Energiewende
Schreckensszenario der Windenergie: „China drückt einen Knopf und in Deutschland wird es dunkel“
China hat den Markt für Windenergie fest im Griff. Damit übt das Land Kontrolle auf Europa aus. Eine Branchenexpertin warnt vor den Konsequenzen.
Berlin – „Deutschland windet sich, schafft aber die Energiewende nicht.“ Dieses Zeugnis stellte die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) erst kürzlich den deutschen Mühen zum Ausbau der erneuerbaren Energien aus. Bei der Windenergie sieht es im Vergleich mit der Solarkraft unverhältnismäßig düster aus. Wo der Ausbau jedoch klappt, sind oftmals chinesische Windräder mit im Spiel. Das könne sich im Ernstfall rächen, warnt eine Expertin.
Chinas Dominanz bei der Windenergie
Die Ziele sind gesteckt: Bis 2030 will Deutschland Windparks mit einer Kapazität von 30 Gigawatt bauen, und das allein auf See. Branchenschätzungen gehen davon aus, dass ungefähr 7.000 Windräder nötig sind – jedes davon so groß wie der Eiffelturm. Ein Problem dabei: Beim Offshore-Ausbau kann Deutschland immer weniger darauf zählen, dass Anrainerstaaten ihre wichtigen Häfen zur Verfügung stellen. Diese brauchen sie zunehmend selbst.
Im Gespräch mit n-tv warnte Bärbel Heidebroek, die Präsidentin des Bundesverbands Windenergie (BWE), vor dem chinesischen Einfluss auf den deutschen Windkraftausbau. „Der chinesische Staat subventioniert seine Firmen extrem“, erklärte Heidebroek. „Das ist kein fairer Wettbewerb. Dagegen kommen europäische Windhersteller nicht an.“ Hier sei große Vorsicht geboten: Schon in der Solarbranche hatten chinesische Firmen europäische quasi erstickt. Die europäischen Regierungen müssten darauf achten, dass sich dies nicht bei der Windkraft wiederhole.
Der europäische Net Zero Industry Act (NZIA) stellt europäischen Ländern bereits den gesetzlichen Rahmen für mögliche Antworten bereit. 40 Prozent sämtlicher grüner Technologien müssen in Europa hergestellt sein, heißt es darin, und aktuell diskutieren die Köpfe der EU, wie die entsprechenden Verordnungen ausgestaltet sein müssten, um der Windindustrie „faire Rahmenbedingungen“ zu geben.
Zugriff auf deutsche Windenergie – Chinas „roter Knopf“
Neben dem Risiko, das eine chinesische Dominanz am Windmarkt hätte, gibt es eine weitere potenzielle Gefahr. Laut der Expertin Heidebroek hat jeder Hersteller potenziell Zugriff auf seine Windenergieanlagen. „Diesen Zugriff müssen Hersteller auch haben, denn die Anlage muss gewartet oder bei einem Engpass oder Störung abgeriegelt werden.“ In dem Szenario, dass in Deutschland nur chinesische Windenergieanlagen stehen, könnte China auf einen „roten Knopf drücken und es wäre dunkel“. Sie fordert klare Regeln wie in der Telekommunikation. Eine Dominanz oder gar Kontrolle Chinas müsse ausgeschlossen sein.
Allerdings ist China schon deutlich auf Kurs in Richtung Dominanz. Im Jahr 2023 haben chinesische Windturbinenhersteller den globalen Markt dominiert. Vier der fünf größten Hersteller kamen aus China – im Vorjahr 2022 waren es nur zwei gewesen. Das berichtete Bloomberg und berief sich auf Daten eines Berichts von BloombergNEF. Nach Goldwind Science & Technology Co. und Envision Energy.Co (beide chinesisch) konnte sich Vestas Wind Systems aus Dänemark den dritten Platz sichern. Sowohl General Electric, ein Branchengigant aus den USA, und Siemens Gamesa flogen aus den Top fünf.
Ungefähr zwei Drittel aller Zubauten (sowohl On- als auch Offshore-Windanlagen) entfielen im letzten Jahr auf chinesische Hersteller. Windhersteller aus den USA rutschten dagegen deutlich ab.
Deutschland hängt beim Ausbau der Windenergie hinterher
Von Strafzöllen hält Heidebroek dagegen nichts. Diese würden lediglich einen Handelskrieg befeuern. So oder so müsse Deutschland dringend verschiedene Schritte unternehmen, um seine Windkraftsparte zu stärken. Aktuell geht der Ausbau von Windenergie nur schleppend voran. Das langfristige Ziel ist ein Zubau von Windkraft um zwölf Gigawatt pro Jahr, aktuell steht Deutschland bei 3,4 Gigawatt. In einigen bayerischen Landkreisen gibt es gar einen Rück- anstatt Zubau. Kann die Bundesrepublik ihre gesteckten Ziele trotzdem erreichen?
Der Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE) pocht hier auf eine zeitnahe Umsetzung der Richtlinie 2023/2413 der EU, auch genannt RED III. „Die Richtlinie bietet alle Möglichkeiten zur Beschleunigung und Vereinfachung von Verfahren. Sie ist als Plattform für die Umsetzung der Beschlüsse des Bund-Länder-Pakts zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung aus dem November 2023 bestens geeignet“, teilte der Verband in einer entsprechenden Meldung mit. Die Bundesregierung mache davon nur nicht ausreichend Gebrauch.
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