Energiewende
Volle Windkraft voraus – RWE gibt grünes Licht für „Nordseecluster“
Deutschland hinkt beim Ausbau der Windkraft hinterher. RWE will das ändern. Das „Nordseecluster“ soll die Energiewende unterstützen.
Essen – Bei der Photovoltaik ist Deutschland auf einem guten Weg, die Windkraft dagegen ist im besten Falle ausbaufähig. Laut der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) geht zwischen den beiden Energieträgern eine deutliche Schere auf, vor allem in Bayern. Die Bundesregierung peilt langfristig einen jährlichen Zubau der Windenergie um zwölf Gigawatt pro Jahr an, aktuell sind es rund 3,4 Gigawatt. Ein neues Projekt des Energieversorgungskonzerns RWE soll dazu beitragen, dass die Energiewende gelingt.
Windkraft aus Nordseecluster – Projekt A soll bis 2027 stehen
Konkret geht es um eine Anlage, die RWE das Nordseecluster nennt. Das Offshore-Windprojekt soll mitten in der Nordsee entstehen, 50 Kilometer nördlich der Insel Juist, und eine Gesamtkapazität von 1,6 Gigawatt (GW) liefern. Die Lieferanten für die Hauptkomponenten habe RWE bereits ausgewählt, teilte das Unternehmen am Montag (27. Mai) mit. „Schon heute gehören sechs Offshore-Windparks vor den deutschen Küsten zu unserem Portfolio. Mit dem Nordseecluster werden zwei weitere hinzukommen“, sagte Sven Utermöhlen, CEO RWE Offshore Wind, dazu.
Das sei ein „gutes Signal für die Energiewende in Deutschland“. Mit ihrer Leistung von 1,6 GW sollen die Windparks jedes Jahr etwa 6,5 Terawattstunden grünen Strom erzeugen. Die Anlage unterstütze die Dekarbonisierung der Industrie in RWEs Heimatmarkt, erklärte Utermöhlen.
RWE will das Nordseecluster in zwei Phasen aufbauen. Nordseecluster A soll am Ende eine Gesamtleistung von 660 Megawatt (MW) haben, die Errichtung auf See beginnt im Jahr 2025 – so ist jedenfalls der Plan. Bis Anfang 2027 sollen alle 44 Windkraftanlagen von Nordseecluster A vollständig ans Netz angeschlossen sein. Nordseecluster B bringt mit 900 MW Kapazität mehr Leistung, hier arbeiten 60 Turbinen zusammen. Das zweite Cluster soll den kommerziellen Betrieb erst Anfang 2029 aufnehmen.
Mehr Windkraft auf dem Land und auf dem Wasser – klimaneutral bis 2050
Die vonseiten der Bundesregierung verfolgten Ziele sind hoch gesteckt – sie hatte bereits einen Rahmen für den Ausbau von Windkraftanlagen in Deutschland vorgegeben. Bis Ende 2032 müssen alle Bundesländer zwei Prozent ihrer Fläche für die Windkraft ausweisen. Per Gesetz hatte der Bundestag festgelegt, dass bis 2027 etwa 1,4 Prozent der Flächen für Windenergie bereitstehen müssen. „Wir teilen das regional fair auf, berücksichtigen dabei die Windbedingungen, den Natur- und Artenschutz und die räumlichen Ordnungen“, hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (die Grünen) dazu mitgeteilt.
Auch für den Offshore-Ausbau gibt es Pläne. Hier will die Regierung bis 2030 mindestens eine installierte Leistung von 30 GW von neu ans Netz angeschlossenen Anlagen erreichen, bis 2045 sollen es sogar 70 GW sein. Laut der Beratungsgesellschaft WindGuard betrug die installierte Leistung der Offshore-Windenergieprojekte im Dezember 2022 rund 8,1 GW – es gibt also Potenzial für einen Ausbau. Innerhalb der Branche schätzen Experten, dass rund 7.000 Windräder nötig sein würden, um die Ziele der Regierung zu erreichen. Das darüberliegende Ziel: Bis 2050 soll alle in Deutschland erzeugte Energie frei von Treibhausgasen sein.
Chinas Einfluss auf die Windkraft
Neben der Problematik des schleppenden Ausbaus droht der Branche für Windkraft noch der Druck aus Asien. Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverbands Windenergie (BWE), warnte bereits vor dem chinesischen Einfluss auf die deutsche Windenergie. „Der chinesische Staat subventioniert seine Firmen extrem“, sagte Heidebroek gegenüber n-tv dazu. „Das ist kein fairer Wettbewerb. Dagegen kommen europäische Windhersteller nicht an.“ Schon in der Solarbranche hatten chinesische Firmen die deutschen Unternehmen durch einen enormen Preisdruck förmlich erstickt – die Regierungen Europas müssten nun darauf achten, dass dies nicht auch in der Windkraft geschieht.
Eine weitere Gefahr ist chinesische Einflussnahme auf die Windenergieanlagen. Viele der Anlagen stammen aus chinesischer Produktion, und immerhin müssten Hersteller einen Zugriff auf die Anlagen haben, „denn die Anlage muss gewartet oder bei einem Engpass oder Störung abgeriegelt werden“, erklärte die BWE-Präsidentin. Sollte der Anteil chinesischer Anlagen in Deutschland zu hoch sein, könnte China „den roten Knopf drücken und es wäre dunkel.“ Es müsse klare Regeln geben, wie es sie auch in der Telekommunikation gebe. Die Bundesregierung müsse eine Dominanz oder Kontrolle Chinas ausschließen.
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