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Wirtschaftsflaute

Habeck legt Jahreswirtschaftsbericht vor – Nächste Ampel-Enttäuschung droht

Am Mittwoch legte Wirtschaftsminister Habeck den mit Spannung erwarteten Jahreswirtschaftsbericht vor. Doch in zentralen Punkten war sich die Ampel-Koalition offenbar mal wieder nicht einig.

Update vom 21. Februar 2024, 16:30 Uhr: „Wir kommen langsamer aus der Krise als gehofft.“ Das sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch in Berlin bei der Vorlage des Jahreswirtschaftsberichts. Die Regierung erwartet für dieses Jahr nur noch ein Mini-Wachstum von 0,2 Prozent. In der Herbstprognose rechnete sie noch mit 1,3 Prozent.

Ursache für die getrübte wirtschaftliche Lage seien etwa das historisch niedrige Wachstum des Welthandels, das gerade einer Exportnation wie Deutschland zu schaffen mache, sowie hohe Zinsen, die Investitionen der Unternehmen hemmten, so Habeck. Er verwies zudem auf Sparzwänge des Bundes nach einem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts. 

Habeck nannte außerdem strukturelle Probleme Deutschlands, die sich über viele Jahre aufgebaut hätten. Es brauche einen „Reformbooster“, daran müsse die Bundesregierung nun arbeiten. „Es geht um nichts Geringeres, als die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Industriestandortes zu verteidigen.“ Habeck verwies etwa auf den Arbeitskräftemangel. 

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stellt den Jahreswirtschaftsbericht 2024 vor.

Innerhalb der Ampel-Koalition gibt es allerdings unterschiedliche Vorstellungen über zusätzliche Entlastungen. Habeck hatte ein milliardenschweres, schuldenfinanziertes Sondervermögen vorgeschlagen – die FDP lehnt dies ab. Ein vom Bundestag bereits beschlossenes Wachstumspaket droht am Widerstand der Union zu scheitern. Am Mittwochabend tagt der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag dazu.

Habeck kritisiert Union: „Ich kann die Opposition da nicht ernst nehmen“

Update vom 21. Februar 2024, 15 Uhr: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat den Jahreswirtschaftsbericht bei einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt, nachdem zuvor auch das Bundeskabinett den Entwurf gebilligt hatte. Dabei betonte Habeck erneut, welche Herausforderungen das Land in den vergangenen zwei Jahren gemeistert habe – weshalb auch jetzt das Wachstum enttäuschend sei.

„Zur Wahrheit gehört auch: Deutschland leidet unter strukturellen Problemen, die sich über viele Jahre aufgebaut haben. Was wir jetzt brauchen, ist ein Reformbooster. Daran müssen wir als Bundesregierung arbeiten. Es geht um nichts Geringeres, als die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Industriestandortes zu verteidigen“, so Habeck bei der Vorstellung des Berichts. Der Fach- und Arbeitskräftemangel sei aktuell eines der entschiedensten Probleme des Landes. Es müssten neue Arbeitsanreize geschaffen werden, sowohl für ausländische Arbeiter als auch für Frauen und Mütter, die arbeiten möchten – aber aus verschiedenen Gründen, wie der fehlenden Betreuungsinfrastruktur, nicht können.

Kritik äußerte Habeck an die Union, vor allem im Hinblick auf das Wachstumschancengesetz, das gerade von CDU und CSU im Bundesrat blockiert wird. Habeck könne es nicht verstehen, dass die Union ständig Vorschläge „herausposaunt“, wie man die Wirtschaft ankurbeln könne – dann aber die Maßnahmen, die genau das tun würden, im Parlament blockiert. „Ich kann die Opposition da nicht ernst nehmen“, so der Minister. Das Wachstumschancengesetz sollte am Mittwoch eigentlich beschlossen werden – droht aber erneut im Vermittlungsausschuss zu scheitern. Die Union pocht auf eine Rücknahme der Agrardiesel-Kürzungen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck im Deutschen Bundestag.

Erstmeldung vom 21. Februar 2024, 9.30 Uhr:

Berlin – Die deutsche Wirtschaft strauchelt – auch deshalb sorgt ein Programmpunkt am Mittwoch für mehr Aufsehen als die Jahre zuvor: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) legt heute (21.02.2024) den aktuellen Jahreswirtschaftsbericht vor. Darin stellt die Ampel-Koalition ihre wirtschaftspolitischen Richtlinien vor.

Das ist bitter nötig: Bereits in der vergangenen Woche hatte Habeck angekündigt, dass die Regierung ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr von 1,3 Prozent auf nur noch 0,2 Prozent absenkt. Der Wirtschaftsminister bezeichnete die Konjunkturaussichten dabei als „dramatisch schlecht“, Finanzminister Christian Lindner (FDP) nannte sie „peinlich und in sozialer Hinsicht gefährlich“.

Jahreswirtschaftsbericht: Habeck und Lindner uneins

Beide Minister haben das Problem zwar klar erkannt und wollen die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft stärken. Doch wie üblich können sie sich nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. So haben die Maßnahmen, die im Jahreswirtschaftsbericht erwähnt werden, einen starken Fokus auf den Arbeitsmarkt und sind dort auch viel konkreter formuliert als in anderen Bereichen.

Laut dem Handelsblatt, dem der Bericht vorab vorliegt, wurde beispielsweise der Begriff „transformative Angebotspolitik“ gestrichen, den das Wirtschaftsministerium hatte nutzen wollen. Dagegen habe sich das Finanzministerium gewandt, berichtete die Zeitung aus Regierungskreisen.

Was dahinter steckt: Habeck würde gerne Unternehmen bei der Transformation zur Klimaneutralität staatlich fördern, Lindner will lieber ein Dynamisierungspaket mit einem verstärkten Abbau von Bürokratie. Nur: So wie es aussieht, werden nun wohl als Ergebnis keine konkreten Steuerreformen vorgestellt, gleiches gilt für die Finanzpolitik (außer einem Bekenntnis zur Schuldenbremse).

Konkrete Vorschläge bei Arbeitsmarktpolitik – bis Heil dazwischen grätscht

Konkreter sind da die arbeitsmarktpolitischen Vorschläge wie die einer Familienstartzeit, also einer bezahlten Freistellung nach der Geburt auch für den Vater. Zudem soll es beispielsweise Menschen, die staatlichen Leistungen wie das Bürgergeld erhalten, leichter gemacht werden, Geld hinzuzuverdienen.

Außerdem soll ein Vorschlag geprüft werden, nachdem Unternehmen transparenter über Löhne informieren müssen. „Insbesondere Personen im Niedriglohnbereich haben häufig falsche Vorstellungen ihrer Verdienstmöglichkeiten bei anderen Arbeitgebenden“, heißt es dazu laut Handelsblatt im Jahreswirtschaftsbericht.

Dann wird es auch hier dünn: Wie die Zeitung berichtet, seien auf Verlangen von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Vorschläge aus dem Wirtschaftsministerium, Geringverdienern und Rentnern mehr Arbeitsanreize zu geben, gestrichen worden. So ist es insgesamt fraglich, ob die genannten Maßnahmen ausreichen werden, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln oder ob vielleicht noch mit weiterreichenden Reformen – zum Beispiel bei Bürokratie und Steuern – nachgelegt werden kann.

Union fordert „Mehrfachwumms“ für die Wirtschaft

Die Union fordert währenddessen von der Regierung einen „Mehrfachwumms“ für die Wirtschaft. „Ich sehe das mit großer Sorge, was auf uns zukommt und wo wir gerade wirtschaftlich drinstecken“, sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Julia Klöckner. „Deutschland ist die Wirtschaftsnation, die nicht nur nicht wächst, sondern schrumpft. Und die anderen ziehen an uns vorbei.“ Das koste erheblich an Wohlstand und an Zusammenhalt in der Gesellschaft. „Deshalb heißt es „all in“: Sofortprogramm für die Wirtschaft, Wirtschaftswende und Wachstumswende.“

Die Unions-Bundestagsfraktion schlägt ein Sofortprogramm mit einem Maßnahmenbündel vor. Konkret geht es zum Beispiel um eine „Belastungs- und Bürokratiebremse“, um flexiblere Arbeitszeiten, eine Deckelung der Lohnnebenkosten bei 40 Prozent, eine Senkung der Unternehmenssteuern oder „Superabschreibungen“.

Mit Material von dpa und AFP

Rubriklistenbild: © Carsten Koall/dpa

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