Mehr Tempo in China
VW mit neuer Plattform und günstigen E-Auto-Modellen - aber nicht in Deutschland
VW plant eine Reihe von bezahlbaren Elektroautos. Doch die neuen Modelle sind zunächst für China geplant, um auf dem wichtigsten Absatzmarkt anzugreifen.
Wolfsburg/Hefei - VW hat seine Vormachtstellung auf dem chinesischen Automarkt verloren. Europas größter Autobauer möchte im Reich der Mitte jedoch die Transformation auf E-Mobilität mit einer neuen Strategie bewerkstelligen und auch mit Elektroautos zu den Innovationstreibern gehören. Dafür nehmen die Wolfsburger besonders das kostengünstige Einstiegssegment ins Visier, um über die Preisschiene den Absatz anzukurbeln.
Dafür nimmt Volkswagen viel Geld in die Hand und geht auf dem wichtigen Absatzmarkt mit einer eigenen, neu konzipierten E-Auto-Plattform in die Offensive. Der Baukasten soll die Grundlage für mehrere günstige Modelle bilden und den Rückstand auf chinesische Marktführer wie BYD und andere Hersteller aus dem Reich der Mitte wettmachen.
VW plant in China günstige Modelle auf neuer Elektro-Plattform
Vier Stromer auf Basis der neuen Plattform sollen bereits ab 2026 auf den Markt kommen und im Preisbereich zwischen 140.000 und 170.000 Yuan (etwa 18.000 bis 22.000 Euro) angesiedelt sein, erklärte Ralf Brandstätter, China-Chef der Marke, bei einer Besichtigungstour des neuen VW-Kompetenzzentrums in Hefei. Im Osten des Landes entsteht zu diesem Zweck die Volkswagen China Technology Company (VCTC), mit der die Entwicklung der Architektur für den chinesischen Markt von Wolfsburg verlagert wird und damit die Zeit bis zur Marktreife von Fahrzeugen um 30 Prozent reduziert werden soll.
Das erinnert bereits an die Outsourcing-Pläne, mit denen Volkswagen im Zuge von Sparmaßnahmen die Rentabilität der Kernmarke nach oben treiben möchte. Bis Ende 2024 sollen im Reich der Mitte rund 3000 Menschen arbeiten und Modelle für drei Joint-Ventures - Partnerschaften mit chinesischen Unternehmen - in die Wege leiten. Denn Volkswagen möchte verstärkt auf lokale Zulieferer setzen, statt vom Import und Export abhängig zu sein.
VW: Elektroauto-Kunden in China haben andere Ansprüche als hierzulande
In der Metropole Hefei stampfte VW in 2,5 Jahren neue Produktions- und Entwicklungshallen aus dem Boden. „In einem dynamischen Marktumfeld ist ein hohes Tempo entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit“, erklärte Brandstätter. Das hat auch mit anderen Kundenerwartungen zu tun: E-Auto-Käufer in China haben andere Ansprüche als hierzulande, auch weil sie laut VW deutlich jünger sind - und die Fahrgewohnheiten anders. Denn in chinesischen Großstädten stehen Autofahrer wesentlich öfter im Stau, wodurch mehr Wert auf Info- und Entertainment gelegt wird, als auf die Leistungsdaten.
VW setzt dabei verstärkt auf Lieferanten aus China, um günstigere Modelle anbieten zu können. Der chinesische Markt sei sehr preissensibel, entsprechend müsse VW die Kosten anpassen. Wenn der Elektroauto-Absatz steige, sei Profitabilität ein hohes Gut. „Entsprechend treiben wir Technologie, Geschwindigkeit und Kosten-Effizienz voran“, so der VW-Manager.
Dabei hat Volkswagen bereits im Sommer seine Strategie in China angepasst - und kopiert nahezu das Tesla-Prinzip:
Modelloffensive von VW in China: 30 neue Elektroautos bis 2030
In der Wolfsburger Konzernzentrale wird aufgrund der ambitionierten China-Strategie angeblich gerne von „China Speed“ gesprochen. Im Reich der Mitte sollen schneller Modelle entwickelt werden, um sich den Kundenwünschen anzupassen. Das ambitionierte Vorhaben: in der Volksrepublik bis 2030 nicht weniger als 30 neue E-Modelle auf den Markt bringen.
Stefan Bratzel, Experte des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, erklärt zur China-Strategie im Hause Volkswagen gegenüber dem Handelsblatt: „Die entscheidende Frage wird auch sein, zu welchen Kosten diese Angebote entstehen und in welchen Punkten sie besser sind als die Konkurrenz.”
Ein Teilstück des China-Puzzles ist für VW laut dem Bericht auch der Einstieg eines lokalen Partners zur Elektrifizierung der Submarke Jetta. Mit der bietet Volkswagen China bislang preisgünstigere Modelle im Vergleich zur Muttermarke an und das ausschließlich mit Verbrennungsmotor. Eine Kooperation mit Leapmotor hat sich demzufolge erledigt: Das Start-up aus China macht mittlerweile gemeinsame Sache mit VW-Erzrivale Stellantis.
Volkswagen-Konzern im Aufwärtstrend - Absatz zuletzt wieder gestiegen
Auch wenn es intern bei Volkswagen brodelt und sich der Konzern in einem Umbruch befindet: Beim Absatz konnten die Wolfsburger zuletzt zulegen und sogar in China wieder mehr Auslieferungen verzeichnen. Im Oktober lieferte der Konzern mit all seinen Marken 765.500 Fahrzeuge aus und damit 10,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In China, dem wichtigsten Einzelmarkt, gab es nach mehreren Monaten mit Rückgängen ein Plus von 5,1 Prozent auf 276.800 Fahrzeuge.
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Selbst das lange problematische Elektroautogeschäft in China kommt bei VW offenbar stärker in Schwung: Im Oktober verdoppelten sich die Auslieferungen vollelektrischer Fahrzeuge gegenüber dem Vorjahresmonat nahezu auf 23.393 Wagen. Einen großen Anteil daran habe daran der ID.3, so das Statement eines Sprechers. (PF mit Material von dpa und Reuters)