Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

„Wenn es nicht richtig regnet, haben wir ein Problem“

DAV warnt vor Wassermangel am Watzmannhaus - Mögliche Lösung in weiter Ferne

Das Watzmannhaus auf 1930 Metern wird bislang mit Wasser aus einem Hochbehälter versorgt.
+
Das Watzmannhaus auf 1930 Metern wird bislang mit Wasser aus einem Hochbehälter versorgt.

Das Watzmannhaus in den Berchtesgadener Alpen steht vor dem baldigen Aus - aufgrund von Wassermangel. Die Sektion München des Deutschen Alpenvereins und Pächter Bruno Verst schlagen nun Alarm. Doch eine mögliche Lösung des Problems scheint in weiter Ferne zu liegen.

Ramsau bei Berchtesgaden - Eine der größten Alpenvereinshütten des Deutschen Alpenvereins (DAV) steht vor massiven Problemen: Am Watzmannhaus wird das Wasser knapp, sagt Pächter Bruno Verst. Der 72-Jährige ist seit vielen Jahren am Watzmann. „Kein Wasser bedeutet, dass wir die Hütte irgendwann schließen müssen”, sagt auch Thomas Gesell, Ressortleiter Hütten bei der DAV Sektion München. Abhilfe könnte eine millionenschwere Wasserleitung schaffen.

120 Kubikmeter Wasser fassen die Hochbehälter des Watzmannhauses. Gespeist werden diese von einer Quelle, zudem von Regen- und Schmelzwasser. „Wir hatten schon so manche Dürreperiode”, weiß Bruno Verst. Es ist seine letzte Woche auf dem Watzmannhaus vor der Schließung. In der kommenden Saison wird Sohn Paul übernehmen. Der 22-Jährige tritt in die Fußstapfen des Vaters als Hüttenwirt-Nachfolger. 

Der Niederschlag im Winter habe deutlich abgenommen, sagt Verst senior. Der Hauspächter muss es wissen. Er betreibt das Watzmannhaus seit einem Vierteljahrhundert. Im Frühjahr hatte er noch Bammel, weil der Schnee nach oben weggetaut war. „Es hat zwei Monate gedauert, bis unser Hochspeicher voll war”, sagt er. 

Schließung „nur eine Frage der Zeit“

Auch beim DAV weiß man über die Wasserproblematik Bescheid: Thomas Gesell sagt: „Das Thema Wassermangel spüren wir in den Alpen mittlerweile sehr stark.” Für ihn ist klar: Es sei “nur eine Frage der Zeit”, bis das Watzmannhaus geschlossen werde. „Klar könnte man meinen: Die Hütte bleibt dann einfach zu, es gibt ja schlimmere Dinge auf der Welt.” Dennoch bleibt die Frage: Was geschieht dann? DAV-Mann Gesell betont die Risiken einer möglichen Schließung. Die Corona-Pandemie habe deutlich gezeigt, was passiert: „Die Leute würden dann trotzdem die Watzmannüberschreitung gehen.” Wildes Zelten, Müllentsorgung auf freiem Gelände: „Langfristig könnte das zu größeren Gefahren führen.”

Seit langer Zeit achtet man im Watzmannhaus auf den Wasserverbrauch. Gäste werden darauf hingewiesen, sparsam im Umgang zu bleiben. Aus den Wasserhähnen strömt nur eine reduzierte Menge. „Die Ansprüche der Gäste haben sich im Laufe der Jahre geändert”, weiß Bruno Verst. Früher habe man auf dem Berg ein paar Tage Katzenwäsche betrieben und auf die Dusche verzichtet. “Heute verlangen die Leute nach einer Dusche.” 

Der Hochbehälter vor 25 Jahren fasste nur 40 Kubikmeter. Damals reichte das. Heute sind es 120 - eine Verdreifachung. Zudem kommt: “Richtige Schneefelder gibt es da oben nicht mehr. Wenn es nicht richtig regnet, haben wir ein Problem”, sagt Thomas Gesell. 

Das Watzmannhaus bietet mittlerweile 200 Übernachtungsplätze. In der Hauptsaison ist die Nachfrage groß, die Plätze sind rar. Der DAV zählt laut Thomas Gesell zwischen 10000 und 12000 Übernachtungen pro Jahr. Mehr Leute bedeutet auch mehr Wasser. 

Tatsächlich bietet sich mit dem Ausbau des Bundespolizeitrainingszentrums auf der Kührointalm eine Chance, die man beim DAV nicht ungenutzt lassen möchte. Das Trainingszentrum befindet sich am Fuße des Watzmanns auf 1420 Metern. „Wir könnten den geplanten Ausbau samt der Verlegung von Leitungen nutzen und diesen bis zum Watzmannhaus weiterführen”, sagt Thomas Gesell. Das Watzmannhaus wäre dadurch mit Wasser, Abwasser, zudem Strom und Glasfaser versorgt. Eine PV-Anlage gibt es bereits seit 2019. An Planung und Projektierung wurde im Hintergrund bereits getüftelt. Die Trassen seien analysiert, Artenschutz- und Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht. Dennoch liegt eine Umsetzung in weiter Ferne, schätzt Hüttenwirt Bruno Verst. Er geht davon aus, dass eine Leitung zum Watzmannhaus mindestens zehn Jahre in Anspruch nimmt, „allein durch die vielen Einsprüche”.    

Eine solche Leitung müsste teils im Forstweg verlegt, teils oberirdisch im freien Gelände und über dem blanken Fels verschraubt werden. Die Maßnahme würde eine große Summe verschlingen. Fast sechs Millionen Euro, so der DAV-Mann. „Es geht dabei nicht um die wirtschaftliche Rentabilität, sondern um unsere Standortsicherung am Watzmann”, betont Thomas Gesell. Versorgungsflüge von Wasser per Hubschrauber? „Das wäre gruselig in einem Nationalpark.”   

Bund Naturschutz gegen Bau einer Wasserleitung

Realität ist: Das Areal ist für solch eine Planung weitestgehend ungeeignet. Denn die Maßnahme würde mitten im Nationalpark realisiert werden. Die Leitung wäre dann zwar kaum sichtbar, so die Einschätzung von Thomas Gesell. Den Bund Naturschutz interessieren solche Annahmen aber nur wenig. Dort ist man bereits informiert und zeigt sich wenig begeistert von den alpinen Visionen. „Wir haben dort die Kernzone des Nationalparks”, sagt Rita Poser, Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz im Berchtesgadener Land, auf telefonische Nachfrage. „Wir lehnen die Zerstörung von solchen Lebensräumen ab.” Sie sagt: Man tue gerade so, „als könnten wir im Klimawandel mit immer mehr Technik dem allgemeinen Wassermangel entgegenwirken.” Klar ist auch: Sollte sich das Vorhaben konkretisieren, sind die Naturschützer nicht abgeneigt, den Klageweg in einzulegen. 

Dass ein Projekt wie dieses umstritten ist, mag der beim DAV für Hütten und Wege zuständige Thomas Gesell gar nicht erst abstreiten. Doch die Zeit drängt. Ein Watzmann ohne Watzmannhaus wäre eine schlechte Ausgangslage. Das Haus ist eine der größten DAV-Hütten überhaupt, vergleichbar groß mit dem Kärlingerhaus oder einigen Unterkünften im Allgäu. Für den alpinen Tourismus wäre eine etwaige Schließung zudem ein katastrophaler Rückschritt - verbunden mit nicht absehbaren Folgen. Denn Besucher, die auf das Hocheck wollen oder die Überschreitung des 2713 Meter hohen Berges wagen, wird es auch weiterhin geben. Seit Jahren steigt die Zahl derer, die die Natur live erleben wollen. Die Bergwelt am Watzmann braucht eine Berghütte mit Wasseranschluss, ist Thomas Gesell überzeugt. 

Für Bruno Verst war es die letzte Saison am Watzmannhaus. Sein Sohn wird übernehmen. Der 72-Jährige sagt: „Eine Leitung ist das Einzige, das Sinn ergibt.” Zum Saisonschluss wird er, wie jedes Jahr, die Kläranlage entleeren. Zum letzten Mal macht er das vor dem Winter. Rund 20 Kubikmeter Material wird ausgeleitet - in die freie Natur.

kp 

Kommentare