„Nur gemeinsam können wir etwas erreichen”
Harald Lesch warnt im Königlichen Kurhaus vor der Klimakrise und fordert schnelles Handeln
Feuer, Dürre, Starkregenfälle: “Wir befinden uns im nachweislich wärmsten Jahr, seitdem wir das Klima messen”, sagt Dr. Harald Lesch beim Sparkassenforum im Königlichen Kurhaus in Bad Reichenhall. Der TV-bekannte Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist spricht über den weltweiten Klimawandel und macht klar: Wenn nicht jetzt gehandelt wird, könnte es tatsächlich zu spät sein.
Bad Reichenhall – Feuer, Dürre, Starkregenfälle: „Wir befinden uns im nachweislich wärmsten Jahr, seitdem wir das Klima messen”, sagt Dr. Harald Lesch beim Sparkassenforum im Königlichen Kurhaus in Bad Reichenhall. Der TV-bekannte Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist spricht über den weltweiten Klimawandel und macht klar: Wenn nicht jetzt gehandelt wird, könnte es tatsächlich zu spät sein.
Komplexe Themen einfach erklären - darin ist Dr. Harald Lesch ein Meister seines Fachs. Als „erbärmlich” empfindet es der populäre TV-Mann, dessen YouTube-Videos ein Millionenpublikum erreichen, dass es Deutschland nicht schafft, ein Endlager für all den Atommüll zu finden. „Meine Generation hat es nicht geschafft. Ich finde das zutiefst erbärmlich, dass man das bis in die 2070er-Jahre hinauszögert”, sagte Lesch. Doch darum sollte es nur am Rande gehen.
Der 64-Jährige ist an diesem Abend Hauptredner. Das Königliche Kurhaus ist bis zum letzten Platz besetzt. Leschs Worte sind eindrücklich, die Fakten, die er präsentiert, leicht zu verstehen. Er schafft das mit seiner Sprache, die schwierige Sachverhalte verdichtet. Für die Zuhörer ist das Ergebnis leicht zu konsumieren. „Ohne uns Menschen wäre alles anders”, sagt er. „Wie ungeheuer intensiv sich unser Planet derzeit verhält, ist ohne Zweifel menschengemacht.” Es handle sich um ein globales Phänomen. „Nur gemeinsam können wir etwas erreichen”, sagt er.
Lesch beschreibt das Klima, das sich so rasend schnell verändert in den letzten Jahren und Jahrzehnten. „Es ist eine besondere Zeit, die es so noch nie gab.” Er zeigt dazu Karten: Eine sich drehende Weltkugel, die sich im Laufe der Dekaden aufheizt. 1,63 Grad Celsius - um so viel liegt die Temperatur derzeit höher, wenn man den vorindustriellen Wert in direkten Vergleich setzt. Lesch sagt, dass es Regionen auf der Welt gibt, „da wird man in Zukunft nicht mehr leben können” - falls der Erdball sich weiterhin so erwärmt.
Im Fokus stehen Kontinente wie Afrika und Südamerika. Es gibt Prognosen von bis zu 300 Tagen pro Jahr, an denen es deutlich zu heiß ist. Auch Indien, als eines der bevölkerungsreichsten Länder der Welt, ist in den Worst-Case-Szenarien betroffen. Was das in der Konsequenz bedeutet, muss er nicht aussprechen: Globale Völkerwanderungen könnten dann nur eine der dem Klima geschuldeten Auswirkungen sein.
Fakt ist: Der Ausstoß des CO2 weltweit ist gewaltig. CO2 und der Treibhauseffekt seien ausschlaggebend, dass sich die Welt aufheizt und die Pole schmelzen. Die Wärmestrahlung der Sonne kann nicht ungehindert ins All zurück. „Wenn Wasser wärmer wird, braucht es mehr Platz, die Weltmeere brauchen dann mehr Platz”, so Lesch. Die Konsequenz? Der Meeresspiegel steigt. Das weiße Eis der Pole wird zu dunklem Wasser und kann wiederum mehr Sonnenenergie aufnehmen. Die Oberflächentemperatur der Weltmeere ist in den vergangenen Jahren auf mehr als 21 Grad Celsius angestiegen. Die Ozeane gelten als die wichtigsten Faktoren im Hinblick auf die Entwicklung des Klimas und zur Senkung der Temperatur. Seit 1995 nimmt der Wärmegehalt der Weltmeere sukzessive zu.
Lesch als Wissenschaftler betrüben solche Fakten. Zumal die Zeitspanne ja verschwindend gering ist, seitdem der Mensch in das industrielle Zeitalter eingetreten ist.
Lesch sagt Dinge, die bei den Zuhörern sitzen: „Ich erzähle Fakten, die nicht etwa auf meiner Meinung beruhen, sondern auf Messungen.” Manchmal klinge er dann zwar wie ein „Klugscheißer”. Allerdings: Es sind unumstößliche Tatsachen.
Lesch sagt: „Der Klimawandel mit der einhergehenden globalen Erwärmung ist die größte Bedrohung für die individuelle Gesundheit.” Rund 60000 Hitzetote gibt es allein pro Jahr in Europa. Tendenz: steigend. „Als Mensch können wir in einer Welt, die wärmer wird, nicht mehr existieren.”
Wissenschaftsjournalist Lesch, der gemeinsam mit Ehefrau Cecilia Scorza-Lesch angereist war, forderte in seinem Vortrag ein größeres Vertrauen in die Wissenschaft zu setzen. „Alles, mit dem wir uns im Alltag umgeben, ob Smartphone oder medizinische Behandlung, ist ein Ergebnis wissenschaftlicher Forschung.” Insofern seien auch die Erkenntnisse in Bezug auf den Klimawandel ein Ergebnis, dem man Vertrauen schenken sollte.
Eine nachhaltige Industriegesellschaft zu formen, sei in jedem Fall eine riesige Aufgabe - „und klar ist, es wird unharmonisch werden”, prognostiziert Harald Lesch. Eine Transformation sei aber nur auf diesem Weg zu erreichen. Ein Baustein im großen Ganzen: Weg vom Verbrenner, hin zum E-Mobil, dem Lesch im Übrigen auch in 100 Jahren noch eine Zukunft prognostiziert, weil der Wirkungsgrad des Elektromotors am höchsten sei. Jeder Einzelne müsse bei der Transformation mitwirken: Der ungezügelte Flugverkehr? Kann so - und ohne Einschränkungen - wohl nicht gehalten werden. „Es wird eine Gemeinschaftsleistung sein, damit die Transformation gelingt.” Aktuell seien es nur zehn Länder weltweit, die zwei Drittel aller CO2-Emissionen verursachen. Zudem seien etliche Länder in ihren Bemühungen deutlich schneller als Deutschland, den Klimawandel aufzuhalten. „Wir müssen nun damit anfangen, endlich in die Energiewende zu gehen.”
Dass die Geschwindigkeit nun erhöht werden müsste, unterstrich auch Dr. Simon Köppl, Leiter Reallabore und Elektromobilität bei der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in München. Köppl stammt aus dem Bergsteigerdorf Ramsau. Er kennt Harald Lesch schon länger und moderierte nun die Diskussionsrunde zum Abschluss des Abends. Köppl ist weiterhin zuversichtlich, dass in Zukunft auf deutschen Straßen irgendwann dann doch 30 Millionen E-Autos unterwegs sein werden, statt der derzeitigen nur eine Million. Lesch sagt, dass E-Fahrzeuge „die einzige Lösung für Mobilität der Zukunft sind”.
Niemand habe sich jemals Gedanken darüber gemacht, welche Rohstoffe für ein Verbrennerauto notwendig sind. „Jeder macht sich aber Gedanken darüber, wie und ob die Batterien der E-Autos recycelt werden können.”
Was bleibt vom Abend ist eine zentrale Botschaft: Die Herausforderung des Klimawandels erfordert schnelles und entschlossenes Handeln – von jedem Einzelnen und der globalen Gemeinschaft. Die Zeit zu handeln, sei „jetzt”. Die Weichen für eine nachhaltige Zukunft müssten dringend gestellt werden - bevor es endgültig zu spät ist, sagt Harald Lesch.
kp

