Verhandlung in Laufen
„Verhalten war unter aller Sau“: Annäherungsversuch im Fasching landet vor Gericht
Eigentlich hätte der Ex-Partner einer Frau aus Laufen zu dieser 50 Meter Abstand halten und auf Nachrichten verzichten sollen. Da sich der Mann (54) daran allerdings mehrmals nicht hielt, landete der Fall vor dem Amtsgericht – mit einem überraschenden Urteil.
Laufen - Die Situation ist kompliziert: ein Ex-Mann, ein Ex-Partner und etliche Kinder. Im Dezember 2022 hatte die Mutter der drei gemeinsamen Kinder und der 54-jährige Kraftfahrer aus Oberösterreich am Familiengericht einen Vergleich geschlossen, wonach der Mann zur 46-jährigen Laufenerin einen Mindestabstand von 50 Meter einzuhalten hat und sich SMS-Nachrichten lediglich auf den Umgang mit den gemeinsamen Kindern beziehen durften. Dagegen hatte der Österreicher mehrfach verstoßen.
Deshalb kam es auch vor dem Laufener Amtsgericht mit Richter Josef Haiker zum Prozess gegen den 54-Jährigen. Der Vorwurf: Es hatte elf zum Teil unfreundliche SMS-Nachrichten gegeben. Von „Visage“ war die Rede, von „verlogener Brut“ und anderes mehr. Schließlich hatte sich der Angeklagte am 21. Februar am Laufener Faschingszug seiner Ex-Partnerin genähert - näher als er eigentlicht durfte. „Ich habe das vorher angekündigt“, versicherte der 54-Jährige, ,„ich wollte einfach meine Kinder sehen.“
Die Mutter will ihn dort aufgefordert haben, zu gehen. Doch der Mann sei „demonstrativ und provokant geblieben“. Der Angeklagte habe ihre älteste Tochter angezeigt, weil die angeblich Gewalt gegen den jüngsten Sohn ausgeübt haben soll. Dem Kraftfahrer war wiederum unterstellt worden, seine Kinder aus Schule und Kindergarten geholt zu haben. „Ich wollte lediglich Infos haben“, widersprach der und warf seiner Ex vor, ständig zu lügen. Andere „Weiber “würden sich permanent einmischen, „aber ich bin der Vater.“ Nach eigener Angabe hat der Mann sieben Kinder mit verschiedenen Frauen und nach misslungener Selbstständigkeit rund 600.000 Euro Schulden.
Mutter durch Situation „sehr belastet“
„Die Frau hat die Situation sehr belastet“, schilderte ein Beamter der Polizeiinspektion Laufen, „ich weiß nicht, ob der Mann handgreiflich geworden ist, aber es gab diese unterschwelligen Bedrohungen.“ Dem Angeklagten selbst habe er deutlich gemacht, dass dessen Handeln kontraproduktiv sei. Die Mutter fasste es so zusammen: „Ich will Abstand, einfach einen geregelten und strukturierten Umgang. Seine Weibergeschichten sind mir so was von egal.“
Rechtsanwalt Wolfgang Zölch wollte bei seinem Mandanten gar kein strafbares Handeln erkennen, da die angeklagten Taten noch vor dem Beschluss des Familiengerichts im März 2023 geschehen seien. Dem widersprachen Staatsanwalt und Richter. Der Angeklagte habe durch seine Teilnahme Kenntnis gehabt und sei mit dem Vergleich einverstanden gewesen.
Vielzahl von Taten und uneinsichtiger Angeklagter
Staatsanwalt Thomas Langwieder sprach von einer Vielzahl an Taten und einem „völlig uneinsichtigen“ Angeklagten. Der Staatsanwalt beantragte eine Geldstrafe wegen des Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz in elf Fällen in Höhe von 120 Tagessätzen à 40 Euro.
„Die beiden haben sich nichts geschenkt“, wollte Verteidiger Zölch die Schuld nicht allein beim Angeklagten sehen und sprach von einer „Ohrfeige“. Ein Mangel im geschlossenen Vergleich bestünde schon darin, dass der nicht befristet sei. Sollte das Gericht seinen Argumenten nicht folgen, so sei bei der Urteilsfindung „die Kirche bitte im Dorf“ zu lassen. Mehr als 20 Tagessätze sollten es daher nicht sein.
Freispruch für den Österreicher
Richter Josef Haiker ließ sich viel Zeit für eine Urteilsfindung und entschied – für alle wohl etwas überraschend – auf Freispruch, fand aber im Anschluss deutliche Worte für den Angeklagten. Der Richter zweifelte, ob ein solcher Vergleich überhaupt geschlossen und ein Umgangsrecht eingeräumt hätte werden dürfen, „denn ihr Verhalten zuvor war unter aller Sau.“ Stünden die jetzt angeklagten Taten zwar „objektiv fest“, so reichten sie aus Haikers Sicht dennoch nicht für eine „strafrechtliche Verurteilung“.
Das Verhalten des Mannes im Gericht ließ Haiker spekulieren, „ob man einen Umgang nicht besser verbieten“ sollte, mit „einem Typ, mit dem man nichts zu tun haben will.“ Er warnte den Mann: „Seien Sie sich jetzt nicht sicher. Falls wieder etwas passiert, kommen Sie nicht mehr so davon.“
hhö