Wahlversprechen schon gebrochen
Wirtschaftsweise stinksauer wegen Merz: Plan für Sondervermögen „klingt nach Satire“
Veronika Grimm, die Wirtschaftsweise, ist schockiert über die Vorhaben der Merz-Regierung für zwei enorme Sondervermögen. Sie zieht Parallelen zu den Fehlern der Ampel-Koalition.
Berlin – Seit dem Epochenbruch von US-Präsident Donald Trump, indem er seine Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland auf öffentlicher Bühne entzog, steht in Europa kein Stein mehr auf dem anderen. Die neue Regierung unter der Führung von Friedrich Merz (CDU) steht unter enormem Druck: Es muss eine Regierung gebildet, die Wirtschaft gestützt, die Infrastruktur repariert und Europa muss schnell kriegstüchtig werden. Der Deutsche Bundeswehrverband sprach beim ZDF-Morgenmagazin am Dienstag (4. März) von „mindestens einer Dekade an Bedrohungen“.
Sondervermögen für Bundeswehr und Infrastruktur: Es geht um 900 Milliarden Euro
Um all diese Herausforderungen anzugehen, planen SPD und CDU Berichten vom Wochenende zufolge zwei gigantische Sondervermögen, die wohl noch in der nächsten Woche im alten Bundestag beschlossen werden sollen. Im neugewählten Bundestag haben AfD und Linke eine Sperrminorität und können die Aufsetzung der Sondervermögen blockieren. Im Gespräch sind zwei Finanztöpfe: 400 Milliarden Euro für die Bundeswehr und 500 Milliarden für die Infrastruktur. Union und SPD wollten diese Zahlen zunächst nicht bestätigen.
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Die Zahlen wurden von einem Panel an Ökonomen gemeinsam für die Sondierungsgespräche erörtert. Nicht dabei war die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, die jetzt gegenüber der Bild-Zeitung ihrem Ärger Luft macht. Sie hält nämlich sehr wenig von einer solchen Verschuldung des Staates. „Die Ampel hat jetzt dreieinhalb Jahre bewiesen, dass Subventionen auf der Basis von Schulden nicht funktionieren, dass der Staat schlecht darin ist, mit dem Geld das Richtige anzufahren“, so Grimm. „Das klingt eigentlich mehr nach Satire als nach einem ernsthaften Vorschlag.“
Wirtschaftsweise Grimm von Merz und dem Schulden-Plan enttäuscht – Sie fordert Kürzungen bei Rente & Co
Sie hoffe, dass sich die Union nicht auf diesen Schuldenberg einlässt und stattdessen einen Plan für mehr Wirtschaftswachstum ohne Schulden erarbeitet. „Wir reden dauernd nur über zusätzliche Schulden, viel zu wenig über eine Strategie, wie wir aus diesen Investitionen auch wirklich Wachstum generieren.“ Mit den Sondervermögen für die Rüstung würden am Ende ohnehin keine deutschen Firmen profitieren, ist sie sich sicher. „Wir kaufen damit bei den Amerikanern ein“.
Sollte es doch so kommen – und es sieht ganz danach aus – dann wünscht sich Veronika Grimm im Gegenzug zumindest einige Kürzungen im Sozialetat. Das fordern auch andere Ökonomen, wie die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, die am Wochenende ihre Forderungen nach Kürzungen bei der Rente mit 63 und der Mütterrente erneuert hat. Der Präsident des ifo-Instituts, Clemens Fuest, hat in der Welt stattdessen für die Abschaffung des Elterngeldes geworben.
CDU und SPD wurden mit riesigem Haushaltsloch konfrontiert
Veronika Grimm drückt mit ihrem Ärger über die neuen Schulden das aus, was viele Menschen im Land, die die Union gewählt haben, spüren dürften. Noch im Wahlkampf hatten Merz und seine CDU immer wieder betont, dass man keine weiteren Schulden aufnehmen würde, ohne vorher den Bundeshaushalt zu sanieren. Besonders im Fokus war dabei immer wieder eine Reform des Bürgergeldes, die mehr Menschen in Arbeit bringen sollte.
Keine Woche nach der Wahl hat Merz sein erstes Wahlversprechen also gebrochen – ob man das gut oder schlecht findet, ist nebensächlich. Vermutlich ist dem CDU-Chef erst jetzt deutlich geworden, wie groß die Lücke im Haushalt eigentlich ist. Das Handelsblatt berichtet von fehlenden 150 Milliarden Euro bis 2029, die noch-Finanzminister Jörg Kukies (SPD) bei einem Kassensturz bei den Sondierungen erläutert haben soll. Allein 2025 fehlen wohl 30 Milliarden Euro in der Staatskasse.
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