Fernwärme aus neuem Kraft-Wärme-Kraftwerk
Was wird bei Kaindl verbrannt? 20 Prozent Restmüll sorgten für 100 Prozent Ablehnung in Freilassing
Das geplante Kraftwerk von Kaindl sorgt für Aufregung im Stadtrat. Die Frage, was neben Restholz verbrannt wird, bleibt ungeklärt. Kaindl bietet an, dass auch Freilassing von der Fernwärme profitieren könnte.
Freilassing/Salzburg – Das geplante Kraft-Wärme-Kraftwerk des Spanplattenerzeugers Kaindl in Wals-Siezenheim ließ am Dienstagabend (1. April) im Stadtrat die Emotionen hochgehen. Es ging vor allem um die Frage: Was wird außer dem Restholz aus der eigenen Produktion noch verbrannt? Zwei Manager von Kaindl präsentierten ein erst wenige Stunden altes Gutachten zur österreichischen Umweltverträglichkeitsprüfung und stellten sich den kritischen Fragen. Der Geschäftsführer und der Unternehmenssprecher boten bei dieser Gelegenheit an, dass auch die Stadt Freilassing von der produzierten Fernwärme profitieren könnte, allerdings ist für die Fernwärme-Verteilung im Großraum Salzburg die Salzburg AG zuständig, eine Fernwärmeleitung nach Freilassing gibt es nicht.
Kaindl-Geschäftsführer Konrad Grünwald erklärte den wirtschaftlichen Hintergrund des geplanten Kraftwerkes: „Wir wollen energieautark werden, denn der Stromverbrauch wird sich bis 2040 verdoppeln und auch die Preise werden entsprechend steigen“. Schon seit 1999 habe man am Standort Wals-Siezenheim ein kleines Kraftwerk, das Wärme für das Trocknen des Holzes erzeuge. Dieses werde nach der Inbetriebnahme der neuen Anlage abgeschaltet und nur mehr als Backup, also zur Reserve, genutzt. Mit dem neuen Kraftwerk könne man überschüssige Wärme an das Fernwärmenetz der Salzburg AG abgeben, rund 20.000 Haushalte könnten so mit Fernwärme versorgt werden. „Die Eigentümerfamilie will den Standort erhalten und hat schon beim ersten Werk in Lungötz (Bezirk Hallein) 1897 ein eigenes Wasserkraftwerk gebaut.“
Das neue Kraftwerk in Wals-Siezenheim soll im Westen des Areals entstehen, also zwischen der Produktion und der Abladeflächen für das angelieferte Holz, alles nur wenige hundert Meter von der Saalach und damit vom Gemeindegebiet von Freilassing entfernt.
Was hat Freilassing davon?
Johannes Leibteseder als Sprecher des Unternehmens beantwortete eine mögliche Frage der Stadträte, was Freilassing von dem Kraftwerk habe, gleich vorneweg. „Die Wertschöpfung unseres Unternehmens geht weit über Salzburg hinaus, wir nehmen viel Restholz in Bayern ab und Altküchenmaterial, das bis zu siebenmal aufbereitet werden kann“. Auch beim Frischholz werde sehr viel Holz von den Bayerischen Staatsforsten abgekauft, speziell Industrieholz, das für die Verarbeitung in Sägewerken nicht gut genug ist. „Klebe- und Leimmaterial würden aus Sachsen zugekauft, Maschinen und die Wartungstechniker kommen aus Deutschland, 65 Mitarbeiter kommen aus dem benachbarten Bayern“.
Dann kam das überraschende Angebot: „Wir wollen Freilassing auch an das Fernwärmenetz anbinden“, so Leibetseder. Später stellte sich allerdings heraus, dass Kaindl die nicht genutzte Fernwärme in das Netz der Salzburg AG einspeisen wird und daher der dieser Energieversorger der Stadt Freilassing dieses Angebot machen müsste, oder Freilassing müsste eben bei der Salzburg AG anklopfen.
Wird es eine Müllverbrennung?
Diese Frage beantworteten die beiden Kaindl-Manager mit einem klaren „Nein, es ist ein Biomasse-Kraftwerk, das zu 80 Prozent mit Holz betrieben wird“. Gemeint sind Holzreste, die nicht mehr zu Spanplatten verarbeitet werden können, zum Beispiel Holzstaub, Rinde und Altholz von sehr schlechter Qualität. Bleiben 20 Prozent, die für 100 Prozent Fragen und Ablehnung im Stadtrat führten. „Rechtlich ist es eine Misch-Verbrennungsanlage“, so Konrad Grünwald, soll heißen, damit die Anlage wirtschaftlich betrieben werden kann auch „Müll“ verbrannt werden für den Fall, dass nicht genügend Holz zur Verfügung steht. Neben den Stadträten hatte auch Hauptamtsleiterin Andrea Schenk Fragen vorbereitet, die sich immer wieder darum drehten, was genau verbrannt wird, außer Holz?
Kaindl-Sprecher Johannes Leibetseder wiederholte, dass hauptsächlich Holzabfälle verbrannt werden, „denn in österreichischen und deutschen Gesetzen wird geregelt, dass Holz so lange wie möglich verwendet werden muss, also alte Küchenkästen werden bis zu siebenmal verwertet“. Nur wenn nicht ausreichend Holzmaterial zugeliefert werden kann, soll bis zu 20 Prozent „ungefährliches Material“ verbrannt werden. Nur, was ist das genau? Sind es die kolportieren Bahnschwellen und die teergetränkten, ausgedienten Telefon- und Strommasten? „Das wollen wir nicht“, so die Manager. Warum sie es sich dann genehmigen lassen, konnten die Beiden nicht wirklich beantworten.
„20 Prozent Mischmaterial tun uns weh“, Michael Helminger
Das Verbrennen von Bahnschwellen könne ein sehr guter Verdienst werden, mutmaßt CSU-Stadtrat Michael Helminger, „und genau diese 20 Prozent tun uns weh, die sind nicht kalkulierbar“. Leibetseder konkretisierte, dass eine Übernahmekontrolle geplant ist, auch die zuständige Behörde, gemeint ist wohl die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Land, also Flachgau, würde genau hinsehen.
„ich frage noch einmal: ‚Was wird verbrannt?‘“ Doch die beiden Kaindl-Geschäftsführer konnten oder wollten hier keine konkrete Liste vorlegen, sondern verwiesen lieber erneut darauf, dass es „ein regionales Projekt ist, wir also nicht Müll von überall her einkaufen, sondern die 20 Prozent von den Entsorgern aus der Region kommen, woher auch das Holz geliefert wird“. In Wien gebe es eine große Müllverbrennungsanlage mitten in der Stadt, ohne Probleme, versuchte Grünwald die Stadträte und Schenk zu beruhigen. Jetzt schaltete sich auch Bürgermeister Markus Hiebl in die Diskussion ein und wollte wissen, ob denn das geplante Kraftwerk auch ohne die 20 Prozent Restmüll wirtschaftlich arbeiten könne. Auch hier blieben die Kaindl-Führungskräfte eine konkrete Antwort schuldig, „feststeht, der Stromverbrauch wird sich verdoppeln und wir wollen uns vom Erdgas abkoppeln“, so Grünwald. (hud)

