Wärmeplan in München
Heizungswende in München: Stadt prüft „Anschlusszwang“ für Fernwärme sowie Verbot von Öl- und Gasheizungen
In München wird an einem Wärmeplan gearbeitet, der die Versorgung im gesamten Stadtgebiet langfristig dekarbonisieren soll. Bei der jüngsten Sitzung wurde über die Möglichkeiten ausführlich beraten.
München – Die Frage nach der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung im Land wird jede Stadt und Kommune in den kommenden Jahren beschäftigen. Nicht nur, weil Deutschland das Ziel verfolgt, bis 2045 klimaneutral zu sein; seit 2024 gilt auch das neue Wärmeplanungsgesetz (WPG), das Städte und Gemeinden zur Vorlage eines kommunalen Wärmeplans bis zu festen Zeitpunkten verpflichtet. Für Städte über 100.000 Einwohner muss ein Wärmeplan bis 2026 vorliegen. Die Zeit rennt also.
Wärmeplan für München: Fernwärme für die meisten Haushalte eine Lösung
Nun hat sich der Stadtrat München in der vergangenen Woche (Sitzung vom 15. Mai) mit dem Thema befasst. Die Überlegungen der Kommunalpolitiker dürften für die gesamte Republik von Interesse sein – schließlich muss man sich überall mit den gleichen Fragen beschäftigen. Der erste Wärmeplan, der den Stadträten vorgelegt wurde, ist zwar nur ein erster Entwurf – weitere, detailliertere werden folgen. In einem 90-seitigen Dokument werden die Handlungsoptionen der Stadt vom Referat für Umwelt- und Klimaschutz aufgeführt.
Für die Stadt München wird deutlich, dass die meisten Haushalte durch Fernwärme versorgt werden können (62 Prozent bis 2045), für die übrigen Haushalte wird sich größtenteils (33 Prozent) eine Wärmepumpe eignen. Die restlichen fünf Prozent entfallen auf Biomasse (z.B. Pellets) oder andere Technologien. Das ist laut Referat das „Zielszenario“, eine Art Best-Case-Szenario, das für die Stadt und die Bürgerinnen und Bürger die günstigste Möglichkeit darstellt.
Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen alle Hebel in Bewegung gesetzt werden. Die Stadtwerke München (SWM) müssen den Ausbau der Fernwärme massiv vorantreiben, dazu will die Stadtkämmerei prüfen, ob eine Klimaschutzanleihe (Green Bond) für diese nötigen Investitionen auferlegt werden kann. Die Stadt will die SWM beim Aufbau der personellen und fachlichen Ressourcen unterstützen, auch sollen Fördermöglichkeiten geprüft werden. Die SWM soll nach dem Willen der Stadt auch intensiv mit umliegenden Kommunen kooperieren.
Stadt muss Eigentümer überzeugen – ohne sie gelingt die Wärmewende nicht
Es soll weiter eine Informationskampagne gestartet werden, um die Bürgerinnen und Bürger über die Möglichkeiten zu informieren – und idealerweise zu begeistern. Auch ist ein „Wärmewendetelefon“ geplant, das Fragen zu dem Thema beantworten soll. Denn wie das Referat in dem Dokument feststellt: „Ohne die Mitwirkungsbereitschaft der Stadtgesellschaft und hier vor allen Dingen die Gebäude- und Wohnungseigentümer/innen, aber auch die Mieter/innen wird die Wärmewende nicht gelingen“.
Und genau das ist der Punkt, den die Stadt München - beziehungsweise gar keine Stadt - nicht wirklich kontrollieren kann. Schön und gut, dekarbonisierte Wärmeversorgung bereitzustellen und darüber zu informieren. Final müssen sich jedoch die Eigentümer und Eigentümerinnen dazu entscheiden, ihre Heizung umzustellen.
München prüft Anschlusszwang für die Fernwärme
Die Stadt hat daher auch ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, um herauszufinden, welche Optionen es gäbe, um Eigentümer und Eigentümerinnen zu einer Umstellung zu verpflichten. Konkret wird auch geprüft, ob ein „Anschlusszwang“ für die Wärmenetze sinnvoll wäre. Das würde auch die Investition in das Netz absichern, so das Referat für Umwelt- und Klimaschutz, also garantieren, dass sie sich am Ende rentiert.
Das Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass ein Anschlusszwang sowohl für Neu- als auch Bestandswohnungen grundsätzlich möglich wäre. Allerdings muss es Ausnahmeregelungen für Härtefälle geben, in denen sich Eigentümerinnen und Eigentümer den Anschluss beispielsweise nicht leisten können. Und das Referat betont: „Zwangslösungen“ sollten nur als „letztes Mittel“ genutzt werden. Stattdessen sollte die Stadt darauf setzen, dass die Menschen in München die Wirtschaftlichkeit der Fernwärme erkennen, vor allem wenn sich fossile Brennstoffe durch den steigenden CO₂-Preis nicht mehr lohnen. Zudem glaubt das Referat, dass Anschlusszwänge zu „langwierigen Klageverfahren, die erhebliche personelle Kapazitäten binden dürften“ führen würden.
Stadt lehnt Verbot von Öl- und Gasheizungen in München ab – Wasserstoffnetzgebiete spielen keine Rolle
Die Stadt München hat auch Verbote von Öl- und Gasheizungen prüfen lassen. Dieser Strategie erteilt man aber generell eine Absage, sie sei mit zu vielen Rechtsunsicherheiten verbunden. Ein mögliches Verbot von fossilen Brennstoffen könnte man aber in folgenden Fällen erwägen: Wenn die Stadt Flächen verkauft oder verpachtet, die später bebaut werden sollen, wäre es möglich, eine vertragliche Vereinbarung zu treffen. Darin könnte es beispielsweise heißen: „Im Bereich der Vertragsflächen ist jegliche Beheizung und Warmwasserbereitung mit fossilen Brennstoffen (außer Fernwärme) zu unterlassen. Ausnahmeregelungen, die eine teilweise brennstoffbasierte Wärmeversorgung zulassen, können für Gebäude im Wärmeplan-Eignungsgebiet ‚Prüfgebiete‘ je nach vorliegendem Energiekonzept bzw. übergangsweise bis zur Sanierung“ getroffen werden.
Eine generelle Absage wird in dem Dokument an das Thema Wasserstoff als Brennstoff für Heizungen erteilt. Wörtlich heißt es: „Keine Rolle spielen in München dagegen nach aktueller Einschätzung Wasserstoffnetzgebiete, die gemäß WPG ausgewiesen werden können (aber nicht müssen). Wie bereits in der Studie ‚Klimaneutrale Wärme München 2035‘ ausführlich erläutert, liegen die Gründe dafür im Wesentlichen in der mangelnden Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff bzw. den hohen Kosten für einen Einsatz im Gasverteilnetz (Niederdruck).“ Diese Einschätzung deckt sich auch mit der von Energieexperten und -ökonomen, die die Rolle von Wasserstoff bei der Dekarbonisierung der Industrie stets betonen – dass zunächst der Fokus für Wasserstoff sein sollte.
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