Kirchseeon wird berühmt
Deutschlands Rekord-Blitzer steht an der B304: Das sagt der Bürgermeister zum Geld-Regen
Über den Blitzer von Kirchseeon wird gerade deutschlandweit gesprochen – weil er innerhalb weniger Tage tausende Verstöße feststellte. Für die kleine Gemeinde bedeutet das eine ungeplante Einnahmequelle.
Kirchseeon – Kirchseeon ist eine kleine Marktgemeinde im Landkreis Ebersberg, die jeden Euro dreimal umdreht. Sagt der Bürgermeister Jan Paeplow. Gerade musste das Schwimmbad geschlossen werden, weil nicht genug Geld für die Sanierung da war. Bei so einer Finanzlage wird über große Investitionen lange nachgedacht. Eine dauerhafte Radarfalle im Wert von 100 000 Euro ist so eine Investition – und doch kamen Paeplow und sein Gemeinderat nicht drumherum. „Wir hatten vorher alles versucht“, berichtet der CSU-Politiker.
Sie stellten an der Stelle LED-Laternen auf – als Signal, dass hier eine Ortschaft beginnt. Sie platzierten Warntafeln mit erhobenem Zeigefinger, um auf den Kindergarten und die Schule hinzuweisen. Doch nach wie vor kamen viele Autos mit deutlich zu hoher Geschwindigkeit auf der Bundesstraße 304 in den Ort gebrettert. Also fiel die Entscheidung für eine permanente Blitzsäule. Und seitdem steht Jan Paeplows Telefon im Rathaus kaum noch still. Über seinen Blitzer wird bundesweit gesprochen.
Das hängt damit zusammen, dass er schon an den ersten zwölf Betriebstagen rund 3000 Geschwindigkeitsverstöße feststellte. Manche Autofahrer waren geringfügig zu schnell, einige hatten 40 oder 50 km/h zu viel auf dem Tacho – und ein Raser donnerte sogar mit 145 km/h statt der erlaubten 50 km/h in die Ortschaft. Paeplow hatte zwar damit gerechnet, dass sich die Radarfalle irgendwann amortisieren würde – aber nicht damit, dass es so schnell sein würde. Die Kosten für die Anlage waren schon nach wenigen Tagen reingewirtschaftet. Theoretisch natürlich, denn es dauert länger, bis ein Bescheid raus und die Einspruchsfrist vorbei ist, betont Paeplow. Dennoch wird im Internet bereits gemutmaßt, ob der Blitzer das Hallenbad retten könnte. „Ich kann derartige Gedanken mit einem Schmunzeln durchaus nachvollziehen“, sagt der Bürgermeister. Eine Entscheidung dazu sei noch nicht getroffen.
Medienansturm auf Kirchseeon
Paeplow ist nun erst mal damit beschäftigt, mit Journalisten über seine Radarfalle zu sprechen. Medien aus ganz Deutschland riefen bei ihm im Rathaus an. Nach einem Bericht in unserer Lokalausgabe gab er der Bild ein Interview, dann dem Spiegel. „Ich war früher Pressesprecher“, sagt er. „Deshalb war mir fast klar, dass danach viele weitere Anfragen folgen würden.“
Auch in seinem E-Mail-Postfach hat der Blitzer einen ordentlichen Rummel ausgelöst. „Natürlich kommen auch sehr kritische Mails.“ Er wolle Autofahrer doch nur abzocken, liest er gelegentlich. Auf solche Vorwürfe antwortet Paeplow gar nicht erst. „Dafür habe ich kein Verständnis. Schließlich hat ja jeder Autofahrer selbst in der Hand, ob er geblitzt wird.“
Auch aus einem anderen Grund kann er den Vorwurf nicht nachvollziehen. Die hohen Raserzahlen würden ja beweisen, dass es an dieser Stelle ein Problem gibt. Solange das so bleibt, werde der Blitzer auch dort stehen bleiben, kündigt er an. Paeplow will die Zahlen weiter genau analysieren. Erst kürzlich hatte er deswegen wieder ein Treffen mit dem Zweckverband Kommunale Dienste, der die Radarfalle im Auftrag der Gemeinde betreibt. Auch die Zahlen für Januar zeigen, dass zu viele Autofahrer viel zu schnell in den Ort fahren. Und das, obwohl inzwischen weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt ist, dass dort ein Blitzer steht.
