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Weniger Schüler im Heilpädagogischen Zentrum

Inklusion an Regelschulen: „Keine Entlastung“ für das HPZ Piding

Gerhard Spannring vom HPZ Piding
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Gerhard Spannring sieht das Thema Inklusion kritisch.

Das HPZ Piding ist eine Fördereinrichtung für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Doch rund 20 Kinder, die eigentlich im HPZ wären, besuchen inzwischen im Sinne der Inklusion Regelschulen im Landkreis Berchtesgadener Land. Eine tolle Sache, möchte man meinen. „Das entlastet uns nicht, im Gegenteil“, erklärt jedoch Gerhard Spannring, Schuldirektor im HPZ. Warum ist das so?

Piding – Kürzlich wurde im Landratsamt Berchtesgadener Land der neue Inklusionsleitfaden vorgestellt. Dieser soll Betreuungseinrichtungen und Eltern bei den behördlichen Hürden behilflich sein, wenn ein Kind mit Handicap in eine Regeleinrichtung integriert wird. Inzwischen bietet rund die Hälfte aller Regeleinrichtungen im Landkreis Inklusion an. „Wir haben fast 20 Kinder inklusiv an den Grund- und Mittelschulen. Das sind zwei Klassen, die vor zehn Jahren noch bei uns gewesen wären“, erklärt der Schulleiter Gerhard Spannring. Etwa 80 Kinder besuchen das HPZ Piding als spezielle Fördereinrichtung. Von einer Entlastung durch die Inklusion möchte er aber nicht sprechen.

Was ist das HPZ Piding?

Das Heilpädagogische Zentrum Piding (HPZ) gehört zum Behandlungszentrum Aschau und fördert Kinder mit Entwicklungsverzögerungen sowie geistig und mehrfach behinderte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 0-21 Jahren. Das HPZ teilt sich in verschiedene Bereiche: Die Frühförderstelle bietet Hilfe für Kinder von 0-6 Jahren, wenn Entwicklungsprobleme vorliegen oder vermutet werden. Kindergartenkinder besuchen die Schulvorbereitende Einrichtung. Im Anschluss gehen sie in die Rupertusschule, die sich in Grund-, Mittel- und Berufsschule aufteilt. Am Nachmittag werden die Kinder und Jugendlichen in der Heilpädagogischen Tagesstätte betreut. Hier finden auch medizinische (Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie) und pädagogische Therapien (Psychologie, Heilpädagogik, Kunst- und Musiktherapie, Motopädagogik) statt. Für Kinder, die inklusiv Regeleinrichtungen besuchen, gibt es seitens des HPZ noch den Mobilen sonderpädagogischen Dienst sowie die Mobile sonderpädagogische Hilfe.

Viele Kindergärten sind überfordert

Spannring sieht das Thema Inklusion kritisch. „Wir kriegen regelmäßig Meldungen von Kindergärten, dass sie die Kinder doch nicht nehmen, weil sie es einfach nicht schaffen. Die Kindergärten haben da auch zu wenig Unterstützung. Oftmals ist der Grad der Behinderung oder die Verhaltensauffälligkeit einfach zu hoch.“

Diese Kinder landen dann doch im HPZ, während aber diejenigen, die nicht so betreuungsintensiv sind, in inklusiven Einrichtungen bleiben. „Wir freuen uns über jedes Kind, bei dem Inklusion funktioniert. Aber für uns ist es schwierig, weil wir die Kinder, die nicht so betreuungsintensiv sind, nicht mehr haben“, erklärt er. Mit diesen Kindern würden schließlich auch die Vorbilder für die anderen Kinder fehlen.

Laut Spannring sind Regeleinrichtungen mit der Inklusion überfordert. (Symbolbild)

„Eine Spezialeinrichtung ist professioneller“

Die meisten betroffenen Kinder bekommen Therapien wie Logopädie, Ergotherapie oder Physiotherapie. - Für die Eltern oft ein zusätzlicher Zeitaufwand, wenn diese nicht in der Einrichtung stattfinden. Spannring ist überzeugt, dass Kinder mit Handicap besser in Spezialeinrichtungen gefördert werden. „Inklusion heißt nicht beste Förderung, sondern nur gemeinsames Beeinandersein. Eine Förderung in Spezialeinrichtungen ist professioneller. Wir können hier die bestmögliche Förderung bieten, sei es in der Schule, in der Tagesstätte oder in der Therapie. Über dieses Komplettpaket sind viele Eltern auch sehr froh.“

Vom Mobilen Dienst des HPZ bekomme er regelmäßig die Rückmeldung, das das Funktionieren von Inklusion meist vom Schulbegleiter abhänge, „was aber gar nicht seine Aufgabe ist.“ Viele Lehrer hätten gar nicht die Zeit, sich intensiv um diese Kinder zu kümmern. Schulbegleiter an Regelschulen sind externes Personal, auf das die Schule nur wenig Einfluss hat. Anders beim HPZ: Hier sind alle Schulbegleiter angestellt. „Wir sind dadurch auch Vorgesetzte. Da hat man dann Einfluss darauf, wie sie in der Klasse sind und wie die Lehrer mit ihnen zurecht kommen. Wir sind ein Gruppenteam, das entscheidet, wie es laufen soll. Und unsere Schulbegleiter werden auch bezahlt, wenn das Kind einmal nicht da ist.“

Viele Eltern sind unsicher

Die Psychologin Susanne Korounig leitet im HPZ den Fachdienst für die Therapien. Sie glaubt, das viele Eltern aus psychohygienischen Gründen erst einmal vor einer Fördereinrichtung zurückschrecken. „Manchen geht es auch darum, noch eine gewisse Zeit lang den Schein aufrecht zu erhalten, sei es vor den Verwandten oder den Nachbarn. Nach dem Motto: Mein Kind hat schon etwas, aber nicht so schwer. Es ist für viele schon ein Unterschied, ob ein Kind in die Regelschule geht oder nicht.“

Viele Eltern sind bei ihren Kindern auch unsicher, ob überhaupt Förderbedarf besteht. Bei kleinen Kindern lässt sich oft keine klare Aussage über die Schwere einer Behinderung oder einer Verhaltensauffälligkeit sagen. „Eltern, die nicht Komplikationen bei der Geburt hatten, haben ja nicht den ersten Gedanken, dass es sich überhaupt um eine Behinderung oder Entwicklungsverzögerung handeln könnte“, erklärt Korounig. Die Frühförderstelle steht den Eltern daher auch beratend zu Seite. Letztendlich liegt es allein an den Eltern zu entscheiden, welchen Weg ihr Kind gehen soll: Den der Inklusion oder eben nicht.

mf

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