„Ein Schneeband durch einen grünen Wald wirkt abschreckend“
Gemeinde investiert 300.000 Euro in Talabfahrt – Ist der Skibetrieb am Jenner damit gerettet?
Im April verkündete die Jennerbahn den eingeschränkten Skibetrieb. Nun übernimmt die Gemeinde Schönau am Königssee die Kosten von satten 300.000 Euro, damit die Abfahrt ins Tal über die ganze Wintersaison möglich ist. Doch bringt das wirklich die Skifahrer zurück und ist das angesichts des Klimawandels überhaupt noch sinnvoll?
Schönau am Königssee – Im April hatte die Jennerbahn die Einschränkung des alpinen Skibetriebs verkündet, ein Aufschrei bei Hotelbetreibern und Politikern war die Folge. Nach den neuen Plänen wäre die Abfahrt ins Tal ohne Naturschnee nicht mehr möglich gewesen. Der Gemeinderat hat nun beschlossen, dass die Kommune in der kommenden Saison die Kosten für die Beschneiung und Präparierung der Jenner-Talabfahrt übernimmt und greift dafür tief in die Tasche: 300.000 Euro stellt sie zur Verfügung.
Der Pistenpflegevertrag bestand schon zuvor - mit geringerem Zuschuss
Die Piste am Jenner gehört der Gemeinde. Es bestand daher schon zuvor ein Pistenpflegevertrag mit der Berchtesgadener Bergbahn AG. „Die beschneit und präpariert die Piste und ist dadurch für die Piste zuständig, auch für Mäharbeiten und das Entfernen von Steinen“, erklärt Bürgermeister Hannes Rasp. Bisher zahlte die Gemeinde dafür im Gegenzug 70.000 Euro. Doch nun habe die Jennerbahn erklärt, dass dieses Geld nicht mehr reiche und stattdessen 300.000 Euro benötigt werden. „Das sind 150.000 Euro für die Beschneiung und 150.000 für die Präparierung“, so Jennerbahn-Vorstand Thomas Hettegger im Gespräch mit BGLand24.de.
Hettegger rechnet vor, wie die Kosten für die maschinelle Beschneiung und Präparierung explodiert sind: Zum einen seien die Strompreise extrem gestiegen, zum anderen koste ein Wiesel inzwischen doppelt so viel wie noch vor ein paar Jahren. „Das sind Summen, die für diesen wenigen Skitourismus, wie wir ihn jetzt haben, in keiner Relation mehr stehen.“
Für die Entscheidung, den Betrag zu erhöhen, nennt Rasp drei Gründe:
- Seitdem bekannt ist, dass die Jennerbahn den Skibetrieb einschränkt, seien einige Hotelbetreiber auf die Gemeinde zugekommen. Eine Talabfahrt sei vor allem wegen der Pauschaltouristen notwendig. „Pauschaltouristen zahlen zwar nicht so viel, aber sie füllen im Winter die Häuser. So kann das Personal durchbeschäftigt werden. Wenn die Pauschaltouristen weniger werden, habe ich schon Angst, ob alle aufsperren können. Das tut uns dann nicht nur im Winter, sondern das ganze Jahr weh“, so Rasp.
- „Skifahren steht für Winterkompetenz“, nennt Rasp als zweiten Grund. Auch der nicht skifahrende Gast schaue, wo es Schnee gibt und reise dorthin, wo Schnee liegt.
- Als drittes Argument hat Rasp die Einheimischen im Auge. „Man weiß, dass der Jenner zum Skitourengehen von Einheimischen sehr genutzt wird. Man zahlt so viel und darf auch einmal was davon haben.“
Investition wird nicht mehr alpine Skifahrer bringen
Von der Mittelstation bis zur Talstation wird die Piste somit präpariert und beschneit sein. Der obere Bereich ist den Freeridern vorbehalten. Für die Skilifte bleiben jedoch die Einschränkungen: „Am Krautkaser ist nurmehr Trainingsbetrieb. Die Mitterkaserbahn wird diesen Winter nicht in Betrieb genommen“, so Hettegger. Dabei ist er sich sicher: „Wir werden dadurch nicht mehr alpine Skifahrer haben. Die Kommune macht das für die Tourengeher. Für die ist das natürlich ein tolles Angebot. Wenn sich das die Kommune leisten will, ist das für mich natürlich auch ein Vorteil. Für die Bahn ist es gut, wenn etwas finanziert wird, was wir uns nicht mehr leisten können aufgrund der mangelnden Nachfrage.“
Auch der Bürgermeister ist sich sicher, dass es sich nur um eine Übergangslösung handelt. „Ich glaube nicht, dass, wenn man vorher nicht am ganzen Jenner zum Skifahren gegangen ist, man dann zum halben Jenner zum Skifahren kommt. Dass es dadurch wirtschaftlich wird, habe ich ausgeschlossen.“ Für die Jennerbahn bringt die Investition der Gemeinde somit nicht mehr Einnahmen durch Skifahrer. Mit dem eingeschränkten Skibetrieb wird das Tagesticket mit 25 Euro aber auch wieder günstiger. Es gäbe jedoch einfach viel zu wenig Leute, die es nutzen, so Hettegger.
Gastgeber wollen sich an den Kosten zur Hälfte beteiligen
Die Pauschaltouristen würden sich mit der Talabfahrt am leichtesten tun, meint Rasp. Somit helfe die Investition zwar vielleicht nicht sehr viel der Bahn, aber den Gastgebern. Von Seiten des Tourismusverbandes gäbe es auch bereits eine schriftliche Zusage: Ab der Wintersaison 2024/25 sollen sich dann die Gastgeber aus der Gemeinde mit 50 Prozent per Gästeumlage an den Kosten beteiligen. Für die Gemeinde bedeuten die 300.000 Euro schon eine finanzielle Belastung. „Die kann ich mir nicht aus dem Ärmel schütteln. Aber dass deswegen den Sportvereinen Zuschüsse gestrichen werden, wird nicht passieren. Man wird jedoch das eine oder andere Projekt mit Sicherheit ein bisschen schieben müssen.“
Der Klimawandel macht auch vor den Bergen nicht halt - neue Winterkonzepte sind erforderlich
Doch macht es überhaupt noch Sinn, angesichts des Klimawandels Skipisten zu beschneien? Der Bürgermeister ist da geteilter Meinung. „Der Klimawandel ist da. Das Verrückte ist: Wir haben im Herbst sehr viel Invasionswetterlage, das heißt am Berg warm und im Tal kalt.“ Vernünftig sei es daher, in Richtung Tal zu beschneien. Dennoch hält er denen, die damit argumentieren, dass Skifahren für Winterkompetenz stehe, entgegen: „Andere sagen: Ein Schneeband durch einen grünen Wald wirkt abschreckend. Ich glaube nicht, dass es auf Dauer sinnvoll ist, wenn man mit aller Gewalt versucht, das aufrechtzuerhalten.“ Der Pistenpflegevertrag mit der Bergbahn werde daher „jetzt mit Sicherheit nicht auf fünf Jahre“, sondern Jahr für Jahr neu abgeschlossen.
Dass man den alpinen Skibetrieb unbedingt aufrecht erhalten möchte, erklärt sich Hettegger mit Nostalgie: „Das ist eine emotionale Geschichte für die Einheimischen, die haben alle am Jenner Skifahren gelernt und haben da Erinnerungen. Aber es geht auch von ihnen keiner mehr am Jenner Skifahren. Die nutzen den Jenner als Tourenberg.“ Die Zielgruppen hätten sich in den letzten zehn Jahren verschoben hin zu Winterwanderern, Skitourengehern und Rodlern. Auch Rasp ist der Meinung, dass man das Thema Wintererlebnis alternativ aufbauen muss. „Ich glaube nicht, dass das so noch über viele Jahre geht.“
mf
