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Suche in Bayern dauerte über acht Stunden

Totschläger schaute Disney-Film und wurde von Praktikantin bewacht - „tickende Zeitbombe“ floh aus Kino

Nachdem ein beim Freigang entflohener Straftäter in das Bezirksklinikum Mainkofen in Deggendorf zurückgebracht worden ist, soll es für ihn auf unbestimmte Zeit keine Lockerungen mehr geben.
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Nachdem ein beim Freigang entflohener Straftäter in das Bezirksklinikum Mainkofen in Deggendorf zurückgebracht worden ist, soll es für ihn auf unbestimmte Zeit keine Lockerungen mehr geben.

Ein entflohener Straftäter sorgte in Bayern am 8. August für große Aufregung. Erst nach über acht Stunden konnte der von der Polizei als „äußerst gefährlich“ bezeichnete Mann aufgespürt werden. Seitdem gibt es viele Fragen: Warum durfte der verurteilte Totschläger ein Kino besuchen? Wurde der Mann nicht ausreichend bewacht? Warum wurde die Bevölkerung erst relativ spät informiert?

Plattling - Nachdem ein beim Freigang entflohener Straftäter in das Bezirksklinikum Mainkofen in Deggendorf zurückgebracht worden ist, soll es für ihn auf unbestimmte Zeit keine Lockerungen mehr geben. Wie eine Sprecherin des Bezirks Niederbayern mitteilte, ist der 24-Jährige auf eine hochgesicherte Station verlegt worden. Er entkam seinen Begleitern am Donnerstagnachmittag bei einem Kinobesuch in Plattling, soll dort den Disney-Film „Alles steht Kopf 2“ gesehen haben. „Wie kann es sein, dass ein solch gefährlicher Mann ein Kino besuchen darf?“, warf ein Leser auf Facebook die Frage in den Raum.

Für den Mann wurde 2022 vor dem Landgericht Deggendorf wegen Totschlags die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Seit 2023 habe es Lockerungsmaßnahmen aufgrund eines bis dahin erfolgreichen Therapieverlaufes gegeben, hieß es. Dazu gehörte zuletzt auch Ausgang mit Begleitung außerhalb des Klinikgeländes. Ziel sei die Resozialisierung samt Wiedereingliederung in den Lebensalltag. Diese Lockerungen werden üblicherweise stufenweise aufgebaut.

Innenminister fordert härtere Regeln für Freigang

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) mahnte bereits härtere Regeln beim Freigang an. Von dem wegen einer „wirklich bestialischen Tat“ verurteilten Mann könne, „sobald er nicht mehr medikamentös behandelt wird, dann doch wieder eine erhebliche Gefahr“ ausgehen. Solche Fragen medizinischer Art dürften nicht auf dem Rücken der Sicherheit der Bevölkerung ausgetragen werden, sagte Herrmann dem Nachrichtensender Welt. „Solange jemand nicht wirklich nicht mehr gefährlich ist, kann er nicht einfach auf unseren Straßen frei herumspazieren.“ Er wolle auch prüfen, ob psychisch kranke Straftäter in ihr Heimatland abgeschoben werden könnten.

Zum Vergleich: Der wegen Steuerhinterziehung verurteilte Star-Koch Alfons Schuhbeck hat aktuell kein Anrecht auf Freigang - der Grund ist ein weiteres, laufendes Ermittlungsverfahren. Derzeit sitzt Schuhbeck in der JVA Rothenfeld ein.

Am Donnerstag sei der Mann in Begleitung dreier psychologischer Fachkräfte und einer Praktikantin gewesen. Die Bildzeitung hingegen berichtet, dass der als ge­walttätig bekannte Somalier nur von einer Psychologin und einer Praktikantin beglei­tet in die 14.15-Uhr-Vorstel­lung von „Alles steht Kopf 2“ im „Focus Cinemas“ Plattling ging.

Belastbarkeit soll getestet werden

Bei Freigängen soll unter anderem die Belastbarkeit des Patienten außerhalb der Klinik getestet werden. Im Kinosaal habe der Mann angegeben, auf die Toilette zu müssen. Ein Missverständnis in der Kommunikation zwischen den Begleitpersonen habe zu einem unbeobachteten Moment geführt, in dem der 24-Jährige entkommen sei.

Nach zwei Minuten hätten die Begleiter die Flucht bemerkt und sofort mit der Suche begonnen. Sie informierten die Klinikstation, die wiederum die Polizei gerufen habe. „Der Zeitraum vom Toilettengang des Patienten bis zur Einleitung der Fahndung betrug sieben Minuten“, teilte die Bezirkssprecherin mit. Nach bisherigen Erkenntnissen sei von einem spontanen Fluchtversuch des Somaliers auszugehen.

Aber warum wurde die Bevölkerung erst so spät informiert? „Die sofort mit allen verfügbaren Kräften eingeleitete polizeiliche Fahn­dung stellte zunächst ein mil­deres Mittel als eine Öffentlichkeitsfahndung dar“, erklärte hier ein zuständiger Sprecher der Polizei. Um 17.52 Uhr wurde die Be­völkerung dann aber doch per Öffent­lichkeitsfahndung und über das „Katwarn“-Alarmsystem aufs Handy gewarnt. Der Grund: Der Geflohene war offenbar eine „tickende Zeitbombe“, wie der Mann von der Bildzeitung beschrieben wird.

„Es war von einer sich mit zunehmender Zeit er­höhenden Gefährlichkeit aus­zugehen“, so der Sprecher weiter. Denn die Mitarbeiter des Bezirksklinikums Mainkofen teilten den Beamten mit: „Ohne Verabrei­chung von Medikamenten sei die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Ausbruchs der Grunderkrankung als hoch einzuschätzen.“ Im schizophrenen Wahn hatte S. 2021 sei­nen Mitbewohner Alex K. (†52) mit über 100 Messerstichen getötet und den Kopf abgeschnit­ten, war anschließend ins BKH Mainkofen eingewiesen worden.

Großaufgebot suchte Flüchtigen

Die Polizei hatte S. als „äußerst gefährlich“ eingestuft und mit einem Großaufgebot an Beamten sowie einem Hubschrauber, einer Drohne und einem Hundeführer nach dem Flüchtigen gesucht. Nach Zeugenhinweisen wurde der Mann im Zuge einer Großfahndung der Polizei gegen 23.30 gefasst.

Nachdem der 24-Jährige von der Polizei gestellt worden war, habe er sich widerstandslos festnehmen und zurückbringen lassen. Da er die gewährte Lockerung missbraucht habe, werde es vorerst keine solchen Maßnahmen mehr geben, hieß es. Als weitere Konsequenz aus diesem Vorfall würden in der Klinik für Forensische Psychiatrie im Bezirksklinikum Mainkofen die Abläufe bei Lockerungen überprüft und gegebenenfalls angepasst, um die Wahrscheinlichkeit künftiger Fluchtversuche zu reduzieren, teilte die Sprecherin mit. (mz/dpa)

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