Ohrring herausgerissen und auf den Mund geküsst
Eifersucht und „Meisterwurz“ – Verhängnisvolle Kombi führt ans Amtsgericht Laufen
Schon die Sonnwendfeier am Jenner war feuchtfröhlich gewesen, weshalb man am Abend in einer Schönauer Bar gleich noch weitermachen wollte. Auch hier wieder mit „Meisterwurz“. Doch als die 32-jährige Bulgarin ihren Lebensgefährten mit zwei jungen Frauen tanzen sah, drehte sie durch und schlug den Beiden ins Gesicht. Eine folgende „Entschuldigung“ endete mit einem aufgedrängten Kuss auf den Mund und dem Herausreißen eines Ohrschmucks. Dafür hat die Verkäuferin jetzt 1800 Euro Strafe zu zahlen.
Laufen – Die beiden Erzieherinnen waren von der Toilette gekommen, als sie der Lebensgefährte der Angeklagten tanzend wieder in die Bar „hineingedreht“ hatte. „Da hat mich jemand umgedreht und mir aus dem Nichts ins Gesicht geschlagen“, erinnerte sich die 36-Jährige an diese Situation. Ihre 26-jährige Freundin hatte das Geschehen beobachtet, „und dann hat sie auch mich mit der flachen Hand geschlagen.“ Beide waren deutlich verletzt worden. So hatte die 26-Jährige eine Zeit lang auf einem Ohr nichts mehr gehört, Verdacht auf Gehirnerschütterung und einen bläulich gefärbten Kiefer samt Prellung. Sie war drei Tage krankgeschrieben gewesen und hatte noch Monate später erhöhte Entzündungswerte.
Doch damit war die Sache noch nicht zu Ende. Vor der Bar soll die Bulgarin mit „wem haben wir denn da?“ die beiden Freundinnen erneut angegangen haben. Angeblich, um sich zu entschuldigen. Doch was tat die Angeklagte? Sie drückte der 36-Jährigen einen Kuss auf den Mund, packte einen Ohrschmuck und riss den derart heraus, dass das Ohrläppchen fast durchgerissen war. Den Schmuck hatte die Bulgarin dann zu Boden geschleudert.
Bei zufälliger Begegnung Spucken angedeutet
Eine unrühmliche Rolle hatte in der Folge der Lebensgefährte der Bulgarin gespielt. Er soll den „deutschen Mädels“ vorgehalten haben, sich nicht so anzustellen, es sei nicht so schlimm gewesen und sie hätten ja zurückschlagen können. Eine Entschuldigung wollte die 26-jährige Erzieherin der Bulgarin nicht abnehmen, denn nach den Schlägen habe die Angeklagte mit einer anderen Frau darüber herzhaft gelacht. Bei einer zufälligen Begegnung Wochen später soll die Bulgarin ein Spucken angedeutet haben. „Freundinnen haben sich da schützend vor mich gestellt, weil ich Angst hatte“, sagte die Zeugin.
An die Geschädigten hat die Bulgarin über deren Anwälte inzwischen 800 beziehungsweise 1000 Euro Schmerzensgeld gezahlt. Eine nicht unwesentliche Rolle spielte für Richterin Sandra Sauer der unerwünschte Kuss. War es ein sexueller Übergriff, eine sexuelle Belästigung oder eine tätliche Beleidigung gewesen? Staatsanwalt Fabian Meixner sah hier eindeutig eine sexuelle Belästigung verwirklicht, während Rechtsanwalt Hans Hafner „in keinster Weise ein Sexualdelikt“ erkennen mochte.
„Nach Aktenlage eine streitbare Persönlichkeit“
Der Verteidiger wollte die Sommerhitze, den „Meisterwurz“ und die 1,8 Promille seiner Mandantin für die „Eifersuchts-Übersprungshandlung“ mitursächlich sehen. Möglicherweise habe die junge, sportliche Frau ihre „eigene Fitness“ und damit die Wucht der Schläge unterschätzt. Die Bulgarin meinte, ein solches Handeln sei in ihrer Heimat „normal“ und als „Zigeuner-Schlagen“ bekannt. Dennoch fühle sie sich mit dieser Anklage „schlimm“. Zweimal schon war die Angeklagte mit „Vorfällen“ gegenüber ihrer Nachbarin aufgefallen. Ein Verfahren war eingestellt worden, ein zweites auf den Privatklageweg verwiesen. „Nach Aktenlage eine streitbare Persönlichkeit“, kommentierte Richterin Sauer.
Meixner würdigte die beiden Zeuginnen als „äußerst glaubwürdig“ und „ohne Belastungseifer“. Aus „völlig nichtigem Anlass“ habe die Angeklagte zugeschlagen und sei nach dem „Schmatzer“ noch auf „die wahnsinnige Idee“ mit dem Ohrschmuck gekommen. Ein zunächst angedachter Strafbefehl hatte auf zehn Monate zur Bewährung gelautet, doch den hatte die Strafrichterin gegen eine bislang unbelastete Frau nicht erlassen. So plädierte der Staatsanwalt im Gerichtssaal wegen dreifacher Körperverletzung sowie sexuelle Belästigung auf 150 Tagessätze zu je 20 Euro. Der Verteidiger hielt in Anbetracht des erfolgten Täter-Opfer-Ausgleichs 90 Tagessätze für ausreichend.
Sandra Sauer wertete den Kuss als tätliche Beleidigung, die Verletzungen als „nicht unerheblich.“ Die geschilderte neuerliche Begegnung mit dem „Spucken“ sei völlig inakzeptabel. Die Amtsrichterin entschied auf 120 Tagessätze zu je 15 Euro, weil die Bulgarin derzeit von Bürgergeld lebt. Sie versicherte: „In meinem Leben trinke ich keinen Meisterwurz mehr.“ (hhö)