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Unterwegs rund um den Thumsee

Biber, Stürme, Wildkraut - So meistert die Reichenhaller Stadtgärtnerei die Herausforderungen

Mitarbeiter der Stadtgärtnerei Bad Reichenhall
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Die Mitarbeiter der Stadtgärtnerei demonstrieren ihre Arbeit während einer Infoveranstaltung am Thumsee.

Die Bad Reichenhaller Stadtgärtnerei hat vielfältige Aufgaben. Durch Unwetterereignisse und den Klimawandel kommen immer mehr hinzu. Bei der jährlichen Infoveranstaltung am Thumsee wird klar: Zur Bewältigung setzen die Mitarbeiter auch auf innovative Methoden und neue Techniken.

Bad Reichenhall - Bei der jährlichen Infoveranstaltung für die Bürger war die Stadtgärtnerei dieses Mal erneut am Thumsee unterwegs. Los ging es mit einem ausführlichen Vortrag über die Seerosen am „Seemösl“.

Im Anschluss ging es für alle Interessierten weiter zu einer Runde um den See. „Der Rundgang soll ein möglichst buntes Bild bieten“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung. Und das tat er auch.

Wildkrautbekämpfung - aber biologisch

An der Bushaltestellte demonstrierte Simon Obertanner die thermische Wildkrautbekämpfung. Hierfür hat die Stadt ein Reinex-Fahrzeug angeschafft. Maximilian Holzner, stellvertretender Leiter der Stadtgärtnerei: „Das ist so etwas wie ein Dampfstrahler in groß“, der auch anderweitig eingesetzt werden kann, etwa zur Reinigung von Unterführungen. „Früher wurde das chemisch und in Handarbeit erledigt, jetzt biologisch.“

Mit dem Reinex-Fahrzeug sagt Simon Obertanner dem Wildkraut am Randstein den Kampf an.

Im ersten Jahr der Wildkrautbekämpfung sind die Mitarbeiter sechs Mal von April bis Oktober unterwegs und behandeln die Pflanzen mit heißem Dampf. Ab 45 Grad wird deren Eiweißstruktur zerstört. „Morgen ist das hier alles schon braun“, sagte Holzner. In den Folgejahren dürfte dann eine dreimalige Anwendung des Gerätes reichen. Die Ausnahme: Löwenzahn. Der sei am widerstandsfähigsten, so Martin Haberlander, Chef der Stadtgärtnerei.

Biber - besonderer Baumschutz vonnöten

„Bob der Baumeister“ nennen die Stadtgärtner den Biber. Inzwischen hat das Stadtmarketing sogar ein Maskottchen entwickelt: Den Biber „Theo Thumsee“. Kaum ein anderes Tier polarisiert so sehr wie dieses. „Der Biber fasziniert mich, weil er sich bei seiner Arbeit was denkt“, meinte Holzner. Daher stellte die Stadtgärtnerei auch klar, dass man nicht grundsätzlich gegen den Biber sei und es nicht darum gehe, ihn zu vertreiben, sondern ihn von schützenswerten Bäumen fernzuhalten. „Wir haben Bäume ausgesucht, die wir schützen möchten. Andere haben wir ihm gelassen“, so Haberlander.

Links: Biberfrass am Thumsee. Rechts: Damit dies nicht mehr geschieht, kleistert Hubert Berger ein Quarzsandgemisch auf einen Baum.

Der Bund Naturschutz hatte zunächst versucht, Bäume mit Gittern zu sichern. Diese gehen aber nicht über den Wurzellauf und können zu Verletzungen führen. Gute Erfahrung hat die Stadtgärtnerei inzwischen mit einem Gemisch aus Leim und Quarzsand gemacht, das auf den Wurzellauf und den Stamm aufgetragen wird. Schon am nächsten Tag ist der Anstrich fast transparent und kaum mehr zu sehen.

Bibermonitoring - Rückgang am Thumsee, aber nicht an anderen Orten

Die Gärtnerei führt regelmäßig ein Bibermonitoring durch, bei dem Neufraß erfasst wird. Fraße an den großen Bäumen haben am Thumsee abgenommen. Dies kann allerdings auch daran liegen, dass 2022 am Parkplatz West ein toter Biber gefunden wurde. Derzeit schätzen die Mitarbeiter den Bestand am Thumsee auf zwei Pärchen. Während es hier ruhiger geworden ist, verzeichnen die Stadtgärtner weiterhin starke Schäden beim Tierheim, am Nonner Steg und zwischen Saalachstauwehr und Luitpoldbrücke.

Dieser Biberschaden am Nonner Steg entstand im Winter innerhalb von ein bis zwei Tagen.

Dr. Michael Wittmann, Vorsitzender der Ortsgruppe des Bundes Naturschutz, monierte, dass Paddler mit ihren SUPs am Thumsee dem Biber hinterjagen und dabei auch ins Fischlaichgebiet eindringen. Früher sei das Areal mit einem Seil abgegrenzt worden. „Da muss unbedingt was gemacht werden“, betonte auch der Umweltreferent Michael Nürbauer.

Sturmschäden - Stadtgärtnerei 2023 besonders gefordert

Nach Stürmen gilt es schnell zu handeln, denn die „Haftungsuhr tickt“, erklärte der Stadtgärtnerei-Chef. Im vergangenen Jahr gab es mehrere Sturmereignisse, die die Mitarbeiter auf Trab hielten. Am 15. Juli wurden punktuelle Schäden am Nonner Stadion festgestellt. „Wir haben alles frei gemacht. Am 19. Juli kam dann der nächste Sturm. In fünf Minuten hat eine Sturmböe wieder alles auf Null gesetzt“, ärgerte sich Holzner. Das Waldfest musste abgesagt werden.

Ähnlich auch die Ereignisse Anfang Dezember und kurz vor Weihnachten. Auch hier waren die Mitarbeiter bis zum 23. Dezember mit den Schäden beschäftigt. Haberlander appellierte an die Vernunft der Bürger, denn trotz der Bitte des Oberbürgermeisters, aus Sicherheitsgründen lieber zu Hause zu bleiben, seien manchen mit ihren Hunden in den Wald gegangen. „Es passiert leider immer wieder, dass das nicht befolgt wird.“

Baumschutz - dem Klimawandel trotzen

Viel Zeit nahm sich Haberlander während der Wanderung um den See auch bei seinen Ausführungen zum Baumschutz, denn der Klimawandel mache auch vor Bad Reichenhall nicht halt. Im Frühjahr wurden 46 Straßenbäume gepflanzt, darunter auch sogenannte Klimabäume. Orientierung bei der Auswahl geben hierbei die GALK-Straßenbaumliste sowie das Projekt Stadtgrün21. Gleichzeitig muss die Stadtgärtnerei dafür sorgen, dass der Wildwuchs an den Versorgungsleitungen eingedämmt wird.

Haberlander zeigte eine Karte der zahlreichen Leitungen rund um die Spitalkirche als Beispiel. „Wo sollen wir da noch einen Baum pflanzen? Zudem müssen die Bäume bewässert werden. Stadträtin Julia Schmied schlug Gießpatenschaften vor, wie es sie bereits in anderen Städten gibt. Haberlander zeigte sich dem zwar aufgeschlossen, „aber es ist nicht mit zwei Gießkannen getan. An Spitzentagen verbrauchen wir 50.000 Liter Wasser.“

Kronensicherung - Bäume jahrelang erhalten

Die Wanderung um den Thumsee führte schließlich zu einer Birke auf dem Areal des Thumseebades, an er eine Kronensicherung angebracht ist. Haberlander: „Die Birke ist sehr empfindlich bei Rückschnittsmaßnahmen. So können wir die Bäume noch jahrelang erhalten.“ Das Sicherungsseil hält eine Belastung von vier Tonnen aus. Das entspricht einem Ast von 40 bis 60 Zentimetern Durchmesser.

Maximilian Holzner präsentiert, wie die Birke mit einem Seil am Thumseebad gesichert wurde.

Dass Blumenwiesen keine Selbstläufer sind, erklärte Florian Drexler. Neu und aufwändig angelegt wurde kürzlich die Wiese an der Heilingbrunnerstraße. Die wohl berühmteste Blumenwiese der Stadt ist die am Kreisverkehr bei der Saline. Im vergangenen Jahr ging ein Video viral, dass Hanfpflanzen auf der Wiese zeigte. „Bad Reichenhall wird nicht Cannabis-Modellstadt“, sorgte als Pressemitteilung für viel Amüsement. Es handelte sich schließlich nur um Industriehanf. „Heuer bauen wir nichts an“, beteuerte Haberlander.

Übrigens: Die Nistkästen kontrolliert und repariert auch die Stadtgärtnerei, und zwar immer im Januar. „Wir sind 14 Tage lang unterwegs und klopfen anstandshalber auch vorher an“, scherzte Haberlander. 190 Nistkästen befinden sich im Stadtgebiet, am Thumsee hängen 30 Stück. Angefertigt werden sie in der städtischen Schreinerei. (mf)

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