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Wahlversprechen schon gebrochen

Wirtschaftsweise stinksauer wegen Merz: Plan für Sondervermögen „klingt nach Satire“

Veronika Grimm, die Wirtschaftsweise, ist schockiert über die Vorhaben der Merz-Regierung für zwei enorme Sondervermögen. Sie zieht Parallelen zu den Fehlern der Ampel-Koalition.

Berlin – Seit dem Epochenbruch von US-Präsident Donald Trump, indem er seine Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland auf öffentlicher Bühne entzog, steht in Europa kein Stein mehr auf dem anderen. Die neue Regierung unter der Führung von Friedrich Merz (CDU) steht unter enormem Druck: Es muss eine Regierung gebildet, die Wirtschaft gestützt, die Infrastruktur repariert und Europa muss schnell kriegstüchtig werden. Der Deutsche Bundeswehrverband sprach beim ZDF-Morgenmagazin am Dienstag (4. März) von „mindestens einer Dekade an Bedrohungen“.

Sondervermögen für Bundeswehr und Infrastruktur: Es geht um 900 Milliarden Euro

Um all diese Herausforderungen anzugehen, planen SPD und CDU Berichten vom Wochenende zufolge zwei gigantische Sondervermögen, die wohl noch in der nächsten Woche im alten Bundestag beschlossen werden sollen. Im neugewählten Bundestag haben AfD und Linke eine Sperrminorität und können die Aufsetzung der Sondervermögen blockieren. Im Gespräch sind zwei Finanztöpfe: 400 Milliarden Euro für die Bundeswehr und 500 Milliarden für die Infrastruktur. Union und SPD wollten diese Zahlen zunächst nicht bestätigen.

Nach der Bundestagswahl: Diese Politiker kommen als Wirtschaftsminister infrage

Carsten Linnemann ist aktuell Generalsekretär der CDU.
Als Top-Favorit gilt die „rechte Hand“ von Kanzlerkandidat Friedrich Merz: Carsten Linnemann ist der Generalsekretär der Union. Er ist Diplom-Volkswirt und hat vor seinem Aufstieg in der CDU bei der Deutschen Bank und bei der Deutschen Industriebank gearbeitet. 1977 in Paderborn geboren, gehört Carsten Linnemann zum rechten Flügel der Union. Er gilt als Initiator der „Aktivrente“, die es Senioren in Deutschland ermöglichen soll, auch über das Rentenalter von 67 Jahren hinaus zu arbeiten. Aus diesem Grund wird sein Name auch häufig im Zusammenhang mit dem Arbeits- und Sozialministerium genannt.  © IMAGO/Christian Ender
Jens Spahn profiliert sich seit Monaten als Wirtschaftsexperte der CDU.
Jens Spahn ist kein Unbekannter im politischen Berlin: Von 2018 bis 2021 war er der Gesundheitsminister im vierten Kabinett von Kanzlerin Merkel. Damit ist er in der Corona-Krise besonders in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt – und war erheblicher Kritik ausgesetzt. Der ausgebildete Bankkaufmann versucht seit dem Ende seiner Regierungszeit mehr in die Wirtschaftspolitik zu gehen und meldet sich als stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bundestag häufig zu wirtschaftspolitischen Themen zu Wort, zum Beispiel zum Heizungsgesetz, für dessen Abschaffung er mehrmals plädiert hat. © IMAGO
Julia Klöckner war unter Merkel die Landwirtschaftsministerin.
Julia Klöckner dürfte den meisten noch als Landwirtschaftsministerin unter der Kanzlerin Angela Merkel in Erinnerung sein. In der Opposition war sie wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU und wird deshalb als mögliche Kandidatin für den Posten als Wirtschaftsministerin gehandelt. Sie ist außerdem die Schatzmeisterin der CDU.  © IMAGO
Thorsten Frei ist Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag.
Thorsten Frei ist der Parlamentarische Geschäftsführer der Union im Bundestag und hat sich in der Opposition zu einem wichtigen Mitstreiter von Friedrich Merz gemacht. In der Vergangenheit hat sich Frei auf Innenpolitik und Verbraucherschutz fokussiert, weshalb er eher als Außenseiter im Rennen um das Wirtschaftsministerium gilt. Es gilt aber als sicher, dass Frei einen wichtigen Posten im Merz-Kabinett einnehmen wird.  © IMAGO/Frederic Kern
Alexander Dobrindt ist der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag.
Ein Name, der so gut wie sicher im nächsten Kabinett auftauchen wird, ist Alexander Dobrindt von der CSU. Aus Kreisen der Union hört man, dass sich Dobrindt aussuchen darf, welchen Posten ihm am besten gefällt: Wirtschafts-, Innen-, Verteidigung- oder Außenministerium. Natürlich kommt das ein bisschen auch auf den Koalitionspartner an – aber für den einstigen Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens dürfte das Wirtschaftsministerium durchaus seinen Reiz haben.  © IMAGO
Ina Scharrenbach ist die Bauministerin im Land NRW.
Und was, wenn sich Merz jemanden aussucht, den keiner auf dem Schirm hat? Das immer möglich und in der Union gibt es auf Landesebene zahlreiche erfahrene Politiker und Politikerinnen, die in Frage kämen. Ein Beispiel dafür ist die Bauministerin von NRW, Ina Scharrenbach. Noch dazu würde die Diplom-Betriebswirtin und einstige Wirtschaftsprüferin das Frauen-Problem der Union lösen.  © IMAGO/M. Popow
Danyal Bayaz ist Finanzminister in Baden-Württemberg
Zum Schluss noch zwei Politiker, die vom möglichen Koalitionspartner kommen könnten. Schließlich ist nicht mal sicher, ob die CDU überhaupt den Wirtschaftsminister stellt oder doch lieber Ministerien wie das Finanzministerium und das Arbeitsministerium haben möchte. Da Merz von den Grünen Robert Habeck als Wirtschaftsminister ausgeschlossen hat, könnte Danyal Bayaz aus Baden-Württemberg vorrücken. Er ist im Südwesten der Finanzminister und könnte nach der Landeswahl 2026 auf der Suche nach einem neuen Job sein.  © Bernd Weißbrod/dpa
Verena Hubertz ist Wirtschaftspolitikern der SPD
Wird es eine Große Koalition mit der SPD, dann könnte Verena Hubertz eine Rolle spielen. Sie ist selbst Unternehmensgründerin und hat eine Koch-Plattform mit einer Studienkollegin gegründet. Seit 2020 ist sie nicht mehr dort die Geschäftsführerin, damals hat sie erfolgreich um den Bundestag kandidiert. Sie sitzt im Wirtschaftsausschuss und im Ausschuss für Klimaschutz und Energie – wäre also eine perfekte Kandidatin für das Amt der Wirtschaftsministerin.  © Harald Tittel/dpa

Die Zahlen wurden von einem Panel an Ökonomen gemeinsam für die Sondierungsgespräche erörtert. Nicht dabei war die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, die jetzt gegenüber der Bild-Zeitung ihrem Ärger Luft macht. Sie hält nämlich sehr wenig von einer solchen Verschuldung des Staates. „Die Ampel hat jetzt dreieinhalb Jahre bewiesen, dass Subventionen auf der Basis von Schulden nicht funktionieren, dass der Staat schlecht darin ist, mit dem Geld das Richtige anzufahren“, so Grimm. „Das klingt eigentlich mehr nach Satire als nach einem ernsthaften Vorschlag.“

Wirtschaftsweise Grimm von Merz und dem Schulden-Plan enttäuscht – Sie fordert Kürzungen bei Rente & Co

Sie hoffe, dass sich die Union nicht auf diesen Schuldenberg einlässt und stattdessen einen Plan für mehr Wirtschaftswachstum ohne Schulden erarbeitet. „Wir reden dauernd nur über zusätzliche Schulden, viel zu wenig über eine Strategie, wie wir aus diesen Investitionen auch wirklich Wachstum generieren.“ Mit den Sondervermögen für die Rüstung würden am Ende ohnehin keine deutschen Firmen profitieren, ist sie sich sicher. „Wir kaufen damit bei den Amerikanern ein“.

Veronika Grimm wünscht sich mehr Haushaltsdisziplin von Merz

Sollte es doch so kommen – und es sieht ganz danach aus – dann wünscht sich Veronika Grimm im Gegenzug zumindest einige Kürzungen im Sozialetat. Das fordern auch andere Ökonomen, wie die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, die am Wochenende ihre Forderungen nach Kürzungen bei der Rente mit 63 und der Mütterrente erneuert hat. Der Präsident des ifo-Instituts, Clemens Fuest, hat in der Welt stattdessen für die Abschaffung des Elterngeldes geworben.

CDU und SPD wurden mit riesigem Haushaltsloch konfrontiert

Veronika Grimm drückt mit ihrem Ärger über die neuen Schulden das aus, was viele Menschen im Land, die die Union gewählt haben, spüren dürften. Noch im Wahlkampf hatten Merz und seine CDU immer wieder betont, dass man keine weiteren Schulden aufnehmen würde, ohne vorher den Bundeshaushalt zu sanieren. Besonders im Fokus war dabei immer wieder eine Reform des Bürgergeldes, die mehr Menschen in Arbeit bringen sollte.

Keine Woche nach der Wahl hat Merz sein erstes Wahlversprechen also gebrochen – ob man das gut oder schlecht findet, ist nebensächlich. Vermutlich ist dem CDU-Chef erst jetzt deutlich geworden, wie groß die Lücke im Haushalt eigentlich ist. Das Handelsblatt berichtet von fehlenden 150 Milliarden Euro bis 2029, die noch-Finanzminister Jörg Kukies (SPD) bei einem Kassensturz bei den Sondierungen erläutert haben soll. Allein 2025 fehlen wohl 30 Milliarden Euro in der Staatskasse.

Rubriklistenbild: © Imago/Montage

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