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Bürgermeister und IG Metall äußern sich

„Mitarbeiter müssen dafür bezahlen“: Personalabbau bei Kiefel in Freilassing schlägt hohe Wellen

Auf einem Grundstück sind zwei dreistöckige Firmengebäude und ein Parkplatz zu sehen. Ein Mann in einem Anzug und eine Frau mit einem blauen Pullover lächeln.
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Auch Bürgermeister Markus Hiebl und Bettina Thurl von der IG Metall Rosenheim reagieren betroffen auf die Pläne der Freilassinger Kiefel GmbH.

Deutliche Worte finden sowohl Bettina Thurl von der IG Metall Rosenheim als auch Bürgermeister Markus Hiebl zum Stellenabbau bei der Firma Kiefel in Freilassing. Vor allem die Größenordnung - von den 560 Mitarbeitern am Standort müssen 100 gehen - sorgt für Bedauern. Der Maschinenbauer verteidigt sich und bezeichnet den Abbau am Hauptsitz als „unvermeidbar“.

Freilassing - Mit „großem Bedauern“ hat auch Bürgermeister Markus Hiebl auf den geplanten Abbau von 100 Stellen bei der Kiefel GmbH reagiert. „Diese Entscheidung, die der Geschäftsführung sicher nicht leichtgefallen ist, stellt einen schmerzhaften Einschnitt für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dar“, betont er. Doch der Wirtschaftsstandort Freilassing habe sich in der Vergangenheit stets als widerstandsfähig erwiesen und auch die Firma Kiefel habe bereits verschiedene Höhen erlebt und Tiefen erfolgreich gemeistert.

„Die Geschäftsleitung hat in einem persönlichen Gespräch versichert, den Standort Freilassing weiterhin zu stärken und in ihn zu investieren. Wir sind zuversichtlich, dass die betroffenen Beschäftigten bei anderen Unternehmen in Freilassing und Umgebung neue berufliche Perspektiven finden werden“, meint der Bürgermeister, der allen Beschäftigten Kraft und Zuversicht in dieser herausfordernden Zeit und der Firma Kiefel eine erfolgreiche Zukunft am Standort Freilassing wünscht.

„Nicht gewünscht, mit uns als Gewerkschaft zu sprechen“

Bettina Thurl von der IG Metall Rosenheim bewertet die Aussage des Unternehmens, dass man im engen Dialog und enger Verhandlung mit dem Betriebsrat stehe, so: „Grundsätzlich ist das natürlich immer Ansichtssache, ob das Gremium rechtzeitig informiert und involviert wurde.“ Die zweite Bevollmächtigte und Geschäftsführerin verweist darauf, dass ein Betriebsrat solche Abbaupläne nur mitgestalten und nicht beeinflussen oder verhindern könne.

Dass die Kostensparmaßnahmen anhand eines Personalabbaus durchgeführt werden, sei bedauerlich. Vor allem in dieser Größenordnung sei das sehr einschneidend für den Standort, an dem 560 Mitarbeiter beschäftigt sind. „Es war leider nicht gewünscht, mit uns als Gewerkschaft zu sprechen und in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat und der Belegschaft nach anderen Wegen und Lösungen zu schauen“, betont Thurl. Der Personalabbau wäre vermutlich nicht zu verhindern gewesen, aber man hätte vielleicht Möglichkeiten gefunden, dass dieser nicht ganz so groß ausfällt.

Kürzlicher Wechsel in der Geschäftsführung

Thurl vermutet Fehler des Managements in der Vergangenheit als eine der Ursachen für diese Entwicklung und verweist auf den kürzlichen Wechsel in der Geschäftsführung. Anfang September erklärte die Firma, dass Matthias Sieverding auf Thomas Halletz als CEO folgt. „Durch den Pioniergeist von Thomas Halletz konnte Kiefel deutlich wachsen und eine starke Position erlangen, die nun weiter ausgebaut wird“, teilte Dr. Axel von Wiedersperg, Chef der Brückner Group, damals zum Führungswechsel mit.

Unter der Leitung von Sieverding, der über mehr als 25 Jahre Branchenerfahrung in der internationalen Kunststoff- und Maschinenbauindustrie verfüge, plane die Firma, sich global breiter aufzustellen und die Marktführerschaft durch einen konsequenten Kundenfokus zu sichern

Die Firma Kiefel

Das Unternehmen teilt auf seiner Homepage mit, dass es seit über 60 Jahren zu den Marktführern in der Konzeption und Herstellung von Maschinen für die Verarbeitung von Kunststoffen und Naturfasern gehöre. „Als Spezialist für Thermoformen und Fügetechniken verfügen wir über ein weltweites Vertriebs- und Service-Netzwerk mit Vertretungen rund um den Globus.“ Als Kunden werden Unternehmen aus den Branchen Medizintechnik, Kühlschrank-Industrie und Verpackungsindustrie beliefert.

Am Standort in Freilassing sind rund 560 Personen beschäftigt. Der Rest (insgesamt rund 900 Beschäftigte) verteilt sich auf Tochterfirmen in den Niederlanden und Österreich sowie kleine Vertriebs- & Servicegesellschaften in Europa. Darüber auch auf die Brückner-Plattformgesellschaften, unter anderem in den USA, China, Slowakei oder Thailand.

Kiefel ist Mitglied der Brückner Group, die in Siegsdorf ihren Hauptsitz hat. Zur Unternehmensgruppe in der Kunststoff- und Verpackungsindustrie gehören 2600 Mitarbeiter an 23 Standorten. Sie beinhaltet neben Kiefel die Firma Brückner Maschinenbau, Brückner Servtec und PackSys Global.

„Schade, wenn Firmen nicht langfristig denken“

Für Thurl von der IG Metall ist klar: „Eigentlich ist es egal, ob der Markt oder falsche Entscheidungen schuld daran sind. Die Beschäftigten trifft es am härtesten und sie können am wenigsten dafür. Sie ernähren mit ihren Einkommen ganze Familie, leben hier und stärken damit auch die Region.“ Bereits 2018 soll es bei Kiefel ein Abbauprogramm gegeben haben, doch als sich die wirtschaftliche Situation wieder besserte, seien viele Mitarbeiter wieder eingestellt worden. Thurl: „Es ist immer wieder schade, wenn Firmen nicht langfristig denken. In Zeiten des Personalmangels wird an keinen Möglichkeiten gearbeitet, wie man die wirtschaftliche Flaute überstehen kann, ohne sich von so vielen Mitarbeitern zu treffen.“

Das Maschinenbauunternehmen selbst berichtet davon, dass die Belegschaft am Dienstag (19. November) bei einer Mitarbeiterversammlung über die Pläne informiert wurde. „Sie waren verständlicherweise betroffen, was angesichts der Tragweite der Maßnahmen verständlich ist. Da wir unsere Mitarbeitenden jedoch kontinuierlich und transparent über den Strategieprozess und die notwendigen Schritte informiert haben, kam die Entwicklung für viele nicht überraschend“, teilt eine Sprecherin mit. Die zahlreichen Nachfragen zu den Details des Abbaus habe man „bestmöglich beantwortet, um alle Betroffenen frühzeitig zu informieren“.

Betriebsrat im Vorfeld informiert

Dem Betriebsrat sei die Strategie bereits bekannt gewesen, da er im Vorfeld darüber informiert wurde. „Er hat sich heute aktiv in den Austausch auf der Mitarbeiterversammlung eingebracht und gab Einblick zum Status der Verhandlungen. Er betonte, dass er bereits im engen Dialog mit der Geschäftsführung steht, mit dem Ziel, die bestmöglichen Lösungen für die betroffenen Mitarbeitenden zu vereinbaren“, so Kiefel.

Auf die Frage, seit wann es die Pläne für den Stellenabbau gibt, antwortet das Freilassinger Unternehmen: „Unsere neue Geschäftsführung hat eine tiefgreifende Analyse der Situation vorgenommen und unser Zukunftsprogramm ,ONE Kiefel‘ erarbeitet. Dieses Programm ist auch unsere Antwort, um die Herausforderungen zu meistern, die sich aus der gesamtwirtschaftlichen Lage und der verschärften Wettbewerbssituation ergeben. Dabei ist der geplante Personalabbau in Freilassing leider unvermeidbar.“

„Mit dem Betriebsrat abgestimmte Angebot“

Man befinde sich in einer umfassenden strategischen und strukturellen Neuausrichtung, „um unsere langfristige Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt zu sichern“. Deshalb soll ein Entwicklungszentrum für Polymer in Freilassing entstehen, um die Attraktivität des Standorts zu steigern. Die erforderlichen Anpassungen der Arbeitsweisen führten in Teilen zu veränderten Aufgaben- und Tätigkeitsprofilen, aber auch zu einer Optimierung der globalen Strukturen und Prozesse.

„Der Personalabbau am Standort Freilassing soll über ein mit dem Betriebsrat abgestimmtes Angebot erfolgen. Wir stehen dazu bereits in engem Dialog und Verhandlung mit dem Betriebsrat und hoffen, den Betroffenen bald Klarheit bieten zu können“, so die Sprecherin.

Standort mit 130 Mitarbeitern wird Ende 2025 aufgegeben

Auf die Frage, ob es bei diesem Stellenabbau bleibt oder ob eine solche Maßnahme auch für die nächsten Jahre nicht ausgeschlossen werden kann, heißt es nur: „Mit unserem Zukunftsprogramm konzentrieren wir uns unter anderem auf die Optimierung der Standorte, deren Maßnahmen wir bereits kommuniziert haben. Wir sind zuversichtlich, dass unser Programm genau die notwendigen Schritte beinhaltet, um in Zukunft erfolgreich zu sein.“

Erst Anfang November hatte der Maschinenbauer bekanntgegeben, dass er seinen Standort in Micheldorf (Österreich) Ende 2025 aufgeben und 130 Beschäftigte entlassen wird. „Die Marktsituation im Maschinenbau ist nach wie vor von großen Herausforderungen geprägt. Um dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir die Stärken unserer jeweiligen Produktionsstandorte für unsere Kunden vor Ort noch besser nutzen. Das bedeutet leider auch, dass wir uns von diesem Standort trennen müssen“, schilderte CEO Sieverding.

Pikant: In der gleichen Mitteilung erklärte die Firma, im Zuge der weltweiten Produktionsoptimierung des Unternehmens werde der Standort Sprang-Capelle (Niederlande) als Kompetenzzentrum für Werkzeugbau gestärkt. „Gleiches gilt für den Hauptsitz Freilassing (Bayern) für den Automatisierungsbereich“, hieß es Anfang November. Genau zwei Wochen später folgte die Nachricht über den deutlichen Personalabbau im Berchtesgadener Land. (ms)

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