Enorme Konsequenzen befürchtet
Der Braunbär treibt den Landwirten die Angst ins Gesicht: „Ist eine ganz neue Hausnummer“
Erst der Wolf, nun der Bär: Nachdem in Schneizlreuth der erste Braunbär auf einer Wildtierkamera gesichtet wurde, ist die Sorge unter Landwirten so groß wie nie - mitten zu Beginn der Almauftriebszeit. Bezirksalmbauer Kaspar Stanggassinger und der Kreisobmann im Berchtesgadener Land, Hans Gruber, befürchten, Landwirte könnten sich aus den Almgebieten zurückziehen.
Berchtesgaden - Kaspar Stanggassinger ist aufgebracht: „Der Wolf reicht uns schon“, sagt der Bezirksalmbauer. Der Braunbär, der am Montag in eine Fotofalle getappt war, sei nun der Nachweis dafür, dass sich Landwirte auf ein noch viel größeres Problem einstellen dürften, sagte er Montagfrüh auf Nachfrage. Die Bestätigung des Bären hat sich schnell rumgesprochen unter Landwirten.
Eine ganz andere Hausnummer als der Wolf
Ähnlich wie Stanggassinger sieht das auch Hans Gruber, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands im Berchtesgadener Land. „Der Bär ist eine ganz andere Hausnummer als der Wolf“, so Gruber. Beim Wolf hätten die Landwirte zumindest noch das Gefühl gehabt, es könne schon irgendwie gut gehen. Mit der Bestätigung des Bären werde die Unsicherheit nun aber nochmals verstärkt. „Der Bär ist die große Unbekannte, ein weiteres Großraubtier“, sagt Gruber. „Viele haben regelrecht Angst.“
Das Problem ist viel größer. Denn die Bärensichtung wird Konsequenzen mit sich bringen. Bezirksalmbauer Stanggassinger prognostiziert: „Die Freiweideflächen sind in Gefahr.“ Er verdeutlicht das an einem Beispiel. Im Götschengebiet, das im Winter zum Skifahren genutzt wird, seien jedes Jahr dutzende Jungtiere auf der Freiweide. Im offenen Wald seien sie auf sich allein gestellt. „Einen Hirten gibt es nicht.“ Seine Befürchtung: Die Bauern könnten ihre Tiere im Stall lassen, um diese keiner potenziellen Gefahr auszusetzen.
Auf der Alm ist der Senner allein
„Auf der Alm ist der Senner auf sich allein gestellt“, sagt auch Kreisobmann Gruber. Ein herumstreifender Bär: Allein die Vorstellung bereitet ihm Angst, „wenn die Herde unruhig wird und auf sich aufmerksam macht“. Wie man als Senner dann in so einem Moment reagieren sollte, das möchte sich Gruber nicht im Traum ausmalen, sagt er.
Die vielen Hanglagen, die im Berchtesgadener Land bewirtschaftet werden, könnten in Zukunft unberührt bleiben. Eine Bewirtschaftung bedeutet gleichzeitig Landschaftspflege für die Region. All das sieht Kaspar Stanggassinger nun in Gefahr: „Während die einen von der Vier-Tage-Woche reden, haben Landwirte mit Wolf und Bär jetzt noch viel mehr Arbeit als sowieso schon - und viel größere Sorgen“, sagt er.
Die Gäste bleiben womöglich aus
Hinzu kommt: Als touristische Region würden Wolf und Bär nicht dazu beitragen, dass Gäste in die Region kommen. Sollten die Almbauern mit der Landschaftspflege im Berggebiet aufhören, würde das für die Region schmerzhafte Einbußen bedeuten.
Dass die Regierung nun den Landräten den Schwarzen Peter zuschiebt, der über den Abschuss eines Wolfes entscheiden soll, hält er für fahrlässig. „Kein Jäger würde den Wolf schießen, aus Angst am Ende dafür rechtlich belangt zu werden“, sagt Stanggassinger. Vom Bären ist da noch nicht mal die Rede. „Es gibt bislang keine Regelung, wie man mit ihm umgeht.“
Das Dasein der Raubtiere fordert bereits einen Tribut: Hans Gruber weiß: „Es gibt bereits einige Landwirte, die ihre Tiere nicht mehr auf die Alm schicken wollen oder erst einmal abwarten werden.”
Politik mit Handlungsbedarf
Stangassinger nimmt die Staatsregierung in die Pflicht. Sein Ruf nach sinnvollen Regelungen wird lauter: Kein Gerede, keine Verzögerungen mehr. Die Zeit zu handeln, sei spätestens mit der Sichtung des Braunbären gekommen. „In der Politik muss sich etwas tun.“ Damit Almbauern und Senner ihrer Arbeit auch in Zukunft vernünftig nachgehen können.
kp

