Laufener Richter: „Sie sollten sich schämen!“
Videos im Gerichtssaal zeigen: Personenkontrolle eskaliert total – Mehrfachtäter muss hinter Gitter
Eine harmlose Personenkontrolle eskaliert und endet in einem Gerichtsprozess. Bodycam-Aufnahmen der Polizisten offenbaren die schockierenden Ereignisse. Der Angeklagte zeigt wenig Reue.
Bad Reichenhall/Laufen – Zeugenaussagen im Gerichtssaal sind das eine, doch Videoaufnahmen vom Geschehen haben noch eine ganz andere Dimension. Was kürzlich am Laufener Amtsgericht auf dem Bildschirm im großen Sitzungssaal zu sehen war, war an Dramatik kaum zu überbieten. Auslöser war eine eigentlich harmlose Personenkontrolle. Doch dann: Schreie, Beleidigungen, Drohungen, Tritte und Beißen über mehrere Stunden.
Am Karlsplatz, so hieß es von den beiden Polizeibeamten, gebe es „immer wieder Probleme.“ Daher diese abendliche Streifenfahrt Ende Oktober 2024. An einer Hausmauer in einem Hinterhof hatten die Beamten einen Mann entdeckt, der sich „dem Scheinwerferlicht zu entziehen suchte.“ Doch schon auf eine erste Ansprache habe der 34-Jährige aggressiv reagiert. „Wieso das?“, fragte der Angeklagte im Gerichtssaal, „ich bin doch nur dagestanden.“
Videoaufnahmen enthüllen Aggression und Drohungen eines 34-Jährigen
Weil der Mann „weiter lautstark geschrien“ habe, legte einer der Beamten seine Bodycam an, deren Aufnahmen schließlich sechs Dateien füllten. Darauf zu sehen und zu hören, wie sich der Kurstädter wand und wehrte, die Beamten beleidigte und deren Familien bedrohte: „Dir wird das Lachen vergehen, wenn ich deine ganze Familie abgestochen hab.“
Die Kamera bewegte sich mehrfach im wilden Taumel. „Was hab‘ ich euch getan?“, schrie der Mann am Boden, der nach der Fesselung in die Haftzelle geschleift werden musste. Weil er drohte, sich nach seiner Entlassung umzubringen, brachte man ihn in die Inn-Salzach-Klinik nach Freilassing. Auf dem Weg dorthin musste der Krankenwagen zweimal anhalten, weil sich der Angeklagte aus Bein- und Brustgurt befreite und nach dem Inventar trat. Einem Beamten hatte er den Daumen verdreht und versucht zu beißen.
In der Klinik ging es auf gleiche Art weiter, so dass es mit Polizeiverstärkung und der Hilfe von Ärzten und Pflegern letztlich sieben Leute brauchte, dem Mann Blut abzunehmen. Das Ergebnis: 1,3 Promille. Hier drohte er allen Akteuren mit Anzeigen. „Mein Blut geht euch einen Scheißdreck an. Das hat nichts mit Menschlichkeit zu tun!“ Im Gerichtssaal meinte der Angeklagte äußerst verharmlosend, er habe die Blutentnahme „über sich ergehen lassen.“ Eine Entschuldigung gegenüber den beiden Polizisten gab es nicht, lediglich seine „Wortwahl“ bedauerte er.
„Die Polizei macht nur ihren Job“, sagte Staatsanwältin Pia Dirnberger über das Gehörte und Gesehene und verwies auf die zwei einschlägigen Vorstrafen. „Zu ihren Gunsten fällt mir nicht wirklich was ein“, schloss Dirnberger und beantragte 14 Monate ohne Bewährung. Der Angeklagte, der ohne Verteidiger erschienen war, machte „immer den Alkohol“ für „diesen Scheiß“ verantwortlich. Er bat um eine Bewährungschance.
Urteil und Reaktion: Acht Monate Haft ohne Bewährung für den Kurstädter
„Jeder normale Mensch würde sich in Grund und Boden schämen“, sagte Richter Martin Forster über die Videos. Der gehe „herzlich unkritisch mit sich selbst“ um. „Eine solche Kontrolle hätte keine drei Minuten gedauert, stattdessen lassen sie es derart eskalieren.“ Der Vorsitzende hielt dem Mann entgegen, dass er vom Geld der Allgemeinheit lebe, sich aber gegenüber staatlichen Sicherheitskräften „dermaßen daneben“ benehme. Forster entschied auf acht Monate ohne Bewährung. Der 34-Jährige reagierte entsetzt auf das Urteil, schließlich müsse er sich um zwei Katzen kümmern und die Beamten hätten ihm zudem seine „Plugs“ aus den Ohren gerissen. Der Strafrichter dazu: „Das war wohl das Geringste an diesem Abend.“ (hhö)