Erneuerbare Energien verboten
Jetzt dreht die Ukraine EU-Land das Öl ab – Energiekrise droht
Ungarn bezieht viel Öl aus Russland. Das Land ist abhängig. Die Ukraine schiebt der Versorgung dennoch einen Riegel vor.
Kiew – Trotz Ukraine-Krieg und umfassender westlicher Sanktionen beziehen mehrere westliche Länder Öl und Gas aus Russland. Die Ukraine wiederum versucht, Russlands Einnahmen aus dem Ressourcenverkauf einzuschränken, so gut es nur geht. Jetzt gerät Ungarn ins Kreuzfeuer.
Ukraine will Öl-Lieferungen einstellen – und löst Unruhe in Ungarn aus
Die Ukraine hatte schon im Juni eine Transportsperre für Öl verhängt, das vom russischen Konzern Lukoil über ihr Territorium transportiert worden war. Damit dreht das nach wie vor von Russland attackierte Land Ungarn effektiv den Zugang zu russischem Öl ab, jedenfalls in weiten Teilen. Jetzt ringt Ungarn darum, Stromausfälle und eine Treibstoffknappheit zu vermeiden – dem Land läuft zunehmend die Zeit davon.
Konkret betreffen die neuen von Kiew verhängten Sanktionen den Transit von Pipeline-Rohöl, das Moskaus größter privater Ölkonzern Lukoil nach Mitteleuropa verkauft. Ursprünglich hatte die Europäische Union (EU) bei entsprechenden Sanktionen bestimmte Ausnahmen gelassen, damit von Russland abhängige Länder ausreichend Zeit haben, um ihre Lieferungen einzustellen. Diese Ausnahmen hat die Ukraine nun ausgesetzt, mit dem Ziel, die Einnahmen Russlands durch den Ölverkauf zu verringern – langfristig sollen solche Maßnahmen die Kriegskasse vom russischen Präsidenten Wladimir Putin trockenlegen. Das berichtete unter anderem Politico.
Problematisch ist daran vor allem, dass Ungarn auf Russland in extremem Maße angewiesen ist. Laut dem Observatory of Economic Complexity (OEC) bezog Ungarn im Jahr 2022 rund 80 Prozent seiner Ölimporte aus Russland. Der Rest kam aus Kroatien (12,5 Prozent) und Kasachstan und Saudi-Arabien. Der Umfang des insgesamt eingekauften Öls betrug etwa drei Milliarden US-Dollar.
Ungarn ist abhängig von Russlands Öl – und unterstützt Putin indirekt
Konkret geht es um die Druschba-Pipeline, über die Lukoil Ungarn und die Slowakei mit Öl versorgt hatte. Andere Exporteure sollen die Pipeline weiter nutzen dürfen – mittlerweile hatten beide Länder gemeldet, kein Öl mehr über die Pipeline zu erhalten.
Im Jahr 2024 sollen es immerhin noch 70 Prozent der Ölimporte sein, die Ungarn aus Russland bezieht. Das reicht jedoch aus, um die Regierung in Ungarn eine handfeste Energiekrise fürchten zu lassen. Ungarn war schon öfters durch einen extrem russlandfreundlichen Kurs aufgefallen; Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán war erst kürzlich nach Moskau gereist, um mit Kreml-Diktator Wladimir Putin zu sprechen. Offiziell hatte es sich um diplomatische Mühe gehandelt – nur wenig später hatte Russland dann einen neuen Großangriff auf die Ukraine gestartet und unter anderem ein Kinderkrankenhaus mit einer Rakete getroffen.
In der Frühphase nach den russischen Angriffen auf Kharkiv und den Großraum Kiew hatte Ungarn sein Veto-Recht dazu benutzt, um westliche Sanktionen zu behindern und zum Beispiel zu verhindern, dass die EU effektiv russisches Öl sanktioniert. Bei einigen Waffenlieferungen war es ebenfalls Ungarn gewesen, das der EU Steine in den Weg gelegt hatte. Damit hatte der ungarische Staatschef Orbán indirekt Wladimir Putin unterstützt und ihm den Krieg leichter gemacht.
Alternativen für russisches Öl – Ungarn sucht neue Optionen
Welche Optionen Ungarn abseits vom russischen Öl hat, um seine Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten, hatte die Friedrich-Ebert-Stiftung im Report Energy without Russia untersucht. Die Hälfte der Stromproduktion in Ungarn entfällt auf Kernenergie, vorrangig ist das Kraftwerk Paks dafür verantwortlich. Dieses läuft allerdings zu 100 Prozent mit russischem Kernbrennstoff – eine weitere Abhängigkeit, die Ungarn derzeit zu verringern versucht. Unter anderem hatte das Land schon die Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischem Unternehmen Westinghouse oder Framatome aus Frankreich erwogen.
Die erneuerbaren Energien sind dagegen nur bedingt eine Option für Budapest. Die Regierung hatte im Herbst 2022 verboten, dass neue Solarenergieanlagen an das Energienetz angeschlossen werden – angeblich sei dieses dafür nicht ausgelegt. Für den ungarischen Photovoltaik-Markt war das eine Hiobsbotschaft: Unternehmen hatten vorher einen deutlichen Zuwachs in der Nachfrage von Photovoltaik bemerkt und entsprechende Schritte eingeleitet. Nach dem Verbot brach die Nachfrage weg, viele frisch abgeworbene Mitarbeiter mussten wieder gekündigt werden.
Ukraine stoppt Gastransit – Sanktionen beschädigen Russlands Wirtschaft
Ähnliche Schritte hatte die Ukraine zuletzt auch bei der Versorgung westlicher Länder mit russischem Gas angekündigt. Ein wichtiger Vertrag, der den Gastransit durch ukrainische Pipelines ermöglicht, soll zum Ende des Jahres 2024 auslaufen, und die Ukraine strebt keine Verlängerung an. Die verschiedenen Maßnahmen, die der Westen in Kooperation mit der Ukraine durchführt, haben zuletzt dazu geführt, dass der russische Gas-Titan Gazprom massive Verluste eingefahren hatte.
Trotzdem sind einige europäische Länder nach wie vor von russischen Ressourcen wie Gas und Öl abhängig. Österreich zum Beispiel versucht, sich aus Langzeitverträgen zu lösen, die es noch viele Jahre an russisches Gas binden würden. Und Ungarn arbeitet jetzt an einer Lösung, um die Energiesicherheit zu gewährleisten.
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