Mütter sollen mehr arbeiten
Ampel will Steuerklassen abschaffen: Das sind die Folgen für Ehepaare
Die Ampel-Regierung plant eine große Reform der Steuerklassen. Dabei sollen insbesondere Frauen bessergestellt werden, um Arbeitsanreize zu erhöhen.
Berlin – Finanzminister Christian Lindner (FDP) plant Berichten zufolge ein Gesetz, das die Abschaffung zweier Steuerklassen vorsehen würde. Konkret geht es um die Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5, die aktuell für Eheleute gelten. Stattdessen sollen Ehepaare künftig beide in Steuerklasse 4 eingeordnet werden.
Eine Reform der Steuerklassen war auch schon im Koalitionsvertrag der Ampel angekündigt. Nach der Vorstellung des diesjährigen Jahreswirtschaftsberichts hatte auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP angekündigt, dass eine geplante Reform bei den Steuerklassen die Arbeit für verheiratete Zweitverdienende lohnender macht. Davon profitierten meist Frauen.
Steuerklasse 4 für alle Ehepaare: Das ist der Ampel-Plan
Durch die Verschmelzung der beiden Steuerklassen würde der Besserverdienende künftig weniger Netto vom Brutto erhalten, während der Partner mit geringerem Gehalt dann mehr bekommt. Ehepartner, die beide gleich gut verdienen und in Steuerklasse 4 fallen, sind von der Änderung nicht betroffen.
Die Idee hinter der Steuerklassen 3 und 5 war ursprünglich, dass die Familie insgesamt monatlich mehr Einkommen zur Verfügung hat, auch wenn häufig jedes Jahr eine Nachzahlung fällig wird. Denn der Besserverdienende wird in Steuerklasse 3 eingestuft und zahlt dadurch sehr wenige Steuern, während der Schlechterverdienende (häufig die Frau) sehr hohe Steuern zahlt und so quasi die gesamte Steuerlast auf sich nimmt. Doch auch wenn dadurch die Familie insgesamt mehr Geld hat, entsteht dadurch ein Machtgefälle. Und es fällt Frauen schwerer, zum Beispiel nach der Geburt eines Kindes zurück zur Arbeit zu gehen, da sie weniger zum Familiennetto beitragen.
Aus volkswirtschaftlicher Sicht ergibt das insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels wenig Sinn. Deshalb will die Ampel-Regierung hier nachjustieren – und die Arbeitsanreize insbesondere für Frauen erhöhen.
Wie sich das konkret auf den Geldbeutel der Familien auswirken kann, lässt sich aus dieser Tabelle entnehmen:
Lohnsteuer-Berechnung in den verschiedenen Steuerklassen
| Brutto-Gehalt | Steuerklasse III | Steuerklasse V | Steuerklasse IV |
|---|---|---|---|
| 2.000 Euro | 0 Euro | 322,41 Euro | 110,91 Euro |
| 2.500 Euro | 0 Euro | 491,58 Euro | 208,41 Euro |
| 3.000 Euro | 60,50 Euro | 643,83 Euro | 317,08 Euro |
| 3.500 Euro | 142,66 Euro | 803,50 Euro | 432,75 Euro |
| 4.000 Euro | 239,33 Euro | 972,25 Euro | 555,58 Euro |
| 4.500 Euro | 340,16 Euro | 1.141,41 Euro | 685,41 Euro |
| 5.000 Euro | 444,50 Euro | 1.310,58 Euro | 822,25 Euro |
Es soll aber laut FDP verhindert werden, dass durch die Reform Eheleute insgesamt weniger Geld im Monat haben. Details dazu stehen noch aus.
Die Problematik, dass vor allem Mütter aus finanziellen Gründen weniger oder gar nicht arbeiten gehen, wurde als zentrale Herausforderung im Wirtschaftsbericht 2024 herausgearbeitet. Der Bericht zeige laut Familienministerin Lisa Paus (Grüne), „dass die Erwerbstätigenquote von Frauen mit Kindern im europäischen Vergleich zwar eine der höchsten“ sei, aber 47,2 Prozent der Frauen mit Kindern in Teilzeit arbeite. „Während sich die Erwerbsbeteiligung von kinderlosen Frauen und Männern kaum unterscheidet, liegt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von erwerbstätigen Müttern bei knapp 28, bei Vätern dagegen bei 40,4 Wochenstunden.“
Oft wollten Frauen aber mehr arbeiten, als ihnen möglich sei, betonte Paus. „Das hat auch Folgen, wenn es darum geht, den Lebensunterhalt durch eigenes Einkommen zu bestreiten, und zwar nicht nur aktuell, sondern auch bei veränderten Lebensumständen wie Trennung oder Scheidung“, sagte Paus. Um das zu ändern, sei auch eine gut ausgebaute Kinderbetreuung zentral.
Paus hob in dem Zusammenhang auch die Familienstartzeit hervor – ein Projekt ihres Ministeriums, das sich wegen ungeklärter Finanzierung noch in Ressortabstimmung befindet und damit weiter auf Eis liegt. Mit der im Koalitionsvertrag von 2021 vereinbarten Einführung eines bis zu zweiwöchigen, bezahlten Sonderurlaubs für den zweiten Elternteil nach der Geburt des Kindes solle auch „die Regeneration der Mütter nach Geburt ihres Kindes“ unterstützt werden, sagte Paus. „Damit können Eltern zugleich frühzeitig die Weichen für eine partnerschaftliche Aufgabeteilung stellen.“
Mit Material von AFP
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