Leitzins in Europa
EZB schwenkt um – und senkt zum ersten Mal seit 2019 den Leitzins
Lange Zeit hatte die EZB die Zinsen hochgehalten. Jetzt kommt die Kehrtwende. Erstmalig seit 2019 sinken die Zinsen.
Frankfurt am Main – Nach fast fünf Jahren steter Zinserhöhungen oder Stillstand hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen gesenkt. Am heutigen Donnerstag (6. Juni 2024) teilte sie mit, den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent zu senken.
EZB senkt Euro-Leitzins – Was sind die Auswirkungen?
Nachdem Russland den Ukraine-Krieg begonnen hatte, hatten die Währungshüter von der EZB darauf mit einer Serie von Zinserhöhungen reagiert. Seit Juli 2022 waren zehn Erhöhungen erfolgt, ehe die EZB den Leitzins nicht mehr anfasste. Neun Monate lang verharrte der Zinssatz auf einem Rekordhoch. Jetzt verringern die Euro-Währungshüter sowohl den Einlagenzins, den Banken für geparkte Gelder erhalten, um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent, als auch den Zins, zu dem sich Kreditinstitute neues Geld bei der Notenbank besorgen können, von 4,5 Prozent auf 4,25 Prozent. Das hatte die Notenbank nach einer Sitzung des EZB-Rates am Donnerstag mitgeteilt.
Banken können sich nun für weniger Zinsen Geld von der EZB leihen. Für Kreditnehmer sind sinkende Zinsen stets eine gute Nachricht, da ihre Kredite so billiger werden. Sparer dagegen erhalten dagegen tendenziell weniger Zinsen für das Geld, das sie bei der Bank geparkt haben. Laut der Deutschen Presse-Agentur hatten viele Akteure am Markt den Schritt der EZB bereits erwartet, daher hatten viele Banken ihre Konditionen im Voraus angepasst.
Preisstabilität ist trotz EZB-Maßnahmen noch nicht erreicht
Volkswirte hatten schon mit einer Lockerung der geldpolitischen Zügel gerechnet, denn die Inflation hatte sich vorher deutlich abgeschwächt. Allerdings hat die Teuerung im Euroraum erst im Mai wieder an Tempo gewonnen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg sie um 2,6 Prozent (nach 2,4 Prozent im April). Vom Rekordhoch bei 10,7 Prozent im Herbst 2022 ist die Inflation inzwischen weit entfernt. Höhere Teuerungsraten bedeuten für die Verbraucher eine geringere Kaufkraft. Von einem Euro können sie sich dann weniger leisten.
Mittelfristig strebt die EZB für den Euroraum eine jährliche Inflationsrate von zwei Prozent an. Bei diesem Wert sehen die Währungshüter Preisstabilität gewährleistet. „Wir sind mit dem spürbaren Rückgang der Inflation zufrieden, aber der Weg zurück zur Preisstabilität ist holprig“, hatte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel unlängst ARD Plusminus und tagesschau.de gesagt.
Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, sieht in der Entscheidung ein gutes Zeichen zum Beispiel für die Bauwirtschaft: „Günstige Finanzierungen am Kreditmarkt sind enorm wichtig für den Wohnungsbau. Die Senkung des EZB-Leitzinses wird der Baubranche einen neuen Schub geben“, teilte sie über ihr Ministerium am Donnerstag mit. „Zusammen mit diesen besseren Finanzierungsbedingungen, unseren Förderprogrammen, dem starken sozialen Wohnungsbau und den Steuersenkungen für den frei finanzierten und gemeinnützigen Wohnungsbau werden die richtigen Impulse für eine starke Bauwirtschaft gesetzt.“ (laernie mit dpa)
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