Verhandlung am Amtsgericht Laufen
„Kinder verschicken Schlimmeres“ - Freilassinger will Hitler-Bild und Volksverhetzung rechtfertigen
Gut vier Jahre ist die Sache inzwischen her. Jetzt holte den 42-jährigen Freilassinger dieser „saudumme Fehler“ aus Pandemiezeiten ein. In der Chatgruppe seiner Firma hatte er ein Bild Adolfs Hitler gepostet mit der Zeile „Guter Junge“. Damit nicht genug: das Bild eines dunkelhäutigen Mädchens war untertitelt mit: „Hab‘ ich hier Baumwolle gehört?“ Wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung sollte der Angestellte 6.500 Euro zahlen.
Laufen/Freilassing - „Das ist schon eine Hausnummer“, kommentierte er im Laufener Gerichtssaal die per Strafbefehl verhängte Geldstrafe. Dagegen hatten er und sein Verteidiger Einspruch eingelegt. „Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern“, sagte er, räumte aber ein, nie gedacht zu haben, „dass das so interpretiert werden kann.“ Er sei nicht rechts, kein Neonazi, und er wisse, „dass Kinder weit Schlimmeres herumschicken.“ Immerhin gestand er: „Das ist extrem schlechter Humor.“
Herumgeschickt in einer Firmenchatgruppe mit zwölf Teilnehmern. „Sie haben es nicht mehr in der Hand, wie sich das verbreitet“, meinte Richter Josef Haiker dazu. Den Chatverkehr ausgewertet hatte eine Traunsteiner Kriminalhauptkommissarin. Sie berichtete von „alltäglichen Themen“ unter Kollegen. Doch darunter auch diese beiden Sticker, die seit Jahren in diversen Chats auftauchten.
Der Angeklagte ist nicht vorbestraft und Rechtsreferendar Julian Endlich wollte ih mauch abnehmen, keine Sympathien für Nazi-Ideologie zu hegen. Endlich beantragte 90 Tagessätze à 40 Euro. Auch Verteidiger Florian Georg Eder betonte, dass sein Mandant „damit nichts am Hut hat“. Im Bild des dunklen Mädchens wollte der Anwalt jedoch kein „verächtlich machen oder massives Herabwürdigen“ erkennen, weshalb Eder für diesen Teil Freispruch beantragte.
Das Hitler-Bild bezeichnete er als „wahnsinnig große Dummheit“, die der Angeklagte jedoch erst mit diesem Strafverfahren erkannt habe. Der Verteidiger erachtete hier 30 Tagessätze zu je 40 Euro für ausreichend.
Richter „Wehret den Anfängen“
Der Freilassinger schilderte, dass er sich ehrenamtlich in einem Sportverein mit vielen Nationen engagiere, und er dieses Thema präventiv dort einbringen wolle. „Das Verfahren nimmt mich mit, weil ich das nicht bin“, beteuerte der 42-Jährige. Bei einem Bild Hitlers sei die ständige Rechtsprechung eindeutig, stellte Richter Haiker klar. Doch wie sieht es bei dem Bild des Mädchens aus? „Niemand würde einen solchen Kommentar mit einem hellhäutigen Kind versenden“, ließ Josef Haiker keinen Zweifel am Bezug zu Baumwollfeldern und Sklavenarbeit dunkelhäutiger Menschen.
„Es ist eine Missachtung der schwarzen Bevölkerung.“ Damit würde in einer Zeit, in der Synagogen angegriffen und jüdische Menschen bedroht werden, Ausländerfeindlichkeit schnell gesellschaftlich akzeptiert. Haiker appellierte: „Wehret den Anfängen“.(hhö)
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