Büro-Leerstand
Wohnungsmangel: Kann der Umbau leerstehender Büros zu Wohnraum helfen?
In Deutschland mangelt es nach wie vor an Wohnraum. Kann es den Wohnungsmangel entschärfen, leerstehende Bürogebäude in Wohnungen umzuwandeln?
Frankfurt – In deutschen Großstädten fehlen der Hans-Böckler-Stiftung zufolge mit Stand Dezember letzten Jahres etwa 1,9 Millionen günstige Wohnungen. Darunter fallen etwa 1,4 Millionen günstige Apartments für Einpersonenhaushalte unter 45 Quadratmeter, wodurch sich Singles mit geringen Einkommen zunehmenden Problemen entgegensehen, bezahlbaren Wohnraum zu finden.
Auch mangelt es nach wie vor an Sozialwohnungen. 700.000 könnten es insgesamt sein, wie im Herbst vergangenen Jahres aus einer Studie hervorging, die das Pestel Institut für das Bündnis Soziales Wohnen erstellt hat. Demnach hat auch die erhöhte Zuwanderung aus der Ukraine und anderen Ländern Europas dazu beigetragen, den Wohnungsmangel in Deutschland noch einmal zu verschärfen. Hinzu kommen konstant hohe Baupreise und gestiegene Zinsen, die den Wohnungsbau seit einiger Zeit schon stocken lassen.
Um die Wohnungsnot zu lindern, hat Bauministerin Klara Geywitz (SPD) im September 2023 einen 14-Punkte-Plan aufgestellt. Demnach will die Bundesregierung dem Wohnungsbau bis 2027 insgesamt 18 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Auch spricht Geywitz sich schon länger dafür aus, leerstehende Büroflächen als Wohnraum nutzbar zu machen. Aber wie realistisch ist es überhaupt, ungenutzte Bürogebäude in bezahlbaren Wohnraum umzuwandeln?
Leerstehende Büroflächen – Expertinnen und Experten gehen nicht von einer Trendumkehr aus
Tatsächlich hat sich die Zahl ungenutzter Büroflächen einer Umfrage des ifo-Instituts zufolge seit dem Prä-Pandemiejahr 2019 bis heute in etwa verdreifacht. In Hamburg beträgt die Leerstandsquote dem Manager-Magazin zufolge mittlerweile 4,6 Prozent, in München liegt sie bei 5,6 Prozent und in Berlin bei 5,4 Prozent. Besonders hoch ist sie mit 8,9 Prozent in Frankfurt und mit 9,9 Prozent in Düsseldorf.
Recherchen des Manager-Magazins zeigen, dass sich hinter diesen Zahlen teilweise riesige Bürogebäudekomplexe befinden: darunter das 70.000 Quadratmeter große Bremsenwerk in Berlin-Friedrichshain unweit des Ostkreuzes oder der Skyline Tower im ehemaligen Osram-Gebäude in München mit über 20.000 Quadratmetern.
Davon, dass sich der anhaltende Büroflächen-Leerstand wieder umkehrt, gehen Expertinnen und Experten aktuell nicht aus. Dafür habe sich das Homeoffice auf einem zu hohen Niveau eingependelt. Hatte die Homeofficequote vor der Corona-Pandemie noch bei etwa 10 Prozent gelegen, betrug sie 2022 bereits 24,2 Prozent. Aktuell gehen Prognosen davon aus, dass sich die Quote auch zukünftig bei etwa 25 Prozent einpendeln werde. Die Konjunkturumfrage des ifo-Instituts von vergangenem November (16.11.2023) unterstreicht dies: Demnach wollen 84 Prozent der Unternehmen in Deutschland ihre gegenwärtigen Homeoffice-Regeln beibehalten.
Das sieht der Bundeshaushalt 2024 vor, um den Wohnungsmangel zu lindern
Im kürzlich beschlossenen Etat des Bundeshaushalts für 2024 räumt die Bundesregierung dem sozialen Wohnungsbau Fördermittel von 3,15 Milliarden Euro an die Länder ein. Das sind 150 Millionen Euro mehr als ursprünglich veranschlagt. Im Zeitraum von 2022 bis 2027 stellt der Bund für den sozialen Wohnungsbau 18,15 Milliarden Euro bereit.
Um den Bau bezahlbarer Wohnung zu fördern, legte die Bundesregierung im Januar (19.01.2024) zudem ein neues KfW-Förderprogramm im Umfang von zwei Milliarden Euro auf. Laut Bauministerin Klara Geywitz hat der Haushaltsausschuss des Bundestages dafür grünes Licht gegeben. Die Förderung solle so zügig wie möglich beginnen. Besonders der Bau von kleinen und bezahlbaren Wohnungen, wie sie etwa Alleinerziehende und Senioren benötigen, soll unterstützt werden. Die Baubranche begrüßte das Förderprogramm.
Laut Geywitz soll besonders der Bau von kleinen und bezahlbaren Wohnungen, wie sie etwa Alleinerziehende und Senioren benötigen, gefördert werden. Die Mieten sollen im unteren und mittleren Preissegment liegen. „Die Förderung geht nicht mit der Gießkanne in große Taschen, sondern erreicht bezahlbaren Wohnraum über die Beschränkungen im Mietpreis“, sagte SPD-Vizefraktionschefin Verena Hubertz. Das sei in Zeiten, wo Mietpreise innerhalb kürzester Zeit um ein Vielfaches steigen, dringend notwendig.
Umbau ungenutzter Büroflächen zu Wohnraum ist zwar möglich, aber nicht unproblematisch
In Anbetracht der anhaltend hohen Homeofficequote und der vergleichsweise geringen Auslastung von Büroflächen könnte man meinen, der Wohnungsmangel könnte durch den Umbau von Büroflächen zu Wohnraum entschärft werden. Aber ist es möglich, Büroflächen in Wohnraum umzubauen, und eignen sich ehemalige Büroflächen überhaupt als Wohnraum?
„Grundsätzlich ist das möglich“, erklärte Volkswirt Tobias Just, der an der Universität Regensburg den Lehrstuhl für Immobilienwirtschaft leitet, in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. In der Praxis aber könne sich der Umbau von Büroflächen zu Wohnräumen aus mehreren Gründen als problematisch erweisen. „Büros funktionieren naturgemäß anders als Wohnungen“, erklärt Just. Demzufolge müssten Flucht- und Nutzungswege angepasst werden. Und auch die Belichtung, Belüftung, Sanitär- und Heizungssysteme sind dabei einige der wichtigen Bereiche des Umbaus.
Außerdem bleibe fraglich, ob es überhaupt eine Nachfrage von Mieterinnen und Mietern in den Gegenden gebe, in denen sich die Bürogebäude befinden. Leere Bürokomplexe liegen nämlich tendenziell eher unattraktiv in der Peripherie, und darunter nicht selten in Industriegebieten.
Bürogebäude in Toplagen mit steigenden Spitzenmieten – bezahlbarer Wohnraum in unattraktiven Lagen
Im Moment sehen Just zufolge aber einige Investorinnen und Investoren in den Büros keine dauerhaften Chancen mehr. Statt möglichst hoher Gewinne könne es für sie aktuell sogar darum gehen, Verluste zu minimieren. Denn viele Bürokomplexe mit exzellenter Lage sind zu groß und zu teuer. Bei diesen hochwertigen Gebäuden „steigen die Spitzenmieten aktuell sogar noch weiter, weil Unternehmen bereit sind, für die wenigen Toplagen hohe Preise zu zahlen“, erklärt Katharina Biermann, Geschäftsführerin der Gewerbeimmobilienberatung Avison Young gegenüber dem Manager-Magazin.
Im Endeffekt steht die Möglichkeit außerfrage, aus Büros in solchen Lagen überhaupt bezahlbaren Wohnungsraum zu schaffen. Und nicht nur, weil bei vielen eventuellen Umbauten eher hochpreisige Wohnungen entstehen, entschärfen solche Vorhaben den Wohnungsmangel kaum, erklärt Tobias Just.
Es werde wahrscheinlich nicht so viel umgenutzt werden können, dass es den Wohnungsmarkt dauerhaft und massiv entlaste, so Just. Jährlich benötige man aktuell etwa 200.000 Neubauten – diesen stehen dem Immobilienwirtschaftler etwa „ein paar 10.000“ potenzielle Bestandsumbauten gegenüber. Dieser Markt würde also nicht ausreichen, um die Wohnungsprobleme wirklich zu lösen. Just spricht zwar von Einzelbeispielen und „ein paar Fällen in Frankfurt und Eschborn“, weist aber auch auf die bisherige Zurückhaltung von Investoren hin. (Fabian Hartmann)
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