzt unter Bürgermeister Andreas Buchwinkler: „Uns bleibt kein Wunsch offen. Man muss natürlich haushalten, aber es hat nie ein Nein gegeben. Was notwendig ist, wird gekauft.“
Fast 150 Jahre Feuerwehr in Surheim - da werden Erinnerungen wach
In den fast 150 Jahren des Bestehens der Surheimer Feuerwehr ist natürlich schon viel passiert. Zahlreiche Bilder an den Wänden des bisherigen Gebäudes zeugen von den vielen Einsätzen. Zu den einschneidenden Momenten kennt Langwieder eine Geschichte, die ihm sein Vater erzählt hat. Nach dem Krieg hatten die Amerikaner ein Fahrzeug zurückgelassen. Dieses habe die Feuerwehr dann rot bemalt und als Einsatzfahrzeug verwendet. Als es in die Jahre kam, verweigerte die Gemeinde jedoch den Kauf eines neuen. „Daraufhin ist über die Hälfte der Mitglieder ausgetreten, auch mein Onkel. Mein Papa ist geblieben und hat kommissarisch den Kommandanten gemacht. Wenn damals noch mehr aufgehört hätten, wer weiß, ob Surheim dann heute noch eine Feuerwehr hätte.“ Das Fahrzeug wurde übrigens hergerichtet und erst nach Jahren hat die Gemeinde ein neues angeschafft.
Viele schöne Erinnerungen hat Langwieder aus seiner eigenen 40-jährigen Zeit bei der Feuerwehr. Besonders lustig waren für ihn mitunter Tierrettungen. Einmal habe sich ein Papagei auf einen Kran verirrt. „Daneben war ein Baum, da bin ich raufgekraxelt und habe nach ihm geschrien. Auf einmal ist er losgeflogen und auf meiner Hand gelandet.“ Auch eine Katze auf einem Baum hielt die Feuerwehr über Tage in Atem. Als die Einsatzkräfte es mit der Leiter versuchten, floh sie in die Baumkrone. Nicht einmal mit der Drehleiter aus Freilassing konnte man sie einfangen. Der herbeigerufene Tierarzt versuchte, sie mit einem Spuckrohr zu betäuben, was aber auch nicht gelang. „Am Abend haben wir die Leiter angelehnt gelassen. Am nächsten Tag saß sie wieder in der Astgabel. Dann bin ich ganz langsam die Leiter hoch und hab die Katze gepackt. Dann habe ich sie in einen Korb gegeben und den Deckel zugemacht. Die hat aber so umgehauen, dass der Korb auseinanderfiel und die Katze wieder weg war. Zwei Stunden später ist sie dann endlich daheim aufgetaucht.“
Neben den amüsanten Einsätzen gibt es aber auch viele belastende Erlebnisse. Langwieder erwähnt hier den schlimmen Unfall am 7. Juni, bei dem ein Fahrradfahrer tödlich verunglückte. Natürlich gibt es auch Mitglieder, die bei so einem Unfall nicht direkt vorne dabei sein möchten. Für den Kommandanten ist jedoch jeder einzelne auf seinem Platz wichtig. „Es macht keinen Unterschied, wer was macht. Es gibt für alle eine Position. Es ist auch nicht derjenige der wichtigste, der bei einem Verkehrsunfall ganz vorne ist. Der, der die Verkehrsabsicherung macht, ist genauso wichtig. Es gibt keinen ‚geringeren‘ Einsatzposten.“
Der Frauenanteil wächst - vor allem bei der Jugend
Dabei wird auch kein Unterschied beim Geschlecht gemacht. Unter den 71 aktiven Mitgliedern sind sechs Frauen. Bei der Jugend sieht es da ganz anders aus, denn dort überwiegen die Mädchen knapp mit sieben zu sechs. „Umliegende Feuerwehren haben lang über die Aufnahme von Frauen diskutiert. Das gab es bei uns nicht. Als die erste gekommen ist, hat das gepasst. Eine hat gerade den LKW-Führerschein gemacht. Das freut mich für sie. Sie macht die Maschinistin und ist Gruppenführerin“, erklärt Langwieder.
Die Planungen für die 150-Jahr-Feier im nächsten Jahr laufen bereits auf Hochtouren. Denn ganze zwölf Tage wird zusammen mit der Musikkapelle vom 29. Mai bis 9. Juni 2024 gefeiert. Leider wird bis dahin das neue Feuerwehrhaus noch nicht fertig sein. Aber es wird natürlich dann eine eigene Einweihungsfeier geben. Grundsätzlich ist für den Kommandanten das Vereinsleben das wichtigste. „Es gehört nach der Übung einfach eine Brotzeit gemacht und ein Bier getrunken. Und auch Feuerwehrfeste sind unumgehbar.“ Im Jahr 2025 stehen wieder Wahlen an. Langwieder lässt im Moment noch offen, ob er dann erneut antreten wird.
mf





