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Fortbildung im Landratsamt BGL

„Ich habe mir gerade meine eigene Grabrede schreiben lassen“: KI als Helferin im Ehrenamt?

Sebastian Bohnert und Barbara Müller bei einem KI-Vortrag im Landratsamt BGL
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Tourt durch den Freistaat: KI-Ratgeber Sebastian Bohnert (links) von der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen in Bayern. Barbara Müller (rechts) leitet die Freiwilligenagentur im Berchtesgadener Land.

Kann Künstliche Intelligenz (KI) im Ehrenamt nützlich sein? „Ich habe mir gerade meine eigene Grabrede schreiben lassen“, scherzt ein Teilnehmer im Landratsamt Berchtesgadener Land. Sebastian Bohnert von der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen in Bayern lächelt. Er unterstützt Trachtler, Feuerwehrleute, Bergwachtmitglieder, Sportler und Bezirksmusiker aus dem Berchtesgadener Land im Umgang mit KI. Für das ohnehin unterbesetzte Ehrenamt soll dies eine vielversprechende Chance sein.

Landkreis Berchtesgadener Land - ChatGPT, Gemini, Appel Intelligence - nur drei der unzähligen Künstlichen Intelligenzen, die derzeit Einzug in den Alltag halten und bei manchem für Furore sorgen. Für das Ehrenamt wollen auch Vereinsvorstände und ehrenamtlich Tätige davon profitieren. Das hoffen zumindest die Teilnehmer der Fortbildung im Landratsamt. 

Allesamt sind sie in Vereinen engagiert. Einer ist im Rotary-Club Freilassing, der andere im Trachtenverein Laufen, ein Dritter vertritt den Oldtimerverein aus Teisendorf. „Ich habe mir mit einer KI probeweise mal einen Text für eine Hochzeit schreiben lassen”, sagt eine Frau von der Caritas. Es ist ihre bislang einzige Erfahrung, die sie mit Künstlicher Intelligenz hatte. Das Ergebnis konnte sich aber sehen lassen. Und auch der Mann von der Freiwilligen Feuerwehr Aufham hat schon KI-Erfahrungen gemacht. Weil er selbst als Programmierer arbeitet. „Da kann mich KI allein schon beruflich unterstützen, etwa bei der Fehlerbehebung”, weiß der Ehrenamtler. Der Mann vom Orchester hat sich damit mal ausrechnen lassen, wie viel Sonnenenergie ein Solarfahrzeug aufnehmen kann. Einfach so aus Spaß.  

Große Nachfrage nach KI-Fortbildungen

Könnte KI also auch in der Vereinsarbeit nützlich sein? Um dort Alltagsarbeit zu leisten? Die Antwort auf diese Frage suchen die Vereinsvertreter bei Sebastian Bohnert. Er vertritt die Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen in Bayern (Lagfa), ist KI-Experte und derzeit mit diesem Thema im ganzen Freistaat unterwegs.

Der Bedarf ist enorm. „Die Nachfrage nach unserem Angebot ist riesig”, sagt Bohnert. In das Berchtesgadener Land hat ihn Barbara Müller geholt. Müller leitet hier die Freiwilligenagentur im Landratsamt. “Unsere Aufgabe ist es, das freiwillige Engagement zu fördern”, sagt sie.  

Ehrenamtliche sind Mangelware

KI soll da ein guter Ansatz sein. Denn etliche Vereine kommen mit ihrer Arbeit kaum hinterher. Weil Ehrenamtliche schließlich Mangelware sind. Hinzu kommt: Viele Vereine sind technisch mittlerweile abgeschlagen. Digitale Trends wurden oft verschlafen. Dann fehlt etwa eine Webseite, ganz zu schweigen vom dringend benötigten Social Media-Auftritt, um sichtbar zu bleiben. All dies zu bespielen, setzt Menschen voraus, die dies tun. Oder eben KI.

Bei den Teilnehmern ist die Freude groß, als so manchem klar wird, was damit alles möglich ist. Social Media-Posts mit wenigen Klicks, Einladungen zu Veranstaltungen, die Erstellung von Bildern für die nächste Jahreshauptversammlung oder Hilfe bei der Erstellung eines Protokolls. Der Vertreter der Bergwacht aus dem Berchtesgadener Land hofft auf eine Arbeitserleichterung: Rettungseinsätze will er künftig schneller verschriftlichen. „Das ist bisher immer viel Arbeit gewesen”, sagt er. 

KI birgt auch Gefahren

„Künstliche Intelligenz kann durchaus sehr viel”, sagt Sebastian Bohnert. Diese sei aktuell nicht nur in aller Munde, sondern in der Zivilgesellschaft auch auf dem Vormarsch. Zunächst erklärt er die Funktionsweisen Künstlicher Intelligenzen, jener Large Language Models - Sprachmodelle, die sich durch ihre Fähigkeit zur unspezifischen Erzeugung von Texten auszeichnen. Wobei sich insgesamt noch immer die Wenigsten damit auseinander gesetzt haben, sagt er. Große Firmen arbeiten mit speziell auf sie abgestimmten KI, um Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten. 

Bohnert bleibt aber auch realistisch. Denn eines sei klar: Man könne nicht alles gutheißen, was mit KI zu tun hat. “Es besteht die Gefahr, dass die Zivilgesellschaft der Agenda der großen Unternehmen am Ende hinterherläuft und als Entscheidungsträger dann keinen Einfluss mehr hat”, sagt er. Menschen würden zunehmend zum Rohstoff und zur Datenquelle für ein paar weltweit agierende Unternehmen werden. 

Gewaltige Möglichkeiten

Für Vereine könne der Einsatz aber durchaus Vorteile mit sich bringen, so Bohnert: Er zeigt das anhand eines Angelvereins, der das nächste Sommerfest plant. Die Einladung dazu erstellt er, indem er die KI mit einigen Infos speist. Es ist die einfachste Form, wie sich die technischen KI-Helfer unter Beweis stellen können. Bohnert hat Laptops mitgebracht. Für jeden Teilnehmer. An den Computern sollen sich die Teilnehmer nun bei ChatGPT selbst versuchen dürfen. 20 Minuten haben sie dazu Zeit. „Damit ihr das mal selbst probieren könnt”, sagt Bohnert. Bei der direkten Tuchfühlung der Teilnehmer wird deutlich: Ein wenig überfordert ist der eine oder andere schon damit. Weil die Möglichkeiten so gewaltig sind. Für viele ist es die Premiere: „Was soll ich da jetzt genau eingeben”, fragt einer. 

Mehrere Senioren melden sich zu Wort, erfragen Hilfe. „Das ist schon recht faszinierend”, sagt ein Teilnehmer, der sich für die Hauptversammlung eine Ansprache verfassen ließ. Auch eine Grabrede lässt sich einer schreiben. Das sorgt für Lacher unter den Beteiligten. Das Interesse für KI ist in jedem Fall geweckt, viele zeigen sich fasziniert von den Möglichkeiten. “Ich werde mich damit jetzt intensiver spielen”, sagt die Frau von der Caritas. Ob der Nutzen groß genug ist, „das wird sich zeigen”. (kp)  

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