Ein Bankbesuch mit massiven Folgen
Beleidigt, bespuckt, getreten: Freilassinger Taxler mit zu „kurzer Lunte“ – Urteil am Amtsgericht
Ein harmloser Parkplatz-Streit in Freilassing nimmt eine gewalttätige Wendung. Ein Taxifahrer greift zwei Frauen an und flieht, bevor die Polizei eintrifft. In Laufen vor Gericht musste er sich jetzt verantworten; die Richter fanden eindeutige Worte.
Freilassing/Laufen – Es war nur ein kurzer Besuch bei der Freilassinger Sparda-Bank. Doch die Folgen waren dramatisch. Dort, am Parkplatz vor der Bank, hatte eine 38-jährige Modeberaterin ein anderes parkendes Fahrzeug behindert. Das missfiel dem eigentlich völlig unbeteiligten 63-jährigen Taxi-Unternehmer. Er beleidigte zwei Frauen, spuckte einer ins Gesicht, trat ihr gegen den Bauch und fuhr beiden schließlich an die Beine. Weil er anschließend wegfuhr, stand der in der Steiermark lebende deutsche Staatsbürger vor dem Laufener Schöffengericht.
Was war geschehen? „Wie kann man so blöd parken?“, hatte der Mann im Vorbeigehen gefragt. Gehört hatte das die 43-jährige Beifahrerin im Auto, die er zum Wegfahren aufgefordert hatte, während ihre 38-jährige Schwägerin in der Bank war. Beim Verlassen der Bank will der 63-Jährige von der Beifahrerin gehört haben: „Das ist das Arschloch.“ Und dann nahm die Sache ihren Lauf.
„Sind die Fotzen immer noch da“, soll der Angeklagte erwidert haben, an der Dachrehling des Fiats gerüttelt und dann durch das offene Wagenfenster die 38-Jährige angespuckt haben. Das bestritt der Angeklagte. Er will ein Spucken nur angedeutet haben. Mit „sie bleiben da“ war die Fahrerin aus dem Auto gesprungen, um den Mann bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten. „Sie hat mich gepackt und an mir gezerrt“, behauptete der Angeklagte, nur deshalb habe er sein Knie angehoben. Doch eine Angestellte der Bank will durchs Fenster einen Tritt gegen den Bauch der 38-Jährigen beobachtet haben. „Sie hat einen deutlichen Satz nach hinten gemacht, der Oberkörper ist dann nach vorne geknickt.“ Die verschwägerten Frauen demonstrierten im Gerichtssaal übereinstimmend, wie die Fahrerin nach dem Tritt nach vorne zu Boden gegangen war. Ein ärztliches Attest dokumentierte Prellungen, blaue Flecken und Abschürfungen.
Unternehmer mit „kurzer Lunte“ – Beleidigung, Spucken und Tritt gegen Fahrerin
Um den Mann am Ausparken und Wegfahren zu hindern, hatten sich die zwei albanisch-stämmigen Frauen anschließend hinter den Wagen des Unternehmers gestellt. Nach einem „weg da“ war der dennoch losgefahren. Und soll dabei die Frauen umgefahren haben. Die Beifahrerin war gegen ein anderes Auto gestürzt, die Fahrerin war gleich wieder aufgesprungen und hatte die hintere Beifahrertüre aufgerissen, um den Wagen so zu stoppen. Doch der Angeklagte war weitergefahren und die 38-Jährige war nach wenigen Metern gegen einen Bauzaun geschleudert worden. Zu Hause in der Steiermark angekommen, hatte sich der Mann bei der örtlichen Polizei gemeldet.
Die Partnerin des Angeklagten will dessen Beleidigungen nicht verstanden und ein Spucken nicht gesehen haben. Nachdem die Frau in dieser Sache bereits ein Strafbefehl ereilt hatte, warnte sie Staatsanwalt Thomas Putschbach deutlich vor einer Falschaussage. „Sie bestreiten hier Dinge, die der Angeklagte schon selbst eingeräumt hatte. Ich höre mir hier keine Lügengeschichten an.“ Die 49-Jährige räumte ein, dass der Angeklagte einen „schlechten Tag“ gehabt hatte und mitunter eine „kurze Lunte“ hat. Der Mann hat vier Vorstrafen, darunter auch wegen Beleidigung. Die deutsche Fahrerlaubnis war ihm nach diesem Vorfall entzogen worden.
Putschbach wollte zumindest ein „Teilgeständnis“ erkennen. Er glaubte den beiden Geschädigten und betonte deren Recht, den Fahrer aufzuhalten. „Aus einer Kleinigkeit hat sich das zu einer erheblichen Straftat hochgeschaukelt.“ Wegen zweifacher und tätlicher Beleidigung, gefährlicher Körperverletzung, versuchter Nötigung sowie gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort beantragte Putschbach eine Freiheitsstrafe von 19 Monaten zur Bewährung, dazu eine Fahrerlaubnissperre und eine Geldauflage von 5000 Euro.
Insbesondere der „gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr mit Verdeckungsabsicht“ stelle ein Verbrechen mit einer Mindeststrafe von einem Jahr dar, wie Vorsitzender Martin Forster bereits zu Beginn der Verhandlung gewarnt hatte. Um eine Freiheitsstrafe von über einem Jahr zur Bewährung auszusetzen, brauche es „besondere Umstände“, zum Beispiel ein von Reue getragenes Geständnis.
63-jähriger Angeklagter schrammt knapp an Knast vorbei
Dass „dieser Käse“ von seinem Mandanten ausgegangen war, wollte auch Rechtsanwalt Frank Starke nicht bestreiten, jedoch habe die Fahrerin „einem Terrier gleich“ nicht vom Angeklagten abgelassen. „Es war ein dynamisches Geschehen“, so der Verteidiger, der die Absicht, jemanden umzufahren, bestritt. Starke bat um ein „mildes Urteil“ und eine kurze Sperrfrist, da der Angeklagte als Taxi-Unternehmer auch in Deutschland unterwegs sei. „Ich war unter Stress. Es tut mir leid, es war blöd von mir“, gestand der Mann in seinem Schlusswort.
Schöffengerichtsvorsitzender Martin Forster sprach von einem „holprigen Geständnis“ und beim Ausgang des Geschehens von einer „völligen Nichtigkeit“. „Vor ihrer Partnerin und ihren betagten Eltern ziehen sie eine solche Show ab. Geht’s noch?“ Die vom Staatsanwalt beantragte Bewährungsstrafe nannte Forster „sehr großzügig“, dennoch schlossen sich die drei Richter den 19 Monaten und einer dreijährigen Bewährungsfirst an. Die Auflage von 5000 Euro geht an den Betreuungsverein Berchtesgadener Land. Forster verschwieg nicht, dass der Angeklagte dem Knast nur „knapp“ entgangen sei. Die Führerscheinsperre für die Bundesrepublik beträgt insgesamt 14 Monate. Anschließend wird die Behörde sehr wahrscheinlich eine Medizinisch-Psychologische-Untersuchung (MPU) einfordern. Der Unternehmer nahm das Urteil an. (hhö)