Die Sektion Berchtesgaden des Deutschen Alpenvereins (DAV) wollte mit einem großen Bauprojekt die langfristige Zukunft der Schutzhütte sichern. Der Gemeinderat Bischofswiesen forderte mehr Daten, manches Mitglied bezeichnete das Projekt als „Mega Maßnahme“ und signalisierte bereits Ablehnung. Im Interview spricht Beppo Maltan vom DAV über die Entscheidung des Vorstands, einen anderen Weg einzuschlagen.
Bischofswiesen - Auch wenn es nur die ersten Informationen waren, die dem Gemeinderat Bischofswiesen vorgestellt wurden: Am Dienstagabend vergangener Woche war bereits zu erahnen, welche massiven Bauarbeiten am Untersberg erforderlich sein würden, um die Schützhütte Stöhrhaus für die Zukunft zu rüsten. Das Gremium verlangte nach genauen Untersuchungen, um beispielsweise die Auswirkungen auf die Natur einschätzen zu können. Erst dann sollte über eine Trägerschaft genauer diskutiert werden, manches Mitglied signalisierte bereits Ablehnung. Nach diesen Signalen traf sich der Vorstand des DAV, um eine Entscheidung zu fällen.
Herr Maltan, mit welcher Hoffnung sind Sie in die Sitzung gegangen?
Natürlich hatte ich die Hoffnung, dass die Gemeinde die Trägerschaft übernimmt, auch wenn auf der Tagesordnung noch keine Entscheidung geplant war. Ich wusste aber aus Gesprächen im Vorfeld der Sitzung, dass der Gemeinderat dem Thema kritisch gegenüberstehen und es Widerstand geben wird.
Und wie war Ihr Gefühl nach der Sitzung?
Ich verstehe die Fragen nach der Verhältnismäßigkeit. Neben den Aspekten Wasser, Abwasser, Strom und Breitband darf ein Thema nicht außer Acht gelassen werden: Es wird immer schwieriger, Hüttenwirte zu finden. Als ehrenamtlicher Vorsitzender und Hüttenreferent der Sektion kenne ich die Probleme. Es ist ja nicht damit getan, Leitungen zu bauen: Die Wasser und Abwassergebühren beispielsweise bezahlen nicht wir als Sektion, sondern die trägt der Hüttenwirt. Und für die Abwasserleitungen braucht es viel Energie, um die Anlagen betreiben zu können. Das alles kostet viel Geld, das macht den Job also noch weniger attraktiv.
Ein Großteil des Gemeinderates forderte ausführliche ökologische Daten, um eine bessere Faktenbasis für eine Entscheidung zu erhalten. Warum ist das nicht so einfach?
Anfangs haben wir die Kosten für eine Machbarkeitsstudie auf 30.000 bis 40.000 Euro geschätzt. Über unser Planungsbüro Dippold und Gerold haben wir dann erfahren: Das reicht nicht, wir müssen mit mehr als 130.000 Euro rechnen. Selbst bei einer positiven Entscheidung des Gemeinderates wäre es noch lange nicht getan mit dem Bau der Leitungen: Wir machen das ehrenamtlich, das kostet viel Zeit, dann noch die möglichen Klagen von Umweltverbänden, und und und. Deshalb haben wir uns als Vorstand getroffen und entschieden.
Und wie fiel die Entscheidung aus?
Wir werden den Antrag zurücknehmen. Eigentlich wollten wir uns nicht vorwerfen lassen, dass wir nicht alle Optionen ausgeschöpft haben. Doch wir befürchten, dass sich unsere Mitglieder dann fragen, warum wir eine Machbarkeitsstudie für diese hohe Summe in Auftrag gegeben und dann nicht mal die Förderungen für die Baumaßnahme erhalten haben. Im Falle eines negativen Förderbescheides müsste die Sektion die vollen Kosten der Machbarkeitsstudie tragen.
Was bedeutet das für die Zukunft des Stöhrhauses? Wie soll es nun weitergehen?
Wir haben auf dem Stöhrhaus vor, vier Trocken-Toiletten zu bauen, um Wasser zu sparen. Es wird auch in Erwägung gezogen, die Kapazitäten des Wasserspeichers vom Dachwasser zu erweitern. Wir wollen für unsere Wirte einen Leitfaden verfassen, um aktiv Wasser einzusparen.
Droht anderen Hütten der DAV Sektion ein ähnliches Szenario?
Generell ist Wasser auf allen Berghütten ein kostbares Gut. Es muss sparsam damit umgegangen werden.
In der Sitzung erwähnten Sie, dass die Übernachtungszahlen zuletzt immer mehr gestiegen sind und das Stöhrhaus immer beliebter geworden ist. Lässt sich das anhand von Zahlen belegen?
Durch den Umbau, der 2018 fertiggestellt wurde, ist das Stöhrhaus vor allem für Übernachtungen aufgewertet worden. Auch die „aussichtsreiche Untersbergrunde“, eine Rundtour mit drei Übernachtungen (zwei im Stöhrhaus, eine im Zeppezauerhaus) über das Untersberg-Plateau hat viele Bergsteiger angezogen und somit die Anzahl der Übernachtungen erhöht. Die Untersberg-Runde wurde von der Sektion zur Besucherlenkung entwickelt, um den Nationalpark und die Hütten im Steinernen Meer zu entlasten.
Ein Verlust der Hütte wäre also nicht nur für den DAV ein herber Verlust. Müssen die Wanderer und Bergsteiger von einer Zukunft mit Bergen, aber weniger Hütten und damit weniger Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten ausgehen?
Die DAV Sektion wird wie bisher alles Mögliche tun, um die Hütten für Bergsteiger offenzuhalten. Die Wasser-Problematik auf dem Stöhrhaus gibt es schon seit dem Bau der Hütte. Auf unseren Hütten wird von jeher ein nachhaltiges Wassermanagement praktiziert. Es gibt keine Duschen auf dem Stöhrhaus - bei Wassermangel werden die Waschräume zusätzlich gesperrt. Wir sind ein gemeinnütziger Verein, der die gesamten Einnahmen in den Erhalt und die Optimierung unserer Berghütten steckt. Wir haben keine wirtschaftlichen Interessen - unsere Kernaufgabe ist es, den Bergsteigern auf den Bergen eine Infrastruktur zu bieten.