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Immer mehr Störungen bei Rettungsarbeiten

„Beleidigt, bedroht, angegriffen“: Feuerwehr-Chef aus Oberbayern explodiert

22 Feuerwehren aus der Region ließen Heustadel, Maschinenhalle und die Stallungen kontrolliert abbrennen und konzentrierten sich auf die Brandlöschung des alten Wohnhauses und des Nebengebäudes. Ein Übergreifen der Flammen auf das neue Wohnhaus verhinderten sie. Fotos Barth/fib/unf
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Feuerwehr im Einsatz (Symbol)

Sie opfern ihre Freizeit, um anderen Menschen zu helfen. Doch immer häufiger werden Feuerwehrkräfte angepöbelt oder von ihrer Arbeit abgehalten. Einem Kommandanten platzte jetzt der Kragen.

Bad Wiessee/München – Manchmal muss Korbinian Herzinger, 42 Jahre alt und Kommandant der Feuerwehr in Bad Wiessee (Kreis Miesbach) zu schweren Geschützen greifen. Als er bei einem Einsatz nicht an den Hydranten herankam, weil ein Anwohner eine Hecke drumherum gepflanzt hatte, packte Herzinger kurzerhand die Motorsäge aus. Aber für manche Situationen gibt es kein Werkzeug – da braucht Herzinger vor allem eins: starke Nerven. „Egal, ob wir bei einem Verkehrsunfall im Einsatz sind, den Rettungsdienst mit der Drehleiter unterstützen oder einen Patienten zum Hubschrauber tragen –die Leute akzeptieren es immer weniger, wenn unsere Einsatzkräfte den Verkehr regeln oder stoppen“, sagt Herzinger.

Erst kürzlich sperrten seine Leute nach einem Verkehrsunfall mit mehreren Verletzten und Fahrzeugen eine Straße. „Während die ersten Autofahrer noch einsichtig waren, gab es andere, die mit ihrem Fahrzeug einfach nach vorne gefahren sind und wissen wollten, warum wir die Straße nicht freigeben. Die haben uns teils wüst beschimpft.“ Kein Einzelfall. Und deshalb machte Herzinger seinem Ärger kürzlich mit einem Beitrag auf Facebook Luft, für den er im Netz viel Applaus bekommen hat. „Was ist eigentlich bei den Leuten im Kopf los?“, steht da. Oder: „Rettungs- und Hilfskräfte werden beleidigt, bedroht, körperlich angegriffen, verletzt und beschimpft...Wir verstehen die Welt nicht mehr.“

Und: „Wie lange halten die ehrenamtlichen Kräfte diese Anfeindungen noch aus?“ Den Beitrag hat nicht Herzinger selbst geschrieben, er hat ihn lediglich kopiert – schreibt aber dazu: „Da ist was dran...!“ Im Interview mit unserer Zeitung sagt der Kommandant: „Gerade den jungen Feuerwehrmännern oder -frauen, die gerade mit ausrücken oder absperren dürfen, geht das ab einem gewissen Punkt an die Nieren. Die wollen schließlich alles richtig machen. Wenn dann jemand mit seinem fetten Wagen vorfährt und sie beschimpft, sind sie verunsichert.“

Bürger gehen auf Ehrenamtliche los – das gibt es auch andernorts. Im Landkreis Freising zum Beispiel erinnern sich viele Einsatzkräfte an die letzte Silvesternacht. Eine Hecke und ein Baum waren durch eine Rakete in Brand geraten, die Feuerwehren aus Goldach und Hallbergmoos rückten an dem Abend, an dem die meisten unbeschwert feiern, zum Löschen an, um das Wohnhaus daneben zu schützen. Doch alkoholisierte Jugendliche behinderten die Einsatzkräfte, böllerten einfach weiter. Erst als die Polizei, die vor Ort war, drei Streifenwagen nachalarmierte, beruhigte sich die Situation.

Bayerns oberster Feuerwehrmann Johann Eitzenberger kennt das Thema Rücksichtslosigkeit gegenüber Einsatzkräften bestens – aus eigener Erfahrung bei der Feuerwehr Partenkirchen und auch von Berichten von Kollegen. Eitzenberger weiß sogar von Ehrenamtlichen, die deswegen hingeschmissen haben. „Die sagen, sie haben kein Interesse, ihre Freizeit zu opfern, um dann beleidigt zu werden“, sagt der Vorsitzende des Landesfeuerwehrverbands. Das seien aber zum Glück Extremfälle. Seit 40 Jahren engagiert sich der 57-Jährige: „Diese Rücksichtslosigkeit war vor 20, 30 Jahren kein Thema. Das nimmt auf jeden Fall zu“, sagt er. Woran liegt’s? „Das ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen“, meint er.

Zahlen über solche unerfreulichen Begegnungen gibt es nicht. Schließlich werde nicht jede Beleidigung, Beschimpfung oder Bedrohung dokumentiert. Allerdings sei sich die Blaulicht-Familie – also Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr – einig, dass massive Fälle zur Anzeige gebracht werden.

Johann Eitzenberger hat die Erfahrung gemacht, dass viele besonders bei Straßensperrungen wütend werden. Er hat einen Weg gefunden, die ungeduldigen Pöbler zu beruhigen: „Ich sage denen, da vorne hatte gerade jemand einen schweren Unfall. Der wäre froh, wenn er bloß im Stau stehen würde.“ Das sitzt. Meistens, aber nicht immer. Nächste Woche hat Eitzenberger im Innenministerium ein Treffen zum Thema.

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