Wenn der Berg zur Verhandlungsmasse wird
Konflikt um Steinbruch-Erweiterung in Bischofswiesen: Naturschützer und Betreiber stehen sich gegenüber
Die geplante Erweiterung des Steinbruchs Greinswiesen sorgt für Aufregung. Während Naturschützer das Landschaftsbild bedroht sehen, betonen die Betreiber die regionale Bedeutung des Abbaus. Ein Konflikt, der die Region noch länger beschäftigen könnte.
Bischofswiesen – In der Gemeinde Bischofswiesen hat sich ein lokales Thema zu einem Symbolkonflikt zwischen Naturschutz und Rohstoffsicherung entwickelt: Der Steinbruch Greinswiesen, ein Ausläufer des Untersbergs, steht im Zentrum einer hitzigen Debatte. Während die Betreiber eine massive Erweiterung planen, schlägt die Kreisgruppe des Bund Naturschutz im Berchtesgadener Land (BN) Alarm. „Wir geben hier unser Landschaftsbild auf“, warnt Kreisvorsitzende Rita Poser. Ihre Sorge: Der Berg verschwindet – dauerhaft. Die Betreiber hingegen verweisen auf die Notwendigkeit regionaler Baustoffgewinnung.
Der Hintergrund: Bereits 2006 wurde der Abbau von 600.000 Kubikmetern Kalkdolomit auf einer Fläche von rund zwei Hektar für 25 Jahre genehmigt. Inzwischen gilt der Großteil dieses Bereichs als weitgehend abgebaut. Nun wollen die Betreiber, Gottfried Moderegger und Hans Hasenknopf, nachlegen: In den kommenden 45 Jahren sollen weitere zwei Millionen Kubikmeter entnommen werden – auf einer Fläche von zusätzlichen 2,45 Hektar und mit einer Abbautiefe von bis zu 90 Metern. Zum Vergleich: Die Cheopspyramide in Ägypten umfasst etwa 2,6 Millionen Kubikmeter, so haben es die Naturschützer nachgerechnet.
Der Steinbruch Greinswiesen: Ein lokaler Konflikt mit Symbolcharakter
„Das Ausmaß dieser geplanten Erweiterung ist gravierend“, sagt Paul Grafwallner vom BN. Der Steinbruch liege inmitten einer besonders sensiblen Umgebung, die teilweise unter Schutz steht – umrahmt von FFH-Gebieten und Biotopen. „Den Schutz der Landschaft möchte man hier eliminieren“, kritisiert Grafwallner. Rita Poser ergänzt: „Anfangs wurde die Wunde am Berg nicht so stark empfunden. Jetzt ist sie deutlich sichtbar.“ Die Naturschützer bedauern rückblickend, im Jahr 2006 nicht gegen das Genehmigungsverfahren geklagt zu haben – dieses sei aus ihrer Sicht fehlerhaft gewesen. „Eine Klage hätte Erfolg gehabt“, ist Poser überzeugt.
Fuhrunternehmer Bernhard Heitauer, der seit Jahrzehnten mit dem Dolomitabbau wirtschaftet, sieht das anders. „Wir haben eine Genehmigung bis 2031. Der Steinbruch war schon da, lange bevor das FFH-Gebiet ausgewiesen wurde.“ Für ihn ist klar: „Es gibt keinen anderen Ort im Talkessel, an dem wir Material für den Straßenbau gewinnen können.“ Die Erschließung eines neuen Areals würde Jahrzehnte dauern. Heitauer argumentiert: „Es geht nicht um die Menge, die wir abbauen, sondern darum, dass es regional geschieht.“
Wirtschaftliche Notwendigkeit versus Naturschutzbedenken
Laut Heitauer verbleiben über 90 Prozent des gewonnenen Dolomits in der Region, ein Teil wird nach Bad Reichenhall geliefert. „Wir fahren mit unseren Lkw nicht mal über die Autobahn“, betont er – als Replik auf die gelegentlich kolportierten Gerüchte, das Material ginge ins Ausland.
Zudem erfüllt der Steinbruch aus seiner Sicht eine weitere Funktion: „Wir erzeugen Baustoffe vor Ort – und wir können auch Bauschutt hier wiederverwerten.“ Sollte der Steinbruch also geschlossen werden, müssten laut Heitauer zigtausende Tonnen Bauschutt jährlich über viele Kilometer abtransportiert werden. „Was wir in den vergangenen Jahren allein für kommunale Bauvorhaben geliefert haben, ist beachtlich. Wenn wir es nicht machen, übernimmt es jemand anderes – und dann kommt das Material eben von außerhalb.“
Die Suche nach einem Kompromiss: Dialog und mögliche Lösungen
Die Steinbruchbetreiber, Gottfried Moderegger und Hans Hasenknopf, pflichten ihm durchaus bei: Die Bautätigkeit in der Region gehe weiter – ob mit oder ohne regionalen Abbau. Insofern sei regionales Material nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch logistisch vorteilhaft. Der Bund Naturschutz jedoch bleibt bei seiner klaren Position: „Wir werden alles daransetzen, diese Erweiterung zu verhindern“, sagt Paul Grafwallner. Für ihn steht außer Frage, dass der Abbau weiter voranschreiten werde, wenn es keinen Widerstand gebe. Gleichzeitig kritisiert er, dass in Sachen Rekultivierung bislang kaum etwas geschehen sei.
Einigkeit herrscht immerhin in einem Punkt: Bauschutt-Recycling ist sinnvoll – auch wenn die Umsetzung bislang noch schwierig bleibt. „Das Abfallwirtschaftskreislaufgesetz funktioniert bei Abbruchmaterial nur eingeschränkt“, räumt auch Bernhard Heitauer ein. Dennoch: Man wolle sich austauschen, betonen beide Seiten. Sich gemeinsam an einen Tisch setzen. Vielleicht ist das ein erster Schritt – in einem schwelenden Konflikt, der die Region noch eine Weile beschäftigen dürfte. (kp)
