Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Therapeutische Arbeit bei der Neubichler Alm

Die Lamas sind los: Neue „Mitarbeiter“ der Reha-Klinik Schönsicht im Einsatz

Iris Edenhofer mit ihren Lamas
+
Iris Edenhofer mit ihren Lamas

Die Reha-Klinik Schönsicht aus Bischofswiesen bietet bei der Neubichler Alm in Piding ein neues Angebot: Die sechs Lamas Ahanu, Calimero, Aguiro, Antonio, Gonzales und der Kleine Onkel ermöglichen tiergestützte Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen. Können die Tiere medienabhängigen Jugendlichen helfen? Die Hoffnung ist groß.

Piding/Bischofswiesen - Im Stall der Neubichler Alm ist es still geworden. Nur die leisen Absprachen der Lama-Betreuerinnen sind zu hören, während sie sich auf die bevorstehende Begegnung vorbereiten. Hier stehen sechs Lamas - Ahanu, Calimero, Aguiro, Antonio, Gonzales und der Kleine Onkel - mit gespitzten Ohren und wachen Blicken. Die Tiere taxieren jeden Schritt der Menschen draußen. Es ist das erste Mal, dass die tierischen Mitarbeiter der Klinik Schönsicht in Bischofswiesen auf fremde Gesichter treffen: Kinder, Eltern und Großeltern, die sich vor dem Stall versammelt haben.

Noch trennt ein Gitter beide Seiten. Drinnen: aufmerksame, große Tiere mit kräftigem Körperbau, die künftig in der therapeutischen Arbeit unterstützend wirken sollen. Draußen: Menschen, die am Tag der offenen Tür gekommen sind, um sie das erste Mal zu sehen. Nicht etwa durch ein Gitter, sondern unmittelbar: Streicheln, führen, gemeinsam gehen.

Von Hessen nach Bayern

Die Lamas gehören zum neuen tiergestützten Angebot der Reha-Klinik Schönsicht in Bischofswiesen. Aus Hessen nach Bayern importiert, haben sie schon einige Jahre auf dem Buckel und damit viel Erfahrung in der tiergestützten Arbeit. Die Lamas sollen künftig Jugendlichen helfen, Vertrauen aufzubauen und sich in Beziehung zu begeben. Bei der ersten öffentlichen Führung verlassen sie erstmals den Stall, um genau das zu tun: sich auf eine Begegnung einzulassen.

Große dunkle Augen, gespitzte Ohren, ein prüfender Blick: Die Tiere beobachten ihre Besucher genau. Kein Gekreische, kein Drängen: Vor allem die Kinder begegnen ihnen mit Respekt. Denn die Lamas sind größer, als viele erwartet haben. „Ich war ehrlich gesagt auch überrascht, wie groß die Lamas tatsächlich sind“, sagt Iris Edenhofer, Klinikleiterin in Bischofswiesen, die sich die Premiere nicht entgehen lassen will. „Man begegnet ihnen automatisch mit einer gewissen Ehrfurcht“, findet sie.

Nina Wielgat (rechts) zeigt den Kindern, wie sie die Lamas streicheln können.

Unter Anleitung selbst Hand anlegen

Bevor sich das Tor öffnet, gibt Lama-Verantwortliche Nina Wielgat letzte Hinweise: „Nicht am Kopf oder hinten am Körper streicheln, nur vorne, am Hals. Und bitte langsam nähern.“ Sie weiß, dass gerade das Anlegen des Halfters für die Tiere ein heikler Moment sein kann. „Das mögen sie nicht besonders, da schrecken sie manchmal zurück“, erklärt sie. Als sich eine Mitarbeiterin, eine Lamabetreuerin, dem ersten Tier nähert, zögert diese noch. „Ich bin ein bisschen zu klein für das Halfter, magst du übernehmen?“, sagt diese leise zu Wielgat. Die nickt, tritt nach vorn - und tatsächlich: Das erste Lama lässt sich das Halfter ruhig und ohne Widerstand anlegen.

Dann öffnet sich das Gitter. Langsam treten die Tiere ins Freie, mit ruhigem, fast majestätischem Schritt. Das Staunen unter den Beobachtern ist groß. Lamas haben viele noch nie aus der Nähe gesehen. Unter Anleitung dürfen die Kinder nun sogar selbst Hand anlegen. Es ist das erste Mal. Gleich soll der geleitete Spaziergang beginnen. 

Erstes Feedback fällt positiv aus

Über mehrere Wochen mussten sich die Lamas an ihr neues Zuhause auf der Alm gewöhnen. Von der Öffentlichkeit wurden sie daher ferngehalten. Bei der tiergestützten Mitarbeit haben sie aber bereits gute Dienste erwiesen. Drei therapeutische Ausflüge mit psychosomatisch erkrankten Jugendlichen hat es in den vergangenen Wochen bereits gegeben - mit durchweg positiver Resonanz, weiß Klinikchefin Edenhofer. Die jungen Patienten übernehmen dabei Verantwortung und führen die Tiere. „Sie erfahren unmittelbare Rückmeldung”, berichtet sie. Bald sollen auch medienabhängige Jugendliche die Tiere kennenlernen und mit ihnen arbeiten. Die Lamas, so die Hoffnung, könnten helfen, die analoge Welt wieder spürbar zu machen.

Der Berchtesgadener Bartl Wimmer, der die Neubichler Alm gekauft und gleichzeitig das Lama-Projekt angestoßen hat, verfolgt die Szene in aller Ruhe. Auch er hat sein Smartphone gezückt und schießt ein Bild von der ersten Begegnung zwischen Tieren und Öffentlichkeit. 

Auf Tuchfühlung

Der Spaziergang, bei dem die Kinder die Lamas selbst führen dürfen, verläuft am Stall entlang. Das Grüppchen bewegt sich in gemächlichem Tempo durch das frische Frühlingsgrün. Die Kinder halten die Führstricke fest umklammert, ihre Blicke mal auf den Weg, mal auf „ihr“ Lama gerichtet. Man sieht ihnen an, wie stolz sie sind, denn das Vertrauen, das ihnen diese großen Tiere entgegenbringen, ist alles andere als selbstverständlich.

Die Lamas bleiben immer wieder stehen, kauen gemächlich und beobachten ihre Umgebung. Die rhythmischen malmenden Bewegungen, eine Folge ihres speziellen dreigeteilten Magens, der sie wiederkäuen lässt, sind lustig anzuschauen. Dabei blicken die Lamas mit halb geschlossenen Augen und einem scheinbar nachdenklichen Blick in die Gegend. Immer wieder zücken Besucher ihr Handy, um genau das festzuhalten: das Lama-Gesicht, das viele zum Schmunzeln bringt. „Schau mal, wie lustig der kaut!“, ruft ein Mädchen. Ihr Vater schmunzelt, dann klickt die Kamera. Der Spaziergang ist für jeden ein Erlebnis, weil die Beteiligten auf Tuchfühlung mit den Tieren gehen dürfen. 

Auf der Neubichler Alm stehen in der kommenden Zeit noch einige Veränderungen an - vor allem baulich, wie Iris Edenhofer verrät. Im Stall wird für die Tiere umgebaut. Die Lamas müssen allerdings nicht auf den letzten Feinschliff warten: Sie dürfen die jugendlichen Patienten der Klinik Schönsicht auch während der Bauphase begleiten: auf ihre ganz eigene ruhige Weise. (kp)

Kommentare