„Aussagen, die nicht der Realität entsprechen“
Von wegen „Witzplan“: Landratsamt weist Vorwürfe aus Schönau zum Katastrophenschutz deutlich zurück
Mit seinen Aussagen zum Katastrophenschutzplan des Landkreises hat der Ordnungsamtleiter der Gemeinde Schönau am Königsee für Aufsehen gesorgt. Das Landratsamt will die Vorwürfe und Zitate nicht so stehen lassen, denn: „Sie entsprechen nicht der Wahrheit“. Wie diese Einschätzung zustande kommt, kann die Behörde nicht nachvollziehen. In einer Gegendarstellung reagiert die Behörde auf die Kritik und entkräftet diese.
Bad Reichenhall/Schönau am Königsee - Mit einer großangelegten Übung bereitete sich die Gemeinde im März auf einen sogenannten „Blackout“ vor. Im Rahmen des aufwendigen Testtages, bei dem ein großflächiger Stromausfall simuliert wurde, äußerte der Leiter des Ordnungsamtes Kritk am Katastrophenschutzplan des Landkreises und bezeichnete diesen als „Witzplan“. Nicht nur diese Aussage stößt im Landratsamt auf wenig Gegenliebe, wie die Behörde nun in einer ausführlichen Stellungnahme klarmacht.
„Die Verwaltung begrüßt es ausdrücklich, dass die Städte, Märkte und Gemeinden in eigener Zuständigkeit Übungen zum Katastrophenschutz durchführen“, fängt die Gegendarstellung an. Diese Tests seien darauf ausgerichtet, das Leistungspotenzial der Kommunen abzufragen und zu steigern, um dadurch besser auf mögliche Katastrophenszenarien vorbereitet zu sein.
Musterbeispiel für andere Landkreise
Bereits 2013 sei erstmals auf Landkreisebene ein Katastrophenschutzplan „Stromausfall“ erarbeitet worden - zur damaligen Zeit laut dem Landratsamt neuartig in Oberbayern. Andere Landkreise hätten diesen als Mustervorlage herangezogen. Der Plan entstand insbesondere in Zusammenarbeit mit der Kreisbrandinspektion und anderen Hilfsorganisationen wie BRK, Malteser Hilfsdienst und THW. Er wurde laufend auf dessen Aktualität überprüft und weiterentwickelt.
Auf Ebene der vier Landkreise Berchtesgadener Land, Altötting, Mühldorf und Traunstein, die alle zur Integrierten Leitstelle (ILS) Traunstein gehören, wurden Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten gegründet. Dadurch sollte eine zielgerichtetere Hilfeleistung im Notfall unter den vier Landkreisen ermöglicht werden - anhand von vergleichbaren Plänen, die trotzdem landkreisspezifischen Gegebenheiten (zum Beispiel geografische Lage) berücksichtigen. Als Grundlage dienten unter anderem die Ergebnisse der in der Vergangenheit durchgeführten KIA (Kommunale-Impact-Analyse).
Aus aktuellem Anlass den Plan aktualisiert
„Insbesondere in den vergangenen eineinhalb Jahren wurde vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine intensiv an der Weiterentwicklung des Planes gearbeitet, da die Wahrscheinlichkeit eines länger andauernden und großflächigen Stromausfalls (Blackout) gestiegen ist“, heißt es in dem Statement weiter.
Zur Aussage, dass die „Katastrophen von oben viel zu wenig durchdacht“ sind und „Bürger jeder Gemeinde einen zentralen SOS-Notrufpunkt brauchen“, erklärt das Landratsamt: „In den Kommunen des Landkreises wurden, im Rahmen vorbereitender Maßnahmen für den Eintritt eines möglichen Blackout-Szenarios, die Grundlagen für eine, mit dem Landkreis kompatible, gemeindeinterne Kommunikation geschaffen.“ Außerdem wurden in alle Kommunen, nach Vorgabe des Kreises, sogenannte „SOS-Punkte“ und/oder „Leuchttürme“ realisiert.
Was sind „SOS-Punkte“ und „Leuchttürme“?
Ein „SOS-Punkt“ dient dem Landratsamt zufolge in erster Linie dazu, der Bevölkerung die Absetzung eines Notrufs zu ermöglichen, wenn keine Telekommunikation (z.B. via Telefon/Handy) mehr funktioniert. Er soll auch wichtige Informationen an die Bürger vermitteln. Ein „Leuchtturm“ hingegen soll bestimmte, definierte Funktionen erfüllen, unter anderem einen 24/7-Betrieb gewährleisten, Notstromversorgung vorhalten, sanitätsdienstliche Notversorgung, Notunterkunft, Notversorgung mit Verpflegung anbieten und, je nach Leistungsfähigkeit der Kommune, auch weitere Leistungen. „Ein SOS-Punkt ist sozusagen ein stark reduzierter Leuchtturm, um abgelegene Gebiete einer Kommune an die jeweilige kommunale Führungsstelle anzuschließen und eine Notrufmöglichkeit für die Bevölkerung sicherzustellen.“
Jede Stadt, jeder Markt und jede Gemeinde entscheidet eigenverantwortlich, wie viele Leuchttürme und/oder SOS-Punkte sie betreiben will und kann. Der Unteren Katastrophenschutzbehörde im Landratsamt sind die Standorte der Leuchttürme und SOS-Punkte in den Kommunen bekannt. Jeder Kommune wird von Seiten des Landratsamts dringend empfohlen, im Katastrophenfall mindestens einen Leuchtturm in ihrem Verwaltungsgebiet auszuweisen und zu betreiben.
„Starkes Engagement nicht nur in Schönau am Königsee zu erkennen“
„Die Planungen gehen daher schon über theoretische Planspiele hinaus und werden keinesfalls zu wenig durchdacht“, so das Landratsamt. Dabei sei nicht nur in der Gemeinde Schönau am Königsee ein „starkes Engagement“ zu erkennen.
Weiterer Bestandteil der Kritik des Ordnungsamtsleiters war das Thema Kommunikation und das Stichwort Satellitentelefon. Dazu teilt die Kreisverwaltung mit: „Im Rahmen der Weiterentwicklung des Katastrophenschutzplans Stromausfall wurde unter anderem festgestellt, dass es bei einem möglichen Blackout essenziell ist, die Kommunikation aufrechtzuerhalten. Der Landkreis und die Kommunen haben daher gemeinsam die Notfall-Kommunikation untereinander und zur ILS Traunstein, im Verbund mit den vier Landkreisen, einheitlich geregelt.“
Übungen kosten nicht nur Geld, sondern auch ehrenamtliche Zeit
Das bedeutete zum Beispiel, dass auch bei einem „Blackout“ eine Notrufannahme an einem „SOS-Punkt“ oder einem „Leuchtturm“ in der Kommune und die Weiterleitung an die Einsatzkräfte gesichert sei. Die vom Landkreis beschafften Geräte zur Satelliten-Telefonie dienen zur Kommunikation der Unteren Katastrophenschutzbehörde im Landratsamt mit den Abschnittsführungsstellen und den kommunalen Führungsstellen.
Jede Katastrophenschutzübung stellt auch eine zusätzliche Belastung für die ehrenamtlichen Einsatzkräfte dar.
Die Kosten variieren je nach Katastrophenschutzplan und werden vom Landkreis getragen. Die Verwaltung verweist nicht nur auf den finanziellen Aspekt bei der Erstellung und bei den Übungen, in dem sie erklärt: „Jede Katastrophenschutzübung stellt auch eine zusätzliche Belastung für die ehrenamtlichen Einsatzkräfte dar.“ Das Landratsamt als Untere Katastrophenschutzbehörde setze regelmäßig Übungen an, in denen verschiedene Szenarien geübt werden. In größeren zeitlichen Abständen fänden auch Übungen statt, an denen größere Einheiten der im Katastrophenschutz mitwirkenden Einsatzorganisationen teilnehmen.
Leiter verfügt über Fachwissen
Es sei richtig, dass der Leiter des Ordnungsamtes der Gemeinde Schönau am Königssee vor seiner jetzigen beruflichen Aufgabe lange Zeit im Landratsamt Berchtesgadener Land im Katastrophenschutz mit eingebunden war und daher über entsprechendes Fachwissen verfüge. „Gleichfalls muss in diesem Zusammenhang aber auch festgehalten werden, dass die Weiterentwicklung des Katastrophenschutzplanes über die vergangenen eineinhalb Jahre vom aktuellen Leiter des Ordnungsamtes nicht aktiv begleitet wurde, da dieser vorher aus dem Arbeitsverhältnis beim Landratsamt ausgeschieden ist.“
Allgemein sollte es allen Beteiligten ein Anliegen sein, „die Bevölkerung in so einem sensiblen Themenbereich nicht zu verunsichern“, erklärt die Kreisverwaltung in ihrem Statement. Einfache Aussagen wie „der Katastrophenschutzplan des Landkreises ist aktuell ein Witzplan“, die dazu auch noch irreführend seien, würden mit Sicherheit nicht dazu beitragen. Die kreisangehörige Bevölkerung dürfe davon ausgehen, dass die Landkreisverwaltung, zusammen mit verschiedenen Akteuren wie Kommunen und Hilfsorganisationen mit Nachdruck daran arbeite, kritische Infrastruktur für den Ernstfall vorzubereiten. „Nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis.“