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Melken, mähen, mahnen

Zwischen Tradition und Herausforderung am Königssee: Georg Feggs Kampf für die Almwirtschaft

Georg Fegg, neuer Bezirksobmann der Almbauern im Berchtesgadener Land – Landwirt, Gemeindebaumeister und leidenschaftlicher Verfechter der Almwirtschaft.
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Georg Fegg, neuer Bezirksobmann der Almbauern im Berchtesgadener Land – Landwirt, Gemeindebaumeister und leidenschaftlicher Verfechter der Almwirtschaft.

Georg Fegg, der neue Bezirksalmbauer im Berchtesgadener Land, steht zwischen Tradition und Herausforderung. Er kämpft für die Zukunft der Almwirtschaft und setzt sich für den Erhalt der Kulturlandschaft ein. Sein Idealismus und sein Verantwortungsbewusstsein sind dabei sein Antrieb.

Schönau am Königssee – Der Weg zu Georg Fegg führt über eine schmale Straße durch dichten Wald. Plötzlich lichtet sich das Gelände, öffnet den Blick auf ein Stück gelebtes Land: Dort liegt das Steinwandlehen, ein Bauernhaus, daneben der moderne Laufstall, im Hintergrund das Panorama des Watzmanns. Auf dem Hof stapft der neue Bezirksalmbauer mit ruhigen Schritten über das Pflaster, Blick geradeaus gerichtet. Zum Dasein als Landwirt gehört viel Idealismus. Der 49-Jährige wirkt wie einer, der nichts beschönigt – und nichts aufschiebt. Aber weiß, was er will. 

Der Hof, das Land, die Tiere – das ist seine Welt, gewachsen über Generationen. Und doch hat sich im Laufe der Jahre einiges verändert. Seit März ist Fegg der neue Bezirksobmann der Almbauern im Berchtesgadener Land. Fünf Jahre war er Stellvertreter, nun ist er derjenige, der vorne steht, der organisiert, vermittelt, kämpft – auf Sitzungen, bei Behördenterminen, auf Festen. Ob er sich das ausgesucht hat? „Es gibt viele, die reden. Aber Verantwortung will kaum einer übernehmen. Unsere Arbeit da oben braucht Zukunft.“ Ihm ist klar: Wenn man etwas bewegen will, muss man auch etwas tun.
Fegg ist Familienvater, er ist 49 Jahre alt, ein Mann mit ruhiger Stimme, tiefem Dialekt und klarem Blick. Einer, der nicht viel Aufhebens macht – und vielleicht gerade deshalb Vertrauen gewinnt. Einer, der weiß, dass hinter der Milch im Regal mehr steckt als ein Preisetikett. „Es geht um Kulturlandschaft. Um Tierwohl. Um Generationen. Und um uns als Bergbauern“, sagt er.

Ob am Traktor, im Stall oder auf der Alm – anpacken muss er nicht nur dort, sondern auch als neuer Obmann der Almbauern.

Seit zwei Monaten ist Fegg der oberste Almbauer im Berchtesgadener Land und somit für mehrere Dutzend anderer Almbauern verantwortlich. Fegg ist in die Rolle als Landwirt hineingeboren. Seine Eltern hatten den Hof. Er betreibt ihn in fünfter Generation. Die Eltern leben mit auf dem Hof, helfen mit. In einer Landwirtschaft geht die Arbeit nicht aus. Der Schönauer ist gelernter Maurer, hat später die Hochbautechnikerschule besucht. Seit diesem Jahr ist er Gemeindebaumeister des Tourismusörtchens Schönau am Königssee. Und was er definitiv auch ist: Idealist. Sein Tag beginnt kurz nach vier. Da klingelt der Wecker. Stallarbeit, Dienst im Rathaus, dann wieder Stall. Er spricht nicht laut, aber mit Nachdruck. „Die Almwirtschaft ist Arbeit und Herausforderung.” 

Georg Fegg als neuer Bezirksobmann der Almbauern und sein Engagement für die Zukunft der Almwirtschaft

Sein Betrieb: 5,5 Hektar Eigenfläche, 17 Hektar mit Pacht. 33 Rinder, 15 davon sind Jungvieh. 2012 entschied sich Fegg mit Ehefrau Agnes dazu, einen Laufstall zu bauen. Der Betrieb ist Naturland-zertifiziert. Die Milch des Hofs landet in den Biomilch-Verpackungen der Pidinger Molkerei. Der Neubau hatte seine Tücken: „Wir haben elf Monate auf die Genehmigung gewartet.” Vorschriften ohne Ende. Die Feggs wollten es richtig machen. Großflächige Fenster bringen Licht in den Stall, ein Auslauf für die Tiere war Pflicht. Heute sagt Fegg: „Wir sind froh, dass wir es damals durchgezogen haben.“ Heutzutage wäre der Stall samt Güllegrube kaum mehr leistbar. 

In wenigen Tagen ziehen Feggs Tiere auf die Alm. Seine Familie ist Teil einer Almgenossenschaft am Schönauer Hausberg, dem 1800 Meter hohen Jenner: 50 Hektar insgesamt, eine Nieder- und eine Hochalm, Vogelhütten- und Mitterkaseralm. Drei Bauern teilen sich die Flächen, jedes Jahr ist ein anderer der Almherr. Warum um den Almauf- und -abtrieb so wenig Aufhebens gemacht wird? „Es geht nicht ums Spektakel. Es geht darum, dass es den Tieren dort oben gut geht.“

Doch der Alltag auf der Alm wird zunehmend rauer, hat Georg Fegg festgestellt. Es sind nicht nur Wetter, Hanglagen oder die Quellen, die im Klimawandel am Berg versiegen. Es ist auch der Umgang der Gesellschaft mit dem, was da oben stattfindet. Die Leute haben wenig Scheu.“ So mancher setzt sich auf die Kuh, macht Selfies, steigt über Zäune. Für viele scheint es mehr Kulisse zu sein, weniger gewachsene Kultur.

Herausforderungen und Idealismus: Die Realität der Almwirtschaft und Georg Feggs Vision für die Zukunft

Fegg erzählt vom Vater, 72 Jahre alt, der die Sommer über noch immer auf der Alm verbringt und erlebt, was früher selbstverständlich war: Respekt vor Tier und Mensch. Heute müsse man erklären, warum man sagt: ‚Da geht ihr bitte nicht durch.‘ Fegg sagt, dass es gehäufter vorkommt, dass Almbesucher auch mal eine Abkürzung nehmen, querfeldein laufen, egal ob da ein Zaun ist oder nicht. Es sind kleine Szenen, die zeigen, wie stark sich der gesellschaftliche Blick verändert hat.

Georg Fegg hat sich in den vergangenen Monaten tief in die Materie als oberster Almbauer hineingearbeitet. Seine Tage sind noch ein bisschen länger geworden als sowieso schon. Natürlich weiß er, was die Almbauern am Alpenrand herumtreibt. Der Wolf etwa. Bisher ist er nur durchgezogen. Auch dieses Jahr schon. „Wenn er bleibt, ist es aus mit der Almwirtschaft“, sagt Fegg. Da hilft auch kein Herdenschutzzaun, sagt Fegg scherzend. „Da kann ja mein Kater drüberspringen.“

Das Verhältnis zum Nationalpark Berchtesgaden, in dem mehrere Landwirte ihre Almen betreiben, bezeichnet er als komplex. Feggs Almfläche liegt hingegen auf Forstgebiet. Er sagt: Wenn Flächen verbuschen, dann verliere man nicht nur Weideland, sondern eben auch Vielfalt. Die Biodiversität, sagt er, leide nicht an der Almwirtschaft, sondern an deren Aufgabe. Es ist ein kulturelles und ökologisches Erbe. Fegg weiß: „Wenn wir aufhören, dann ist dort in wenigen Jahren Wald.“ Er spricht nicht, um zu klagen. Sondern um zu zeigen, was auf dem Spiel steht. Die steigenden Auflagen aus der Politik, der Nachwuchsmangel, auch der Preisdruck – das alles trifft die Almbauern mit voller Wucht. „Für einen Liter Biomilch krieg’ ich aktuell rund 65 Cent. Und dann sagt einer: Die Butter ist zu teuer. Aber für sein Handy gibt er gut und gerne 1000 Euro aus. Das passt hinten und vorne nicht zusammen.“

Was ihn trotzdem hält? Viel Idealismus und die Tatsache, dass Schönau am Königssee seine Heimat ist. Er trägt Verantwortung für das, was von seinen Eltern an ihn übergeben wurde. Und bestimmt ist es auch das Wissen, dass es ohne die Almbauern auf den Bergen anders aussehen würde. Sein Wunsch für die Zukunft? Dass wieder mehr Leute begreifen, was an den Flächen der Almbauern eigentlich alles dranhängt. Denn man dürfe nicht aus dem Blick verlieren, worum es hier eigentlich geht. (kp)

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