Signale und Weichenstellung bald per Mausklick
Nach 115 Jahren in Betrieb: Historisches Stellwerk geht an die Stadt Laufen
Nachdem Signale und Weichen des Bahnbetriebs in Laufen über 100 Jahre manuell gesteuert wurden, wird die Bahnzukunft nun digitalisiert. Das historische Stellwerk soll jedoch erhalten bleiben und wird von der Stadt Laufen übernommen.
Laufen - Der Erfolg hat häufig ein Gesicht und meist etliche Anschieber. In diesem Fall war es Dr. Karl Bösenecker, Ex-Amtsrichter und profunder Kenner der regionalen Eisenbahngeschichte. Er hatte angeregt, eine wahrlich historische technische Einrichtung aus der Zeit der Königlich Bayerischen Staatseisenbahn für die Nachwelt zu erhalten. Und der Laufener Stadtrat hatte dem zugestimmt.
Konkret: Das 115 Jahr alte manuelle Stellwerk am Laufener Bahnhof geht in Besitz der Salzachstadt über. Ein zentrales modernes digitales Siemens-Stellwerk hat inzwischen dessen Aufgabe übernommen. In einer kleinen Feierstunde im Laufener Bahnhof übergab Christian Steinbacher das historische Stellwerk an den Bürgermeister der Stadt Laufen.
Der Geschäftsleiter Infrastruktur der Südostbayernbahn konnte dabei eine große Zahl an Feiergästen begrüßen. Neben etlichen Bürgermeistern als Streckenanlieger auch den Landrat des Berchtesgadener Landes sowie eine ganze Reihe an Bahn- und Bauverantwortlichen, insbesondere Projektleiter Dirk Schanz aus Laufen.
Historisches Stellwerk soll erhalten bleiben
1908 war das Stellwerk, mit dem sowohl Weichen als auch Signale mit Muskelkraft betätigt wurden, in Betrieb gegangen. Eine Zeit, in der europäische Zeitungen bereits von Eisenbahnunglücken berichteten, wie Bürgermeister Hans Feil auf Wikipedia gefunden hatte. Warum er von einem beträchtlichen Sachschaden bei Stockholm berichtet? Weil der offensichtlich auf Signalmängeln beruhte. Umso bemerkenswerter, dass die Weichen- und Signalanlagen in Laufen 115 Jahre lang problemlos ihren Dienst leisteten.
Keinen Zweifel ließ das Stadtoberhaupt am Interesse der Stadt, dieses historische Stellwerk für die Nachwelt zu erhalten. Ein entsprechender Übernahmeantrag beim Signalwerk Wuppertal war erfolgreich gewesen, hilfreich unterstützt von Dr. Karl Bösenecker. Dieser Bahnexperte hat zusammen mit Karl Bürger ein gewichtiges Werk über „Die Bayerische Tauernbahn“ geschrieben. Eine Ausstellung zur Laufener und Oberndorfer Eisenbahngeschichte ist noch bis Ende Februar im Oberndorfer Stadtamt zu sehen.
Bahnbetrieb wird modernisiert
Doch die Bahn stellt nun die Weichen für die Zukunft. „Mit der Automatisierung des Bahnbetriebs erreichen wir eine Erhöhung der Kapazität und eine Verkürzung der Zeiten für Zugkreuzungen“, wie Christian Steinbacher feststellte. „Wir erhöhen die Robustheit und Betriebsqualität durch zeitgemäße Technik. Wir sichern die Befahrbarkeit der Strecke und reduzieren den Personaleinsatz.“ Letzteres ist kein unwesentlicher Faktor, denn laut dem ehrenamtlichen Fahrgastvertreter Wilhelm Mack hat auch die Bahn Personalprobleme: „Es ist schwer, Fahrdienstleiter zu bekommen.“ Nun werden Signale und Weichen per Mausklick zentral von Mühldorf aus gesteuert. Eine erste Bewährung erwartet Mack für die hiesige Bahn im Jahr 2027, wenn die Strecke München-Rosenheim-Freilassing wegen Sanierung abschnittsweise gesperrt wird.
Geschäftsleiter Steinbacher beschrieb die Projektinhalte: Es wurden drei Stellwerke neu gebaut und der Bahnübergang in Fridolfing erneuert. Es gibt ein Glasfaserkabel zwischen Garching und Freilassing. Konkret neu gebaut in Laufen wurden fünf Weichen und acht mit elektrischer Weichenstellung ausgerüstet, 30 Licht-, Haupt- und Vorsignale neu angeschlossen und 70 Kilometer Signalkabel sowie 60 Kilometer Glasfaserkabel in Betrieb genommen. Daneben ist der Bahnübergang bei Fridolfing „auch straßenseitig komplett erneuert“ worden. 35 Millionen Euro hat Südostbayernbahn zwischen Garching und Freilassing für die Erneuerung dieser Stellwerke investiert.
Der Klimakrise und dem Personalmangel entgegenwirken
Steinbacher sieht in den Maßnahmen nicht zuletzt einen wichtigen Teil zum Bahnausbau der europäischen Magistrale ABS 38. Die Verlagerung von Verkehr auf die Schiene würde helfen, Klimaziele zu erreichen. Landrat Bernhard Kern zeigte sich erfreut, dieses „Kernstück“ zu erhalten, bat aber vor allem das „Augenmerk“ auf den zweigleisigen Bahnausbau zu richten. Als ehemaliger Saaldorfer bedauerte er die Auflösung des Bahnhaltepunktes in seiner Gemeinde Anfang der 90er Jahre. „Das war ein Fehler“, ließ Kern keinen Zweifel, doch dieser Fehler könne man mit einem neuen Bahnhaltepunkt beheben. Als humoriges Utensil präsentierte der Landkreischef einen historischen „Bremsschuh“, verbunden mit der Hoffnung, dass dies kein Symbol für die so wichtige Bahnentwicklung sein möge.
Ein Ehrengast dieser Übergabe war Sebastian Hollinger als letzter Stellwerksleiter in diesen „Originalräumlichkeiten“. Gut fünfeinhalb Jahre war der 25-jährige Anschöringer in Laufen tätig und hatte hier seine drei Festangestellten und die sieben Springer zum Dienst eingeteilt. „Alle Kollegen sind weiterhin bei der Bahn tätig“, blickte er auf die wegfallenden Stellen. Im Gegenteil: aufgrund des Fachkräftemangels hätte es künftig „massive Probleme“ bei der Besetzung der Stellen gegeben. Nun sitzt Hollinger hinter Mauern und vor „zig Monitoren“ in Mühldorf, wo alles zwischen Tyrlaching und Freilassing gesteuert wird. Das Laufener Stellwerk vermisst er schon, denn „hier draußen ist es schöner. Man sieht die Züge und die Leute.“
Zu guter Letzt signierten die Ehrengäste noch sogenannte Zuglaufschilder, auf denen an die Inbetriebnahme der elektronischen Stellwerke erinnert wird. Dr. Karl Bösenecker verriet der Heimatzeitung noch einen Wunsch. Er erhofft sich für das Bahngebäude, das im Besitz der Stadt Laufen ist, künftig ein Heimatmuseum mit dem Stellwerk als Kernelement.
hhö