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Amtsgericht Altötting verurteilt 73-Jährige in Abwesenheit

Rentnerin wegen sechs Cannabis-Pflanzen verurteilt: Rechtsanwalt hält Verfahren für Skandal

Konstantin Grubwinkler ist Fachanwalt für Strafrecht und sehr häufig mit Cannabis-Fällen beschäftigt.
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Konstantin Grubwinkler ist Fachanwalt für Strafrecht und sehr häufig mit Cannabis-Fällen beschäftigt.

Eine Rentnerin wurde vom Amtsgericht Altötting wegen Cannabisanbaus und Besitzes von Marihuana und Cannabissamen verurteilt. Konstantin Grubwinkler, Fachanwalt für Strafrecht und Experte für das Betäubungsmittelgesetz aus Freilassing, hält das Verfahren für einen Skandal.

Altötting – Am Amtsgericht Altötting wurde eine Rentnerin wegen unerlaubten Anbaus und Besitzes von Cannabis verurteilt. Die 73-jährige Beschuldigte, Maria W., bei der im Juli 2023 sechs Cannabispflanzen sowie kleine Mengen an Marihuana und Samen sichergestellt wurden, blieb der Verhandlung unentschuldigt fern, weswegen ihr Einspruch verworfen werden musste. Die Rentnerin wird nun die Kosten des Verfahrens und wohl auch eine Geldstrafe tragen müssen. Die Angeklagte kann nur noch Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. Rechtsanwalt Konstantin Grubwinkler aus Freilassing hält das Verfahren für einen Skandal.

Neue gesetzliche Lage muss berücksichtigt werden

Maria W. wurde beschuldigt, unerlaubt Betäubungsmittel angebaut und besessen zu haben. „Cannabis fällt aber seit April 2024 nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz. Gericht und Staatsanwaltschaft sind deswegen verpflichtet, das neue Recht anzuwenden“, erklärt Fachanwalt Grubwinkler. Laut Strafbefehl sollen die Pflanzen insgesamt 15,4 Gramm gewogen und einen Wirkstoffgehalt von fünf Prozent enthalten haben. Außerdem seien 1,8 Gramm Marihuana und 0,9 Gramm Cannabissamen sichergestellt worden, welche wiederum 7,5 Prozent Wirkstoff enthielten.

Rechtsanwalt hält Strafbefehl für einen Skandal

Dr. Melanie Rochner, die bei dem angesetzten Verhandlungstermin fünfzehn Minuten vergeblich auf die Rentnerin wartete, konnte die Beschuldigte auch telefonisch nicht erreichen „Es ist schade“, sagte sie. „Nun hätte sie noch eine Gelegenheit gehabt, sich zum Sachverhalt zu äußern.“ Wegen des unentschuldigten Fehlens der Angeklagten wurde der Strafbefehl wirksam und die Rentnerin so wegen des Besitzes und Anbaus von Cannabis verurteilt. Auf sie kommt nun wohl eine Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens zu. Rechtsanwalt Grubwinkler zeigt sich entsetzt von dem Fall, ihm zufolge ist der Strafbefehl ein Skandal. Bezüglich der geringfügigen Menge Marihuana und Samen sei die Rentnerin freizusprechen, das beides nicht strafbar sei.

Verfahren müsste wegen Geringfügigkeit eingestellt werden

Grubwinkler führt zudem aus, dass sechs Cannabispflanzen mit einem Gesamtgewicht von 15,4 Gramm rechtlich als Stecklinge und nicht als vollwertige Pflanzen zu werten seien. „Damit war der Anbau völlig legal“, so der Anwalt. Um sichergehen zu können, müsse man jedoch wissen, wie genau die Stecklinge ausgesehen haben und wo sie aufbewahrt wurden. „Sogar wenn man davon ausgeht, dass hier irgendetwas strafbar gewesen wäre, muss doch jedem klar sein, dass diese Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt werden müssen“, hebt Grubwinkler hervor. Mit dem Cannabisgesetz habe der Gesetzgeber ausdrücklich erlaubt, dass Erwachsene zum Eigenkonsum anbauen dürfen.

„Der Sinn des Gesetzes war, dass der verantwortungsvolle Umgang mit Cannabis erleichtert und der Schwarzmarkt durch privaten Eigenanbau zurückgedrängt werden kann“, betont der Fachanwalt. „Das kann aber nicht funktionieren, wenn die Justiz den Gesetzgeber ignoriert und weiter Prohibition betreibt. Wenn Anbau zu Hause immer mit der Angst verbunden ist, dass die Polizei die Wohnung durchsucht und man angeklagt und verurteilt wird, werden wir den Schwarzmarkt in Deutschland nicht nennenswert zurückdrängen können.“ Dass Polizei und Justiz die Rechtslage seit der Legalisierung vielfach ignorieren, sei laut Grubwinkler eines Rechtsstaates unwürdig: „Ein solcher zeichnet sich hauptsächlich dadurch aus, dass die Justiz an Recht und Gesetz gebunden ist und sich die Rechtslage nicht aussuchen kann“, ist Grubwinkler überzeugt.

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