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„Hätte halb München in einen Rauschzustand versetzen können“

Mit 60 Kilo Haschisch für 1 Million Euro erwischt – Laufener Schöffengericht setzt klares Zeichen

Das Symbolbild zeigt eine Person, die einen Joint raucht (Symbolbild). Seit dem 1. April 2024 ist der Konsum der Droge Cannabis erlaubt
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Seit dem 1. April 2024 ist der Konsum der Droge Cannabis erlaubt (Symbolbild). Auf die Gefahren von Drogen wird in den Schulen mit verschiedenen Präventionsprojekten hingewiesen. Gibt es hier Änderungen durch die Teil-Legalisierung?

Die Pidinger Grenzpolizei hat zwei Männer mit 60 Kilogramm Haschisch im Gepäck gestoppt. Die Drogen waren in Umzugskartons versteckt und mit Espresso- und Schokomandel-Ummantelung getarnt. Wie das Laufener Schöffengericht vor dem Hintergrund der neuen Gesetzgebung urteilte.

Piding/Laufen – Beeindruckende Zahlen im Laufener Gerichtssaal: 60 Kilogramm Haschisch, 9,5 Kilogramm reines THC, was dem 1268-fachen einer „nicht-geringen-Menge“ entspricht, über 630 000 Konsumeinheiten, der Schwarzmarktwert 1 Million Euro. Im Golf des italienischen Fahrers (22) und seines pakistanischen Beifahrers (34) hatte die Pidinger Grenzpolizei zwei Umzugskartons mit jeweils 30 Kilogramm Haschisch gefunden. Beim Laufener Schöffengericht gab es dafür zweieinhalb Jahre. 

Gegen 5 Uhr früh hatten die Beamten den Golf mit italienischem Kennzeichen auf den Weg nach Süden kurz vor der Ausreise überprüft. Die Packungen waren getarnt mit Espresso- und Schokomandel-Ummantelung. Doch die Beamten schauten genauer hin. Nicht zuletzt, weil die beiden Männer „zunehmend nervöser wurden“, wie ein Ermittler der Kripo Traunstein im Gerichtssaal berichtete. Die Ein-Kilo-Packungen waren eingeschweißt und vakuumiert gewesen. Der Zeuge zweifelte nicht, dass dieser qualitativ hochwertige Stoff „sicher mehrfach gestreckt“ worden wäre, „mit allem, was schwer und braun ist. Zum Beispiel Ziegenmist.“ 

Mit 60 Kilo Haschisch für 1 Million Euro erwischt – Laufener Schöffengericht urteilt

Der 22-jährigen Italiener hat Schulden. Ihm waren 5000 Euro für die Fahrt nach Amsterdam und zurück nach Udine versprochen worden. Doch was war die Rolle des pakistanischen Beifahrers? Der 34-Jährige wollte gegenüber der Polizei erst gar nichts damit zu tun haben, räumte aber dann doch seine Rolle ein, für die er 900 Euro hätte erhalten sollen. Er hielt Kontakt mit dem Auftraggeber Abdula K., der die Fahrt in einem zweiten Fahrzeug begleitet hatte, denn der Pakistani war, anders als der Italiener, des Paschtunischen mächtig.  

Staatsanwalt Nils Wewer wertete den Tatbeitrag der beiden Angeklagten als gleichwertig. „Mit der Menge kann man eine Großstadt versorgen“, so Wewer, der wegen gemeinschaftlicher Einfuhr von Cannabis und Beihilfe zum Handel jeweils drei Jahre und acht Monate beantragte. Beide Verteidiger machten das neue Konsum-Cannabis-Gesetz zum Thema, denn vor dessen Änderung betrug die Mindeststrafe zwei Jahre, nun aber sechs Monate bis fünf Jahre. „Es gibt noch keine überprüfbaren Urteile, um das einzuordnen“, so Katharina Pilsel, weshalb man nicht wie der Staatsanwalt nahe an den „oberen Rand“ gehen dürfe, denn es müsse noch Spielraum für „die ganz schweren Jungs“ bleiben. Für einen naiven Ersttäter wie ihrem italienischen Mandanten, der sich kooperativ gezeigt habe, reiche daher eine Strafe im bewährungsfähigen Bereich, also bis zu zwei Jahren. 

„Mit der Menge kann man eine Großstadt versorgen“

„Der Markt wird momentan überschwemmt“, stellte Rechtsanwalt Jürgen Pirkenseer als Verteidiger des in Italien lebenden Pakistani fest. Der Anwalt verwies auf die Rolle der beiden Angeklagten: „Sie beiden waren Kuriere, nicht mehr und nicht weniger“, waren also nur „kleine Rädchen im Handel.“ Daneben müsse die Aufklärungshilfe seines Mandanten, der Auftraggeber mitsamt Telefonnummer genannt habe, gewürdigt werden. Pirkenseer verglich diesen untypisch offenen Transport mit den häufig raffinierten Fahrzeugverstecken und nicht selten komplizierten Öffnungsmechanismen. Auch er beantragte eine Bewährungsstrafe.

Die Plädoyers der beiden Verteidiger gaben Wewer Anlass, sich noch einmal zu Wort zu melden. „In dem neuen und noch jungen Gesetz geht es um Jugend- und Gesundheitsschutz, und darum, den Schwarzmarkt einzudämmen.“ Welch ein Signal es wäre, die Einfuhr einer solchen Menge mit „Bewährung, passt schon“ abzutun? Wewer sprach von Einfuhr, nicht von „Durchfuhr“, wie es Anwalt Pirkenseer getan hatte. 

Das Schöffengericht urteilte auf zweieinhalb Jahre für jeden. Vorsitzender Martin Forster sah den pakistanischen Beifahrer „vermutlich in der Aufpasserrolle“. Dass den beiden die tatsächliche Menge nicht bekannt war, wollte er den Angeklagten abnehmen. „Doch mit über 600 000 Konsumeinheiten hätte man halb München in einen Rauschzustand versetzen können.“ Der Golf und die teuren Mobiltelefone bleiben eingezogen. Forster stimmte dem Staatsanwalt zu, dass eine Bewährung hier „das falsche Signal“ wäre. Er rechnet damit, dass dieses Verfahren am Landgericht eine Neuauflage erfährt. „Schauen wir, wie man es dort sieht.“ (hhö)

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