Wertvolle Tipps von Tierheim und Tierärztin
Tierhasser treibt in Freilassing sein Unwesen – „Sie befand sich schon im Todeskampf“
Ein Tierhasser hat in Freilassing mit Giftködern innerhalb weniger Monate mindestens fünf Katzen umgebracht. Laut der Polizei haben sich die Fälle alle in einem bestimmten Wohngebiet ereignet. Doch die Beamten sind auf Mithilfe angewiesen, wie sie betonen. Während das örtliche Tierheim Tipps gibt, wie sich Katzen mit harmlosen Mitteln vom Grundstück fernhalten lassen, berichtet Tierärztin Stefanie Poller über die tückischen Giftköder und ihren Folgen. Für Katzen- und Hundebesitzer hat sie wertvolle Tipps parat.
Freilassing - Mit einer Meldung über mindestens fünf tote Katzen, allesamt wohl von Giftködern umgebracht, ist die Polizei am Dienstag (11. Februar) an die Öffentlichkeit gegangen. Solche Fälle kommen bekanntlich immer wieder, in nahezu jeder Gemeinde und Stadt, vor. Allein in den jeweiligen Facebook-Gruppen werden immer wieder Fälle oder Warnungen gepostet. Doch dass die Beamten über eine regelrechte Serie an Vorfällen berichten, ist doch eher ungewöhnlich. Dabei könnte es noch mehr betroffene Tiere geben, wie ein Sprecher der Freilassinger Polizei erklärt.
Von der Geldbuße bis zur Freiheitsstrafe
In Paragraf 17 des Tierschutzgesetzes heißt es: „Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder
2. einem Wirbeltier
a) aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder
b) länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden
zufügt.
In Paragraf 18 werden zum weitere Ordnungswidrigkeiten festgehalten.
„Die erste und leider einzige Anzeige gab es im Dezember. Wir wissen, dass es noch mindestens vier weitere Betroffene gibt, die haben sich aber nicht gemeldet. Das wäre sehr hilfreich für weitere Hinweise“, heißt es aus der Dienststelle. Tatzeitraum, Beobachtungen und die Frage, ob es noch mehr Fälle gibt: Die Polizisten sind auf Mithilfe aus der Bevölkerung angewiesen. „Deshalb sind wir an die Öffentlichkeit gegangen“, so der Sprecher. Bislang sei nur der Bereich rund um den Fürstenweg betroffen und kein anderer Standort im Stadtgebiet.
„Rechtfertigt nicht, sie zu töten“
Beim örtlichen Tierheim kennt man das Wohngebiet vor allem wegen des Naglerwalds, der an die Straße Sonnenfeld angrenzt. Als „Drogenwald“ sei dieser bekannt, erzählt Birgit Schmidt. „Dort werden immer wieder Spritzen oder sonstige Überreste und Müll gefunden.“ Das sei natürlich auch für Freigänger-Katzen und Hunde gefährlich.
Grundsätzlich könne Schmidt verstehen, wenn sich zum Beispiel ein Hausbesitzer darüber ärgert, wenn die Nachbarkatze ihre „Geschäfte“ im Garten verrichtet oder Hundehalter die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner auf den Gehwegen oder Hofeinfahrt liegenlassen. „Das ist natürlich ärgerlich, aber das rechtfertigt nicht, sie zu töten“, macht sie klar. „Das sind Tierhasser, die einfach nicht verstehen, dass sie mit ihrem Verhalten nichts ändern an den Problemen.“
Natürliche und harmlose Hilfsmittel
Sie wirbt dafür, dass Betroffene mit Hundehaltern ins Gespräch gehen und diese auffordern, den Dreck wegzumachen. „Die Tiere können doch überhaupt nicht dafür.“ Und bei Katzen gebe es Optionen, um den eigenen Garten unattraktiv für die Vierbeiner zu machen. „Gerüche“, erklärt sie, „können dafür sorgen, dass sie einen Bogen um das Grundstück machen.“ Dafür kämen natürliche Mittel wie Pflanzen infrage oder zum Beispiel Bananenschalen, Kaffeesatz oder Zitronen. „Einfach ausprobieren“, sagt Schmidt. Auch ein Ultraschallgerät könne die Katzen fernhalten, auch wenn sie kein Fan davon sei, weil es auch Wildtiere vertreibe.
Die engagierte Tierschützerin führt solche Probleme als einen von vielen guten Gründen für eine Katzenschutzverordnung auf, wie es sie mit großen Erfolg seit Februar 2023 in Laufen gibt. „Damit lässt sich die Population in Schach halten“, so Schmidt.
„Befand sich bereits im
Tierärztin Stefanie Poller bekommt es in ihrer Praxis immer wieder mit vergifteten Tieren zu tun. Auch während der aktuellen Serie kam ein betroffenes Tier in ihre Praxis. „Als die Katze zu uns kam, befand sie sich schon im Todeskampf. Wir konnten sie zwar reanimieren, aber sie hatte immer wieder epileptisches Anfälle. Das Gift hat ihr Gehirn so weit zerstört, dass wir sie erlösen mussten“, erinnert sie sich. Auch wenn der Besitzer kein toxikologisches Gutachten in Auftrag geben wollte und es somit keinen hundertprozentigen Beweis gab: Poller tippte aufgrund der Symptomatik auf ein Insektizid.
„Giftköder sind immer wieder ein Thema und gefühlt kommen die Fälle häufiger vor“, schildert die 47-Jährige. Seit 2003 arbeitet sie als Tierärztin und vor 17 Jahren hat sie sich mit einer eigenen Praxis in der Martin-Oberndorfer-Straße niedergelassen. Häufig könne sie nur Vermutungen aufstellen, denn meistens würden keine Köder mitgenommen oder keine Gutachten erstellt.
Wichtiges Zeitfenster
„Gift ist nicht gleich Gift und Köder ist nicht gleich Köder“, beschreibt sie die Probleme. Bei Hunden sei es einfacher zu bemerken, wenn diese beim Gassigehen etwas vom Boden fressen, doch das sei bei Freigängerkatzen schon wieder eine andere Sache. Wie schnell die Besitzer reagieren, kann schon über Leben oder Tod entscheiden. „Wenn die Tiere innerhalb der ersten vier Stunden von einem Tierarzt zum Erbrechen gebracht werden können, ist das weitere Risiko sehr gering“, betont Poller.
Doch wenn es über dieses Zeitfenster hinausgeht, kann es unter Umständen schon zu spät sein. „Eine Magenspülung kann helfen oder ein Gegengift, wenn wir wissen, um welches Gift es sich handelt.“ Auch Aktivkohle könne helfen, und die könne jeder Besitzer Zuhause aufbewahren und in Notfällen einsetzen. „Man muss sich aber damit und der richtigen Dosierung auskennen“, betont die Tierärztin.
Rattengift, Schneckenkorn und Klingen
Die Herausforderung beim Thema Giftköder liege auch darin, dass die möglichen Symptome wie Erbrechen und Durchfall auch auf eine Magen-Darm-Verstimmung hindeuten können. „Erst wenn neurologisches Auffälligkeiten dazukommen, verdichten sich die Hinweise auf eine Vergiftung.“
Besonders tückisch sei Rattengift, was am häufigsten verwendet werde, weil es sich erst nach zwei bis drei Tagen bemerkbar mache. „Dann ist es fast schon zu spät und kann mann nur noch die Symptome behandeln“, so Poller. Schneckenkorn werde ebenfalls in Giftködern verwendet. Seltener seien Klingen in den Wurststücken, die beim sonst so hilfreichen Erbrechen zur tödlichen Gefahr werden könnten. „Doch die lassen sich mit einer Röntgenaufnahme gut erkennen.“
Die 47-Jährige macht unmissverständlich klar: „Selbst im Zweifelsfall sollte man immer lieber zum Tierarzt gehen. Da zählt jede Minute, da sollte man nicht bis zum nächsten Tag abwarten“. Und sie fordert Betroffene auf, immer die Giftköder aufzusammeln und mitzunehmen. „Zum einen, damit andere Tiere geschützt werden und nicht das gleiche Schicksal erleiden müssen. Und zum anderen, damit die Polizei auch Beweise erhält.“ Generell könnte die Beamten nur mit Hinweisen und gemeldeten Beobachtungen dem möglichen Täter auf die Schliche kommen und damit das Leiden beenden. (ms)