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Kastrationsaktion auf Bauernhof enthüllt Tierleid

Erfolgsmodell oder nur ein „Papiertiger“? So läuft der Kampf gegen Katzenelend in Laufen

Eine Frau hält eine Katze in den Armen und lächelt. In einem Käfig sitzt ein graues Kätzchen, dessen Augen verklebt sind. In einem brauen Handtuch liegen mehrere Kitten.
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Zusammen mit der Katzenhilfe Salzachtal rettete Birgit Schmidt vom Tierschutzverein Freilassing viele der Tiere - darunter eine trächtige Katze, die kurze Zeit später mehrere Kitten zur Welt brachte.

Offene Wunden und Kampfspuren, Babys mit Augenentzündungen und eine hochträchtige Katze: Eine Kastrationsaktion des Tierschutzvereins Freilassing auf einem Bauernhof zeigt, welches Tierleid mit einer Katzenschutzverordnung verhindert werden kann. Eine solche existiert in der Stadt Laufen seit Februar 2023. Doch wie effektiv ist eine solche Verordnung? Verhindert sie wirklich Tierleid? Ein erstes Fazit zum Weltkatzentag (8. August) lässt aufhorchen.

Laufen/Freilassing - Anfangs war von sechs bis sieben Katzen die Rede, die sich auf dem Bauernhof in der Gemeinde Saaldorf-Surheim aufhalten. Schnell musste Birgit Schmidt vom Tierschutzverein Freilassing feststellen: Hier tummeln sich deutlich mehr Samtpfoten herum, und das in einem sehr schlechten Zustand.

Zusammen mit der Katzenhilfe Salzachtal nahm sie Kontakt zum Landwirt auf, um eine Kastrationsaktion durchführen zu können. „Solche größere Aktionen haben wir ein bis zweimal im Jahr, meistens bei Landwirten. Häufiger geht es um Privatpersonen oder Pferdeställe, mit einzelnen Babys oder trächtigen Katzen mit einem Wurf aus dem Vorjahr“, schildert Schmidt.

„Dunkelziffer vermutlich deutlich größer“

Oft würden die Probleme gar nicht erst gemeldet – auch von den Nachbarn nicht, die immer anonym bleiben können. „Die Dunkelziffer ist vermutlich deutlich größer“, bestätigt sie. Viele Streuner-Katzen leiden und sterben unbemerkt im Dunkeln. Häufig fange es damit an, dass jemand Milch für die eigenen Katzen herausstelle. Und dann kommen die wildlebenden Vierbeiner, die sich meistens erst in der Dämmerung oder in der Nacht aus ihren Verstecken heraustrauen.

Das hat nichts mit Natur zu tun.

Tierschützerin Birgit Schmidt zu der Haltung von manchen Landwirten

Die unkontrollierte Vermehrung geschieht auch deswegen, so Schmidt, „weil viele Landwirte nicht in die Natur eingreifen wollen“. Ein großes Tierleid ist die Folge davon. Manche Katzen kommen blind auf die Welt oder mit drei Beinen oder einem viel zu kleinen Schwanz. „Das hat nichts mit Natur zu tun“, findet Schmidt. Sie betont aber auch: Es ist nur ein kleiner Teil der Besitzer für das große Tierleid verantwortlich.

Viele unterschätzen, dass sich die Tiere bis zu dreimal im Jahr paaren. Eine Katze kann pro Wurf zwischen drei bis sechs Junge auf die Welt bringen. Auch jetzt ist wieder Kittensaison. „Viele Katzen werden dann auf den Straßen überfahren, weil sie hormongesteuert sind. Dadurch sterben auch häufiger Mama-Katzen, und deren Kitten haben alleine kaum noch Chancen.“ Die Tierheime sind in diesen Phasen voll mit lauter Fundtieren.

Nicht mir Vorwürfen loslegen

Mittlerweile hat sie eine eigene Taktik entwickelt, um die Betroffenen zur Zustimmung einer Kastrationsaktion zu bewegen. Nicht mit der Tür ins Haus fallen und gleich Vorwürfe machen, sondern „auf die Möglichkeit einer solchen Aktion hinweisen und erklären, dass die Kosten übernommen werden“. Das sei vielen Haltern ganz besonders wichtig.

Für die Vereine, finanziell sowieso schon nicht auf Rosen gebettet, sind solche Aktionen mit immensen Kosten verbunden. Allein die Tierarztrechnungen bedeuten vierstellige Beträge. „Die Tiere werden nicht nur kastriert, sondern auch gechippt, entwurmt und von anderem Ungeziefer befreit. Auch die Zähne werden überprüft und notfalls behandelt, Wunden versorgt und vieles mehr“, listet Schmidt auf. Dann noch Futter, Wasser und der zeitliche Aufwand – allein in Saaldorf-Surheim war sie acht bis zehn Mal für mehrere Stunden vor Ort. Und dann noch die Fahrten zum Tierheim und dann zum Tierarzt.

Manche der Katzen hatten Kampfspuren und offene Wunden. Nur fünf der acht Kitten haben die Tage nach der Geburt überlebt.

„Gab einen richtigen Aufschrei“

Dementsprechend positioniert sich auch der Verein als Befürworter einer Katzenschutzverordnung, die es schon seit Februar 2023 in der Stadt Laufen gibt. Die Initiative hatte damals die Katzenhilfe Salzachtal ergriffen, die einen Antrag beim Landratsamt und der Staatsregierung stellte. „Das gab einen richtigen Aufschrei“, erinnert sich Silvia Rottmair.

Wir bekommen schon vieles mit, aber das ist nur die Spitze des Eisbergs.

Silvia Rottmair von der Katzenhilfe Salzachtal

Die Vorsitzende berichtet davon, auch jetzt wieder täglich ununterbrochen Fundmeldungen zu erhalten. „Wir bekommen schon vieles mit, aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Das Elend und Leid findet im Stillen statt.“

Erfolge in Laufen deutlich sichtbar

Laufen war zum damaligen Zeitpunkt die erste Kommune in ganz Bayern mit einer solchen Verordnung. Und wie Rottmair berichtet, zeigen sich seitdem zahlreiche Erfolge: Die Anzahl der registrierten Katzen ist um 40 Prozent gestiegen und gleichzeitig gibt es deutlich weniger Fundmeldungen. „Davor hatten wir circa 25 im Jahr, jetzt sind es nur noch acht Stück“. Aktuell sei die Lage in den anderen Gemeinden katastrophal, „doch aus Laufen gibt es momentan keine einzige Meldung“.

Sie hofft auf mehr Kommunen, die eine Katzenschutzverordnung erlassen, doch die Hürden für Paragraf 13b im Tierschutzgesetz sind durchaus hoch. Rottmair erklärt zum Beispiel: „Über mehrere Jahre muss das Tierleid dokumentiert werden und dass trotz Kastrationsaktionen an den gleichen Brennpunkten immer wieder neue Probleme auftreten.“ Das sei natürlich mit Aufwand verbunden und viele Tierschutzvereine könnten das alleine nicht stemmen. Auch in Laufen gab es laut Rottmair anfangs ängstliche Reaktionen von der Stadtverwaltung und der Bevölkerung.

Anfängliche Skepsis ist gewichen

Eine gewisse Skepsis bestätigt zumindest der Laufener Geschäftsleiter Christian Reiter. „Wir wollten auch etwas verändern und stimmten der Meinung der Tierschützer zu, dass das Tierleid aufgehalten werden muss. Ich habe mich nur schwergetan, wie eine solche Verordnung in der Praxis funktionieren soll“, erinnert er sich an 2022 zurück, als der Verein den Antrag stellte. Ritter betont: Ohne die Katzenhilfe und die sehr engagierte Vorsitzende Rottmair wäre die Verordnung wohl zum „Papiertiger“ geworden.

Immer wieder erreichen uns Anfragen aus anderen Teilen Bayerns.

Laufens Geschäftsleiter Christian Reiter

Mittlerweile habe sich die Situation in den bekannten Problemarealen im Stadtgebiet deutlich gebessert und die Bewohner seien sensibilisiert worden. „Wir haben damit einen sehr schönen Erfolg erreicht. Und immer wieder erreichen uns Anfragen aus anderen Teilen Bayerns. Ich sage immer: Als Kommune ist das Thema alleine nicht in den Griff zu bekommen. Wir haben nicht die Ressourcen und auch nicht die nötige Fachkompetenz“, betont Reiter.

Zusammenarbeit zwischen Stadt und Vereine plus Rechtssicherheit

Für ihn persönlich müssen mehrere Kriterien erfüllt sein, damit eine solche Verordnung auch wirklich zum Erfolg führt. „Der Freistaat ist in der rechtlichen Bringschuld und muss die Möglichkeiten schaffen, damit nicht jede Kommune an eigenen Lösungen arbeiten muss. Es braucht Rechtssicherheit, damit die Tierschutzvereine eingreifen können. Ohne deren Engagement und Mitarbeit können die Kommunen das nicht alleine stemmen.“ Und es brauche eine positive Kommunikation und auch genügend Zeit für die Bevölkerung, sich auf eine Verordnung einstellen zu können. „Man muss die Ängste der 80-jährigen Frau, die fürchtet, ihre Katze zu verlieren, ernst nehmen.“

Man muss die Ängste der 80-jährigen Frau, die fürchtet, ihre Katze zu verlieren, ernst nehmen.

Christian Reiter

Für Reiter ist klar: In Laufen wurde die Verordnung zum Erfolg, weil die Stadt mit dem Ordnungsamt zusammen mit der Katzenhilfe und dem Tierheim gut zusammenarbeiten. „Nur so können auch andere Kommunen nachziehen“, glaubt er. Und das wünscht sich nicht nur Rottmair, die berichtet, dass man aktuell an der Einführung einer solchen Verordnung für die Gemeinde Saaldorf-Surheim arbeitet.

„Auch uns erreichen immer wieder Anfragen, wie wir das in Laufen geschafft haben“, erzählt sie. Die Vorsitzende der Katzenhilfe glaubt, dass manche Kommunen die Probleme einfach nicht erkennen. „Die glauben, dass es ausreicht, wenn sie die Fundtierpauschale zahlen.“ Manchmal gehe es den Verwaltungen auch darum, die Landwirte nicht zu vergraulen. Dabei würde es schon helfen, wenn sich mehr Bürger einsetzen und die Fälle nicht nur den Tierheimen melden, sondern auch den Städten und Gemeinden. Nur so würden auch in den Rathäusern die Probleme präsenter. (ms)

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