Baustellenbesichtigung in Bischofswiesen
Neubau der Mittelschule: Worauf sich Schüler und Lehrer freuen können
Seit fast zwei Jahren wird an der Grund- und Mittelschule in Bischofswiesen fleißig gebaut. Grund genug, bei einer Baustellenbesichtigung ins Innere des Neubaus zu schauen und sich von Rupert Walch den Stand der Dinge erklären zu lassen. Der Geschäftsleiter der Gemeinde erklärt die Bedeutung der Farben in den Stockwerken, welche Rolle Tablets bei der Beleuchtung und Beheizung der Klassenräume spielen und warum die Schüler die Lehrer bald noch besser verstehen werden.
Bischofswiesen - Von außen betrachtet hat sich in den vergangenen Wochen beim Neubau nicht sonderlich viel getan. Die Gerüste kleiden das Gebäude komplett ein und verbauen die Sicht. Immer wieder huschen Arbeiter in das Gebäude. Ein Baukran steht im Innenhof, ganz oben baumelt eine blaue Folie in der Luft. Das Bild der Großbaustelle wird von Fahrzeugen, Containern und Baumaterialien komplettiert. Doch viel passiert im Innenhof nicht. Aber: Der äußere Eindruck täuscht. Im Inneren geht es ordentlich zur Sache.
„Von oben nach unten”, erklärt Walch das aktuelle Prinzip. Das heißt: Wenn eine neue Firma mit ihren Arbeiten beginnt, startet sie im vierten Stockwerk. Wenn sie dort fertig ist, kann sie eine Etage tiefer weitermachen und oben legen die nächsten Handwerker mit anderen Arbeiten los. Dementsprechend herrscht im Inneren reges Treiben.
Bald findet hier schon Unterricht statt
Die Räume, Klassenzimmer und Gänge nehmen langsam Gestalt an. Doch an Unterricht ist hier noch lange nicht zu denken, oder? Überraschend erklärt Walch, dass die Bauarbeiten bis April 2024 abgeschlossen sein sollen und im Mai ein Probebetrieb im neuen Gebäude geplant ist. „Vor sechs Wochen hätte ich das auch noch für unmöglich gehalten. Aber wenn man sieht, wie schnell es hier vorwärtsgeht, dann wird der Zeitpunkt im Frühjahr sehr wahrscheinlich eingehalten.”
Momentan befinden sich die Maler im obersten Stockwerk in den letzten Zügen, jetzt folgen dann die Bodenleger und Elektriker, die auch schon fleißig waren. Zeitweise arbeiten hier bis zu sieben Firmen gleichzeitig, um den Zeitplan einzuhalten. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf 21,6 Millionen Euro - durchaus ein finanzieller Kraftakt für eine Kommune wie Bischofswiesen.
Wieso eine Weiternutzung des alten Gebäudes nicht sinnvoll war
Das alte Gebäude, das Anfang 2022 abgerissen wurde, hätte durchaus noch weiter genutzt werden können. Doch Walch erklärt, weshalb der Neubau die sinnvollste Variante war: „Der vorhandene Zwischenbau war deutlich kleiner und hätte für die benötigten Klassenräume nicht ausgereicht. Ein Erweiterungsbau war somit ohnehin erforderlich.“ Um die zur Verfügung stehende Grundstücksfläche optimal auszunutzen, hätten sich der Architekt und die Gemeinde für ein vierstöckiges Gebäude entschieden. Die Änderungen des Grundrisses, die Anpassung der Gebäudehöhen an den Bestand zur Herstellung der Barrierefreiheit sowie die ideale Nutzung des Baugrundstücks führten zum Neubau.
Zurück im Inneren des Gebäudes bei der Baustellenbesichtigung: Beim Rundgang begegnen uns immer wieder Handwerker. Es wird gestrichen und diskutiert, aus einer kleinen Musikbox ertönt „Bad Moon Rising” von Creedence Clearwater Revial. In kaum einem Raum ist kein Werkzeug zu finden. Staub und Bauschutt sind sowieso allgegenwärtig. Manchmal hängen an den Wänden die Baupläne des jeweiligen Stockwerks. Nein, an Unterricht und Kinder, die durch die Gänge flitzen, ist hier irgendwie noch nicht zu denken.
Stockwerke erhalten eigenen Charakter
Apropos Stockwerk: Jedes einzelne ist mit einer bestimmten Farbe und einem Thema ausgestattet. Während in der dritten Etage blaue Elemente, etwa an den Fenstern oder im Sanitärbereich, zu finden sind, geht es im zweiten Stockwerk grün zu. Und im ersten Stock sieht man rot, also nicht im sprichwörtlichen Sinne. Im Erdgeschoss befinden sich Farbtöne aus der Palette beige/grau. Darauf abgestimmt sind die jeweiligen Themen wie Berge, Wald und Wasser. Diese sollen über Bilder oder Fototapeten für Abwechslung sorgen und jedem Stockwerk damit einen eigenen Charakter verleihen.
Die Farb- und Themenauswahl hat einen ganz bestimmten Grund, wie Walch verrät. „Das Farbkonzept wurde gemeinsam mit der Schule entwickelt. Ziel ist es zum einen, die Orientierung im Gebäude zu erleichtern. Und zum anderen haben Farben auch Auswirkungen auf Stimmungen, Aufmerksamkeit und Wohlbefinden. Durch die Farbwahl sollen auch Bereiche der Ruhe und Erholung, aber auch Bereich von Konzentration und intensivem Lernen unterstützt werden.“ Sofern lag es nahe, den Farben Themen zuzuordnen, die sich beispielsweise in den Bildern und Fototapeten im jeweiligen Stockwerk widerspiegeln.
Alleskönner Tablet
Von diesem modernen Farbansatz abgesehen, ist der Neubau auf sämtliche Notwendigkeiten eines heutigen Schulgebäudes abgestimmt. Jeder Raum ist mit WLAN und LAN ausgestattet, in jedes Stockwerk führen Glasfaserkabel. Die Klassenräume sind mit Whiteboards bestückt. Mittels Tablet können die Lehrer künftig die Beleuchtung verändern und die Lichtfarben unterschiedlich einstellen. Walch: “Blaues Licht erhöht die Aufmerksamkeit, während gelbliche und rötliche Beleuchtung eher Ruhe ausstrahlen.”
Die Tablets haben auch noch weitere Funktionen: Sie können die Beheizung und Kühlung in den Räumen steuern. Das alles findet über die Böden statt und nicht über ein Belüftungssystem. Der einzige Nachteil: Die Lehrer müssen rechtzeitig anfangen, denn es dauert eine Weile, bis sich die Böden erwärmen oder abkühlen.
Löcher in den Decken?
Genauso wie in den Böden steckt auch in den Decken in den Klassenzimmern mehr, als auf den ersten Blick zu erahnen ist. Beim Betrachten fallen die kleinen Löcher auf, nur in einem kleinen Bereich ist eine geschlossene Decke zu sehen. „Hier halten sich die Lehrer auf und durch die geschlossene Decke wird deren Akustik verstärkt. Sie sind also besser zu verstehen. Die Löcher über den Köpfen der Schüler verursachen das Gegenteil: Sie nehmen deren Gespräche und Lärm auf”, erklärt Walch.
Die Stromversorgung erfolgt über eine Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach und ein Blockheizkraftwerk im Erdgeschoss, welches mit Gas betrieben und auf Bio-Gas umgestellt werden kann. Das Heizkraftwerk versorgt nicht nur den Neubau, sondern auch das benachbarte Feuerwehrgebäude, das Rathaus und die alten Bestandsgebäude der Schule mit Fernwärme. „Wir erfüllen im Neubau hohe Energiestandards”, betont Walch.
Bei so viel Technik braucht es natürlich vor allem eins: Kabel. Und zwar jede Menge davon. Bis zu 90 Kilometer an unterschiedlichsten Kabelsorten sind notwendig, und nicht nur das: Jedes Stockwerk besitzt einen eigenen Elektronikraum. „Das gehört heutzutage einfach dazu. Vor 30 Jahren gab es das nirgends”, schildert der Geschäftsleiter. Damals spielte auch noch das Thema Barrierefreiheit eine nicht so große Rolle. Dementsprechend befindet sich im Neubau ein Aufzug, der sämtliche Stockwerke verbindet und sogar den Durchgang zur Turnhalle.
Offene Ganztagsschule im ersten Stockwerk
Während sich in den beiden obersten Etagen Klassenzimmer und Gruppenräume befinden, gibt es im ersten Stock bauliche Veränderungen. Hier soll künftig die offene Ganztagsschule mit Spiel- und Lernräumen ihren Platz haben. Und ganz unten sind die Funktionsräume für Musik und Co. angesiedelt. Einen großen Raum nehmen im Erdgeschoss die Aula und die Mensa ein.
Beide grenzen aneinander und bieten genügend Platz. In der Mensa wird es eine Aufwärmküche geben, zu der im Außenbereich ein eigener Liefereingang für die Catering-Firma führt. Etwa 80 Schüler können die Mensa nutzen, und bei schönem Wetter besteht vielleicht die Option, die Terrasse zu nutzen. Die Aula erstreckt sich vom Erdgeschoss bis auf Höhe des ersten Stockwerks. Dort gibt es eine Galerie, von der bei Veranstaltungen nach unten auf die Bühne der Aula geblickt werden kann.
Nach dem Abbruch des alten Gebäudes ist hier also innerhalb von zwei Jahren etwas komplett Neues und Modernes entstanden, dass den heutigen Anforderungen entspricht. Und auch wenn die Arbeiten im April 2024 beendet werden: Baumaschinen und Handwerker werden nicht komplett verschwinden, denn auch die Pausenhöfe werden umgestaltet - nicht nur zum Vorteil für die Schulgemeinschaft, sondern auch für die gesamte Kommune. Nach der Baustelle ist also vor der Baustelle.




