Liebesakt mit Hakenkreuz und Hitlergruß
Nazi-Posts kosten Berchtesgadener Soldat die Karriere: Jetzt folgt das Nachspiel vor Gericht
Ein ehemaliger Soldat verbreitete NS-Memes und verlor daraufhin seinen Job bei der Bundeswehr. Er zeigt sich reuig, doch die Konsequenzen seiner Taten sind schwerwiegend.
Berchtesgaden/Laufen – Der heute 36-jährige Berchtesgadener war Soldat bei der Bundeswehr. Und Mitglied zweier Chatgruppen. Doch deren „Schwarzer Humor ohne Grenzen“ beendete seine Militärkarriere abrupt. Mehr als 70 teilweise menschenverachtende Sticker und Mems mit nationalsozialistischem Hintergrund waren über sein Mobiltelefon gelaufen. Im Laufener Gerichtsaal gab sich der Mann reuig und einsichtig. So richtig erklären konnte er sich die Taten nicht.
Losgegangen soll es mit „harmlosen Bildern“ sein. „Dann kamen andere dazu. Ich hab das unterschätzt“, gestand der Angeklagte. Einige Beispiele: Ein Paar beim Geschlechtsverkehr, mit Hakenkreuz-Tattoo und Hitlergruß, der „Führer“ als Heiligenbild, das Bild eines Leichenbergs mit dem Kommentar: „Nur Dreck hier.“ Des weiteren Hitler mit der Bemerkung „…ich hab den Ofen angelassen.“ Ein Bild von Anne Frank auf einer Pizzaverpackung mit der Unterschrift: „Die Ofenfrische.“ Des Weiteren das Bild einer Aschewolke mit dem Text: „Ein jüdisches Familienfoto“, und anderer Geschmacklosigkeiten mehr.
Bundeswehrsoldat postet zum Teil menschenverachtende Beiträge
Von einem Freund sei er der Gruppe „hinzugefügt“ worden, schilderte der Ex-Soldat. Persönlich kenne er sonst niemanden der Teilnehmer. Anders bei der zweiten Chat-Mannschaft: „Freunde, mit denen man sich gelegentlich verabredet.“ Ob er sich keine Gedanken mache, wenn es beim Bild eines Maschinengewehrs heiße, es „lehnt bis zu 1800 Asylanträge pro Minute ab.“ – „Es sollte einfach lustig ein“, so seine Antwort. Aber doch die Einsicht: „Irgendwo hört der Humor auf.“ Dass Hakenkreuz und Hitlerbilder als Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verboten sind, sei ihm schon bewusst gewesen.
„Seit Jahren ist dieses Thema auch in ihren Berufskreisen in den Medien“, wandte sich Rechtsreferendar Yannick Schneider an den 36-Jährigen, „gab’s da nie den Gedanken: ‚ich gehör’ dazu?‘“ Die Antwort: „Ich hab das unterschätzt.“ Über Ermittlungen in solchen Kreisen waren Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei auf den Angeklagten gekommen. Die Kriminalhauptkommissarin sprach von einem „Massenprodukt“, das ständig auftauche. Dergleichen sei „üblich in dem Milieu.“ Das griff Rechtsanwalt Hans-Jörg Schwarzer auf: „Sie haben schon schlimmere Sachen gesehen?“ – „Ja.“
Der Berchtesgadener hat fünf Vorstrafen: Fahren ohne Fahrerlaubnis mit Urkundenfälschung, zweimal Diebstahl, Widerstand, Beleidigung und Bedrohung sowie fahrlässige Körperverletzung. Die Folgen der angeklagten Taten waren gravierend. „Der Militärische Abschirmdienst hat mich fast sieben Stunden verhört. Das war psychisch extrem“, schilderte er. Vom Dienst entlassen, die Dienstgrade aberkannt und fristlos entlassen. Daneben hatte er 800 Euro Disziplinarstrafe zu zahlen. Auch privat habe es „richtig Ärger gegeben“, wie es Verteidiger Schwarzer formulierte.
Rechtsreferendar Schneider sagte es deutlich: „Eine humoristische Aufarbeitung dieser Geschichte ist nicht angesagt.“ Bei dem Ausmaß könne auch keiner sagen, es sei ihm nicht bewusst gewesen. Die eineinhalb Jahre wollte der Vertreter der Staatsanwaltschaft zur Bewährung aussetzen. Verteidiger Schwarzer würdigte das „ausgewogene Plädoyer“ und verwies auf die massiven Folgen für seinen Mandanten. „Wir haben alle gesehen, dass er den Tränen nahe war.“ Ein Jahr auf Bewährung sei deshalb ausreichend, weitere Auflagen nicht nötig.
„Sie haben geschworen, Land und Werte zu verteidigen.“
Richterin Ann Kathrin Dolge erinnerte den Mann an einen wichtigen Jahrestag: „Wir feiern heuer 75 Jahre Grundgesetz.“ Als Bundeswehrsoldat sei man Grundrechten und Werten in besonderem Maße verpflichtet. „Sie haben geschworen, Land und Werte zu verteidigen.“ Die Vorsitzende sprach Einzelstrafen zwischen 60 Tagessätzen und sechs Monaten aus für insgesamt 80 Fälle der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisatoren, Volksverhetzung in 14 Fällen und zweimaliger Gewaltdarstellung. Die Gesamtstrafe: Eineinhalb Jahre und eine dreijährige Bewährung. Daneben hat der Verurteilte 200 Euro an das Misereor Hilfswerk zu zahlen. (hhö)