Er zweifelte an Behandlung, bekam Lockerungen
„Kopf-ab-Killer“ versuchte schon einmal zu flüchten: Keine Abschiebung, weil er eh zurückkommt
Die Flucht eines verurteilten Straftäters während eines Kinobesuchs im niederbayerischem Plattling schlägt weiter hohe Wellen. Mittlerweile ist klar: Es war nicht sein erster Fluchtversuch. Zudem sollte der Somalier schon länger abgeschoben werden, doch die Staatsanwaltschaft zögert, weil der 24-Jährige wohl sowieso nach Deutschland zurückkommen würde. Außerdem wurde bekannt, dass der Mann keine Behandlungseinsicht zeigt, dennoch Lockerungen bekam.
Plattling - Im Juli 2021 hatte er im schizophrenen Wahn einen Mitbewohner in einer Obdachlosenunterkunft in Bodenmais brutal ermordet und später enthauptet. Nach einem Gerichtsprozess war er wegen seiner psychotischen Symptomatik in das psychiatrische Bezirksklinikum Mainkofen untergebracht worden.
Schon zuvor war er zeitweise in diesem Klinikum behandelt worden, weil er sich geplagt von Perspektivlosigkeit und Depressionen mehrmals selbst verletzt hatte. Zudem war er wegen mehrerer Delikte, unter anderem Körperverletzung und Diebstahl, Anfang 2021 bereits zu einer Jugendstrafe von eineinhalb Jahren auf Bewährung verurteilt worden.
Am 8. August gelang dem von Medien als „Kopf-ab-Killer“ beschriebenen Mann eine spektakuläre Flucht während eines Freigangs. Er entkam seinen Begleiter bei einem Kinobesuch in Plattling, als er den Disney-Film „Alles steht Kopf 2“ angesehen hatte. Im Kinosaal habe der Mann angegeben, auf die Toilette zu müssen. Ein Missverständnis in der Kommunikation zwischen den Begleitpersonen habe zu einem unbeobachteten Moment geführt, in dem der 24-Jährige entkommen sei. Der Mann war Stunden auf der Flucht, bis ihn 100 eingesetzte Polizisten ihn festnehmen konnten.
Somalier wollte in Essenswagen fliehen
Mittlerweile ist auch bekannt, dass es nicht der erste Fluchtversuch des 24-Jährigen aus Somalia war. Wenige Wochen nachdem der verurteilte Straftäter seinen Mitbewohner enthauptet hatte, hatte er versucht, die hochgesicherte Station des Bezirkskrankenhauses (BKH) Mainkofen in einem Essenswagen, in welchen 30 Tabletts passen, zu verlassen. Dieses Unterfangen scheiterte nach kurzer Zeit und nur wenigen Metern, auch „da die Türen dieser Verpflegungswagen allerdings nur von außen zu öffnen sind, scheiterte sein Plan“, erklärte ein Zeuge gegenüber der Bildzeitung.
Dennoch hatte es seit 2023 aufgrund eines bis dahin erfolgreichen Therapieverlaufes Lockerungsmaßnahmen gegeben. Dazu gehörte zuletzt auch Ausgang mit Begleitung außerhalb des Klinikgeländes (Lockerungsstufe A3), mit dem Ziel der Resozialisierung samt Wiedereingliederung in den Lebensalltag. Doch scheinbar hatte der Mann nur auf diesen Moment gewartet.
Der Straftäter ist inzwischen zurück in den hochgesicherten Aufnahmebereich der forensischen Klinik verlegt worden, „seine Lockerungsstufe wurde auf 0 zurückgesetzt“, hieß es nach der Flucht von Seiten des Bezirksklinikums.
Lockerungsmaßnahmen gestrichen! Oder doch nicht?
Als Konsequenz dieses Vorfalls wurden Lockerungsmaßnahmen mit Personalbegleitung für Patienten in der ersten Stufe (A), zu denen bis zu seinem Fluchtversuch auch der Somalier gehörte, außerhalb des Krankenhausgeländes gestrichen. Eine Sprecherin des Bezirks erklärte hierzu jedoch, dass nicht alle Forensik-Insassen von den nun beschlossenen Konsequenzen betroffen seien. Sofern nicht mit Zwischenfällen zu rechnen sei, „ist eine generelle Rücknahme von Lockerungsmaßnahmen für alle Patienten nicht zulässig“, wird die Sprecherin von der Mittelbayerischen Zeitung zitiert.
Keine Abschiebung, weil er eh wieder kommt?
Doch mit all dem nicht genug. Wie die Bildzeitung nun berichtet, wollen die Ausländerbehörden den Mann schon länger schnellstmöglich in sein Heimatland abschieben – aber die Staatsanwaltschaft zögert mit der Zustimmung, weil der mehrfach vorbestrafte Totschläger wohl sowieso nach Deutschland zurückkommen würde. Oberstaatsanwalt Oliver Baumgartner wird wie folgt zitiert: „Eine Rückkehr nach Deutschland wurde für möglich erachtet“, da er in seiner Heimat nicht behandelt werden würde und sich in Freiheit befinde. Der mittlerweile 24-Jährige war mit 16 Jahren aus Somalia geflüchtet, hatte ein Jahr in einem Flüchtlingslager gelebt und war anschließend übers Mittelmeer nach Europa und schließlich in eine Gemeinschaftsunterkunft nach Bodenmais gekommen.
Offenbar werde seit zwei Jahren, ob von der Vollstreckung des angeordneten Maßregelvollzugs im BKH abgesehen und der Verurteilte nach Afrika abgeschoben werden könne. Der verurteilte Straftäter selbst Anfang des Jahres laut einem BKH-Schreiben, welches dem Blatt wohl vorliegt, eine Abschiebung abgelehnt und nur vier Monate später einen Antrag gestellt, dass von der gerichtlich angeordneten Maßregel abzusehen ist. Heißt: Der Mann war nicht der Auffassung, dass er behandelt werden müsse, das Bezirksklinikum reagierte mit der Lockerungsstufe A3. (mz)