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Gerichtsprozess gezeichnet von Erinnerungslücken

Zwischen Teisendorfer und Waginger flogen brutal die Fäuste aber keiner will sich erinnern

Amtsgericht Laufen (Symbolbild)
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Amtsgericht Laufen (Symbolbild)

Nach ein paar Bier und Whiskey kam dann der Filmriss. Ein 39-jähriger Teisendorfer wurde von einem 44-jährigen Waginger schwer verletzt. Im Gerichtssaal zeigt dieser kein Interesse an einer Verurteilung. Und dabei ist der Täter kein Unbekannter.

Teisendorf/Laufen – Wären Erinnerungslücken sichtbar, so hätte sich im Sitzungssaal 233 ein riesiger Abgrund aufgetan. Weder der angeklagte Waginger, noch der geschädigte Teisendorfer sowie der Zeuge aus der Nachbarschaft mochten sich an den späten Abend des 5. März 2024 erinnern. Sicher ist, dass der 39-jährige Teisendorfer mit 2,6 Promille Alkohol im Blut und etlichen Prellungen ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Nicht zuletzt wegen vieler Unklarheiten beließ es Richterin Sandra Sauer am Laufener Amtsgericht bei einer Geldstrafe für den vielfach vorbestraften Monteur

„Eigentlich ein lustiger Abend“, erinnerte sich der 44-jährige Waginger an ein paar Bier, einen Whiskey und an ein „Spezialgetränk“ in einem Teisendorfer Lokal. Doch kaum draußen: „Blackout und Filmriss.“ Tatsächlich war er mit einem 39-jährigen Teisendorfer mitgegangen und soll dem schon vor dessen Haustüre einen Faustschlag versetzt haben. Dennoch nahm ihn der mit in seine Wohnung, wo der Waginger einen Glastisch umgeworfen und dem Teisendorfer einen Schlag in den Nacken versetzt haben soll. 

Identifizierung dennoch möglich

Kaum eine Regung und nicht ansprechbar“, so beschrieb ein Beamter der PI Freilassing den am Boden liegenden Teisendorfer, der erst im Krankenhaus wieder zu sich gekommen war. Ein weiterer, ein 29-jähriger Teisendorfer, war spätabends ebenfalls zu dem Mehrfamilienhaus gegangen. Warum, das wusste er im Gerichtssaal nicht mehr zu sagen. „Es sind nur mehr vage Fetzen da“, umschrieb er seine fehlende Erinnerung, die bei der polizeilichen Vernehmung durchaus noch vorhanden gewesen war. So soll ihn der Angeklagte bei seiner Flucht aus der Wohnung umgestoßen und er sich beim Sturz zwei Finger verletzt haben. Der 29-Jährige hatte dann Polizei und Rettung verständigt und wenig später den angeklagten Waginger als Täter identifiziert

Der Geschädigte hatte Strafantrag gestellt, wollte im Gerichtssaal aber nichts mehr davon wissen. „Es war a ganz normaler Streit. Mag sein, dass es dann a Watsch’n geb’n hat.“ Die festgestellten Prellungen führte er auf „g’schmiss‘n im Rausch“ zurück. „De san ned von mei‘m Spezl“. 

Täter ist kein Unbekannter

Dieser „Spezl“ hat laut Richterin Sauer ein „Problem“, nämlich eine Strafliste „quer durch das Strafgesetzbuch“. 15 Einträge finden sich im Bundeszentralregister, darunter mehrfach wegen gefährlicher Körperverletzung. Im Jahr 2018 hatte er zehn Monate hinter Gitter verbracht. Zuletzt war eine halbjährige Haftstrafe auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden. Noch anhängig ist eine Anklage in Traunstein wegen Trunkenheit im Verkehr.  

Täter auf viele seiner vergehen „nicht stolz“

„Ein Schlag auf Hinterkopf oder Nacken ist gefährlich“, betonte Staatsanwältin Sophie Schützwohl. Weil der Angeklagte erst wenige Monate zuvor wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt worden war, mochte ihm Schützwohl keine Bewährung mehr zugestehen. Sie beantragte neun Monate

Rechtsanwalt Michael Vogel attestierte der Staatsanwaltschaft „hellseherische Fähigkeiten“, denn die angeklagten Tritte gegen den Teisendorfer habe keiner bezeugt. Der Verteidiger vermutete als Ursache der Prellungen einen oder mehrere Stürze, weshalb eine zweijährige Freiheitsstrafe zur Bewährung ausreichend sei. Sein Mandant räumte ein, viele Sachen im Leben gemacht zu haben, „auf die ich nicht stolz bin.“ Doch er besuche Therapiegespräche und sei fleißig als Monteur tätig

Aus Sicht Sauers hat der Angeklagte hier „noch den besten Eindruck“ gemacht, „die anderen Zeugen konntest vergessen.“ Alle seien alkoholisiert gewesen und Prellungen könnten tatsächlich auch von einem Sturz herrühren. Allein diese „Umstände“ würden den 44-Jährigen vor einer Haft bewahren. Die Strafrichterin beließ es bei einer Geldstrafe wegen vorsätzlicher Körperverletzung von 150 Tagessätzen zu je 30 Euro, in Summe also 4500 Euro. Dem Waginger riet Sauer, seinen Umgang zu überdenken, ansonsten schreibe man das Bundeszentralregister „wohl bis ans Lebensende fort.“ 

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