„I hab wieder Buidl gschaut“
Laufener Gericht schickt Ruhestandspfarrer aus dem BGL wegen Kinderpornos hinter Gitter
Der Ruhestandspfarrer, der bereits 2021 wegen Besitzes kinderpornografischer Dateien eine Bewährungsstrafe erhielt, wurde erneut mit belastendem Material erwischt. Das Gericht in Laufen kannte in diesem Fall keine Gnade.
Berchtesgadener Land – Im Jahr 2015 war der Ruhestandspfarrer erstmals auffällig geworden. 2021 gab es eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten wegen Besitzes kinderpornografischer Dateien. Nur ein Jahr später fanden sich auf diversen Datenträgern erneut 450 Bilder und Videos mit nackten Buben. Das Laufener Schöffengericht schickte den 77-Jährigen jetzt für 21 Monate hinter Gitter. Vorsitzender Martin Forster fand dabei deutliche Worte für den „scheinheiligen“ Priester, der als „Pussy 69“ Bilder und Videos gesammelt und verschickt hatte.
Informationen waren von der Staatsanwaltschaft Hannover an die Traunsteiner Kollegen gegangen. Über andere Beschuldigte war man auch auf den Pfarrer im Berchtesgadener Land gekommen und hatte daraufhin zwei ihm gehörende Wohnungen durchsucht. „I hab schon wieder Buidl g’schau“, habe er an diesem Morgen seiner Frau gestanden, berichtete die ermittelnde Beamtin der Traunsteiner Kripo, die etliche Datenträger konfisziert hatte. „Solche Ordner werden per Cloud zur Verfügung gestellt. Man muss wissen, wo man so etwas findet“, widersprach die Zeugin der Darstellung des Angeklagten, er sei zu einer Plattform eingeladen worden.
Verteidiger Hans-Jörg Schwarzer bat seinen Mandanten, nichts zu bagatellisieren und bei der Wahrheit zu bleiben. „Solche Dateien fallen einem nicht zu.“ Anlass für seinen Rückfall soll eine neuerliche Depression aufgrund einer Corona-Erkrankung gewesen sein. „Ich hatte Angst zu sterben, und diese jungen Knaben haben ihr Leben noch vor sich.“ Der 77-Jährige beteuerte mehrfach: „Ich habe mir nie real etwas zu Schulden kommen lassen.“ Allein ein Ansehen heize die Nachfrage an, erwiderte Martin Forster, womit weitere Kinder missbraucht werden. „Nach außen scheinheilig, hintenrum Verbrecher“, sagte der Vorsitzende. Er glaube dem Pfarrer nicht, diese „Neigungen“ erst im Alter verspürt zu haben.
„Sie haben gezielt nach solchen Bildern gesucht“
„Wegen Leuten wie ihnen treten die Menschen scharenweise aus der Kirche aus“, hielt Forster dem Mann vor, „sie bringen damit auch die Mehrheit rechtschaffender Priester in Misskredit.“ Er sei 45 Jahre ein „beliebter Pfarrer mit Herz und Seele“ gewesen, betonte der Angeklagte, „ich hatte ein erfülltes Leben als Seelsorger.“ Was Forster zusätzlich verärgerte: „Ihr Lebenswerk liegt in Scherben, und ihnen geht’s ums Geld.“ Denn tatsächlich sorgt sich der 77-Jährige um seine Ruhestandsbezüge in Höhe von 4000 Euro, die er hälftig von der evangelischen Landeskirche und der Rentenanstalt erhält. Ihn erwartet ein Disziplinar-Verfahren, womit er „einen Großteil“ seiner Ruhestandsbezüge einbüßen könnte. In seinem Schlusswort bat er um Bewährung, „damit ich im anschließenden Kirchenverfahren in günstigerem Licht stehe.“
„Sie haben gezielt nach solchen Bildern gesucht“, fasste Staatsanwältin Sabine Krotky ihre Sicht zusammen, „diese Dateien sind zu einer ganzen Bibliothek angewachsen.“ Hinter jedem Bild stehe Missbrauch und großes Leid. Sie beantragte zweieinhalb Jahre.
„Er war kooperativ und macht heute einen geläuterten Eindruck“, sprach Rechtsanwalt Schwarzer für seinen Mandanten. Auch weil das Verfahren nun fast zwei Jahre gedauert habe, mochte sich der Pflichtverteidiger ausnahmsweise noch einmal Bewährung vorstellen. Dem Gericht legte Schwarzer die Bestätigung einer Salzburger Beratungsstelle vor. Eine Bewährung sahen die drei Richter nicht mehr. Die einschlägige Vorstrafe, die Rückfallgeschwindigkeit, die Menge an Bildern und „Verharmlosungstendenzen“ ließ das Schöffengericht auf 21 Monate unbedingt urteilen.
Die einzige Chance auf Bewährung bei einer vermutlich anstehenden Berufungsverhandlung sah Forster in einem freiwilligen Verzicht auf den Priesterstatus. Allerdings will der Vorsitzende auch dafür sorgen, dass zu einer Berufung jemand aus der Personalabteilung der evangelischen Landeskirche geladen wird, denn: „Es muss einen Grund geben, warum einer mit 59 in den Ruhestand geschickt und diese Stelle gleich nachbesetzt wird.“ Forster machte eine abschließende Rechnung auf: „Die diversen Auswertungen und Gutachten kosten sie rund 30 000 Euro.“ Allerdings: „Allein mit dem Verkauf ihrer zwei Wohnungen hätten sie bis an ihr Lebensende ein gutes Auskommen.“
Hannes Höfer