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Grenzgängerin zwischen Bayern und Salzburg

Europas heilige Schlange breitet sich entlang der Salzach aus - aber warum kaum im BGL?

Peter Kaufmann und Rupert Eckkrammer vom Haus der Natur mit einer Äskulapnatter
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Peter Kaufmann, Herpetologe im Haus der Natur, und sein Kollege Rupert Eckkrammer präsentieren eine Äskulapnatter aus dem Reptilienzoo.

Die Äskulapnatter breitet sich aus. Man findet sie von Passau über Burghausen bis Salzburg und von dort weiter bis Golling. Nur im Reichenhaller Becken und dem Berchtesgadener Talkessel sind Sichtungen kaum dokumentiert. Woran liegt das?

Bad Reichenhall/Salzburg – Vor 30 Jahren fanden die ersten dokumentierten Sichtungen von Äskulapnattern im Landkreis Berchtesgadener Land statt. Während im angrenzenden Salzburg bis zum Pass Lueg regelmäßige Beobachtungen dieser Art gemacht werden, sind Sichtungen auf der bayerischen Seite jedoch selten. Im Reichenhaller Becken wurde lediglich eine ältere Sichtung vermerkt, im Berchtesgadener Talkessel liegt seit 1995 auch nur ein einziger Hinweis aus Schönau am Königssee vor. Um das Wissen über die Verbreitung der Äskulapnatter im Landkreis zu vertiefen, ruft die untere Naturschutzbehörde am Landratsamt dazu auf, Beobachtungen zu melden.

„Die Erwartung an den Meldeaufruf ist im Idealfall, neue Nachweise zu bekommen und Datenlücken zu schließen“, heißt es von Seiten des Landratsamtes auf Anfrage von BGLand24.de. „In den vergangenen Jahren hat die untere Naturschutzbehörde gute Erfahrungen mit Meldeaufrufen gemacht. Viele Menschen, die Zeit in der Natur verbringen, machen dabei interessante Beobachtungen.“

Ganz nah dran beim Haus der Natur

Wenn man mehr über die Schlange erfahren möchte, ist man im Haus der Natur in Salzburg richtig. Der dortige Reptilienzoo beherbergt ein sehr schönes Exemplar. Obwohl der Zoo wegen Umbaus derzeit geschlossen ist und sich die Tiere in Quarantäne befinden, haben wir Gelegenheit, uns die elegante Schlange auf der Terrasse anzusehen und sogar zu streicheln.

Peter Kaufmann mit der Äskulapnatter aus dem Reptilienzoo.

Die Äskulapnatter, eine kräftig gebaute Schlange, erreicht normalerweise eine Länge von 1,40 bis 1,60 Metern, kann aber bis zu zwei Meter lang werden und ist somit die längste Schlange in Deutschland. Ihr Körper hat eine Grundfärbung von olivgrün bis grauschwarz, oft mit glatten, glänzenden Oberflächen. Weiße Ränder an vielen Schuppen erzeugen eine helle Längsstreifenoptik. Der Bauch ist hellgelb bis weißlich gefärbt. Der Kopf ist leicht vom Rumpf abgesetzt und normalerweise ungemustert. Die mittelgroßen Augen haben runde Pupillen. Der Kopf weist acht Oberlippenschilde sowie einen Voraugenschild auf. Sie frisst gerne kleine Säugetiere und Vögel und ist ungiftig.

Jungtiere ähneln Ringelnattern

Mithilfe von Fotos kann man Sichtungen genau bestimmen, daher ist es wichtig, immer Bilder bei Meldungen mitzuschicken. Junge Äskulapnattern werden häufig mit Ringelnattern verwechselt, weiß Peter Kaufmann vom Haus der Natur. Kaufmann ist Herpetologe, das heißt er beschäftigt sich mit Reptilien und Amphibien. „Wir haben oft Meldungen, dass angeblich eine Äskulapnatter gesichtet wurde und es dann doch eine Ringelnatter war. Die Ringelnatter hat ganz spezifische helle Flecken am Hinterkopf. Junge Äskulapnattern haben das auch. Da gehen die Flecken aber eher ins Gelbliche. Zudem hat die Ringelnatter ein Klaviermuster am Bauch, die Äskulapnatter hingegen ist am Bauch leuchtend gelb.“

Der Kopf einer adulten Äskulapnatter (links) unterscheidet sich von dem eines Jungtieres (rechts). Junge Äskulapnattern werden wegen der hellen Flecken am Hinterkopf häufig mit Ringelnattern verwechselt.

Datenbank gibt Aufschluss über Habitate

Im Haus der Natur leitet Kaufmann die ehrenamtliche herpetologische Arbeitsgemeinschaft, die sich mit dem Schutz und der Verbreitung der heimischen Reptilien und Amphibien auseinandersetzt. Ein wesentlicher Punkt der Arbeit ist die Kartierung der Schlangen, Eidechsen, Molche und Frösche, die in der Region beheimatet sind. „Diese Daten speichern wir in der Biodiversitätsdatenband. Das ist mittlerweile einer der größten europäischen Datenbanken. Die Daten sind eine ganz wichtige Grundlage für die Forschung“, so Kaufmann. Zum einen gehe es darum festzustellen, wo genau Arten vorkommen, zum anderen seien Reptilien und Amphibien geschützt. „Wenn irgendwo ein Eingriff geplant ist und jemand etwas bauen möchte, schaut man, ob in der Nähe ein Habitat bekannt ist. Wenn ja, müssen entsprechende Maßnahmen gesetzt werden oder man muss sogar eine andere Stelle zum Bauen suchen.“

Ähnlich im Berchtesgadener Land: Hier fließen die Daten in die offizielle Datenbank „KarlaNatur“ der Naturschutzverwaltung. Das Erheben von Daten ist laut Naturschutzbehörde „die wichtigste Grundlage für die Naturschutzarbeit“, insbesondere für das Schutzgebietsmanagement.

Ein weiterer Aspekt der Erfassung: Anhand der gemeldeten Daten kann man auch herausfinden, wie Arten auf den Klimawandel reagieren. „Das ist besonders bei den Reptilien spannend, denn es wird wärmer und die Tiere breiten sich bei uns ein bisschen aus. Wir haben neue Arten, die bei uns einwandern wie die Mauereidechse. Die kommt hauptsächlich südlich der Alpen vor und hat es jetzt über die Alpen geschafft. Die ist mit der Eisenbahn gefahren und breitet sich an den Güterbahnhöfen aus. Bei Reptilien ist die Temperatur ein limitierender Faktor, die brauchen Versteckmöglichkeiten und Eiablageplätze“, erklärt der Herpetologe.

Wie die Äskulapnatter in die Region kam

Das Vorkommen der Äskulapnatter im bayerischen Grenzbereich ist einer von wenigen in ganz Deutschland. „Die Äskulapnatter ist eine in Deutschland sehr seltene und nur sehr lokal verbreitete Art. Gewissermaßen ein herpetologisches Highlight unserer Region, das dementsprechend besondere Aufmerksamkeit verdient“, äußert das Landratsamt. Sonst gibt es sie nur am Rhein bei Wiesbaden. Kaufmann hält dies für ein altes Reliktvorkommen. Entweder handle es sich um ein eiszeitliches Überdauungsgebiet oder sie sei dort in der Antike eingeschleppt worden. Somit ist die Äskulapnatter eine der seltensten Schlangen Deutschlands.

Die Äskulapnatter ist eine Art, die im Verbreitungsraum – wohl auch aufgrund des Klimawandels – ein bisschen Vorstöße macht. Sie ist nach der Eiszeit aus Südeuropa wieder zurück nach Norden gewandert, hat dabei den Ostrand der Alpen über das Wiener Becken überquert und die Donau, den Inn und schließlich die Salzach besiedelt. „Sie ist ein Grenzgänger zwischen Bayern, Salzburg und Oberösterreich“, sagt Kaufmann. Anschaulich wird die Verbreitung auf der Karte des Netzwerks Global Biodiversity Information Facility (GBIF), in dem mehrere Datenbanken zusammenlaufen.

Von Passau über Burghausen bis Freilassing und Salzburg gibt es Vorkommen und von dort dann bis Golling. Südlich vom Pass Lueg spricht Kaufmann von „fraglichen Einzelmeldungen“. Auf der Karte sieht man deutlich, dass es einige Verbreitungslücken gibt, wo Daten fehlen, nämlich im Reichenhaller Becken und dem Berchtesgadener Talkessel. - Daher auch der Aufruf von der unteren Naturschutzbehörde, dass man Beobachtungen melden soll. Ob es einfach nur keine Sichtungen der Äskulapnatter in diesen Bereichen gibt oder ob sie tatsächlich dort nicht vorkommt, ließe sich derzeit nicht genau sagen, meint Kaufmann. „Spannend wäre es zum Beispiel entlang der Saalach, da wären südexponierte Böschungen und Auwaldbereiche, die vielleicht gerade erst besiedelt werden.“

Gründe für die Verbreitungslücken in Bad Reichenhall und Berchtesgaden

Das Vorkommen der Äskulapnatter an der Salzach und insbesondere im Reichenhaller Becken und im Berchtesgadener Talkessel sei eine typische Arealrand-Population, so das Landratsamt. „An den Rändern des Verbreitungsgebietes sind die Bedingungen nicht mehr ganz Ideal für die Art. Darum sind bestimmte Schwankungen hier typisch. Insgesamt profitiert die Äskulapnatter jedoch von milderen Wintern und kommt gut mit Hitze- und Trockenheitsereignissen, wie sie in den vergangenen Jahren verstärkt auftraten, zurecht. Sie ist also bei uns ein klassischer Klimawandelprofiteur.“ Daher läge die Vermutung nahe, dass sich die Art aktuell in den Alpentälern des Landkreises ausbreitet.

Bisher scheint sich jedoch die These zu bestätigen, dass die Schlange tatsächlich nur sehr selten bei uns vorkommt. „Leider konnte der Meldeaufruf die Datenlücken bisher nicht schließen. Es wurden zwar einige Beobachtungen gemeldet, jedoch nur aus Gebieten, aus denen die Vorkommen schon bisher bekannt waren, wenn auch die letzten Beobachtungen teils mehrere Jahre zurück lagen. Die Vermutung liegt dementsprechend nahe, dass im südlichen Landkreis momentan keine oder nur sehr kleine, unauffällige Teilpopulationen bestehen.“

Elegant schlängelt sich das Exemplar um die Hand von Rupert Eckkrammer vom Haus der Natur. In freier Wildbahn sollte man die Schlange jedoch nicht anfassen, denn auch wenn sie nicht giftig ist, kann sie gelegentlich zuschnappen.

Wie geht man bei einer Sichtung vor?

Die Äskulapnatter findet man häufig in Auwäldern in südexponierten Lagen. Man trifft den exzellenten Kletterer auch auf Bäumen und sehr häufig in Holzstößen an. „Die Folien darauf sind die Hotspots bei den Herpetologen. Wenn wir so einen Holzstapel sehen, dann wird sofort unter der Folie nachgeschaut, ob eine Schlange darunter liegt“, erklärt Kaufmann.

Viele Menschen wissen jedoch nicht, an welche Stelle sie sich wenden können, wenn sie ein unbekanntes oder seltenes Tier wie die Äskulapnatter gesichtet haben. Ansprechpartner ist im Berchtesgadener Land die untere Naturschutzbehörde. Diese empfiehlt folgende Vorgehensweise:

  • Grundsätzlich gilt: Alle Schlangenarten sind streng geschützt. Man darf sie weder fangen noch verletzen noch töten. Ihre Ruhe- und Fortpflanzungsstätten dürfen nicht zerstört werden.
  • Vor Schlangen im Garten braucht man in der Regel keine Angst zu haben. Die giftige Kreuzotter taucht dort extrem selten auf. Man findet sie höchstens in Berggebieten oder an Mooren. Ringel-, Schling- und Äskulapnattern hingegen sind gute Helfer bei der Begrenzung von Wühlmauspopulationen in Gärten.
  • Im Falle einer Sichtung sollte man sich im Idealfall über die seltene Begegnung freuen und versuchen, das Tier nicht zu stören. Entdeckt man im Komposthaufen ein Nest, sollte man dieses einfach wieder zudecken.
  • Falls man eine Äskulapnatter beim Sonnen auf einer Straße antrifft, kann man Sie behutsam ins angrenzende Gebüsch scheuchen, damit sie nicht überfahren wird.
  • Eine Schlange gerät für gewöhnlich nur unbeabsichtigt in ein Haus. Lässt man ihr einen Fluchtweg offen und wartet etwas, wird sie in den meisten Fällen von allein wieder verschwinden. 
  • Fotos sind immer zur genauen Bestimmung hilfreich. Ebenso die GPS-Daten, um die Beobachtung exakt verorten zu können. Auch das Datum sollte man sich notieren.
  • Hinweise nimmt der Biodiversitätsberater des Landkreises, Henrik Klar, per E-Mail an naturschutz@lra-bgl.de oder telefonisch unter 08651 773-847 gerne entgegen.

Wer lieber digital unterwegs ist, kann eine Plattform mit App nutzen

Sowohl das Haus der Natur als auch die Naturschutzbehörde nutzen und empfehlen die Plattform Observation.org. Diese bietet auch die App Obsidentify an, über die man Meldungen machen kann. „Auch für versiertere Melder ist die Plattform eine tolle Möglichkeit, die eigenen Beobachtungen übersichtlich zu verwalten. Die Daten werden regelmäßig ins GBIF übertragen und stehen so der Wissenschaft und Naturschutzarbeit zur Verfügung“, so die Naturschutzbehörde. Eine direkte Schnittstelle zur Datenbank der Bayerischen Naturschutzverwaltung bestehe jedoch (noch) nicht. Erfahrene Beobachter können sich zudem einen Zugang zur Karla.Natur Datenbank anlegen. Besondere Beobachtungen dürfen jedoch auch weiterhin direkt an naturschutz@lra-bgl.de gemeldet werden.

mf

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