Autarkes Leben
Unabhängig leben mit Solar, Wärmepumpe und Speicher: Ist das heute schon machbar?
Zahlreiche Hausbesitzer hegen den Wunsch, völlig energieautark zu sein. Dank regenerativer Energien ist dies nun erstmals teilweise realisierbar.
Berlin – Wer heutzutage ein Eigenheim besitzt, hat viele Vorteile gegenüber denjenigen, die zur Miete wohnen. Denn durch die Möglichkeiten der erneuerbaren Energien in Kombination mit einem Batteriespeicher, einem Elektroauto und einer Wärmepumpe können schon heute viele Menschen nahezu autark leben. Doch dazu braucht es auch erstmal eine größere Investition.
Strom speichern und autark leben: PV-Anlagen sollte man neu denken
Wer eine Solaranlage auf dem Dach hat, kann zwischen Eigenverbrauch und Einspeisung des Stroms wählen. Entweder man nutzt den produzierten Strom selbst und speist nur den überschüssigen Solarstrom ins Netz, oder man wählt die Totaleinspeisung und kassiert so eine etwas höhere Vergütung. Der Vorteil der Eigennutzung ist die energetische Unabhängigkeit, Autarkie genannt. Heutzutage kann man noch einen Batteriespeicher zur PV-Anlage hinzufügen, um den Überschussstrom zu speichern für die Abend- und Nachtstunden. Das erhöht dann die eigene Unabhängigkeit.
Wie weit kann man die Autarkie aber wirklich treiben? Eine vollständige Unabhängigkeit ist aktuell noch nicht möglich, wie Studien immer wieder feststellen. Denn dazu müsste der komplette Energieverbrauch über den erzeugten Strom aus der Solaranlage abdeckbar sein. Damit eingeschlossen wäre auch die Energie fürs Heizen (infrage kommen Solarthermie-Anlagen und Wärmepumpen) und im erweiterten Sinne auch der Strom für ein Elektroauto.
80 Prozent autark leben: Das geht mit E-Auto, Wärmepumpe und Solaranlage
Studien haben aber ergeben, dass eine perfekte Abstimmung dieser Geräte einen Autarkiegrad von 60 bis sogar 80 Prozent ergeben kann. Dieser Grad schwankt deutlich mit der Jahreszeit – logischerweise liegt das daran, dass im Winter die Solarproduktion im Vergleich zum Sommer geringer ausfällt. Eine wissenschaftliche Analyse in der Fachzeitschrift Solar Energy Advances hat 2024 festgestellt, dass die Kombination von PV-Anlage, Batteriespeicher und Wärmepumpe über das Jahr verteilt einen durchschnittlichen Autarkiegrad von 42,9 Prozent erreichen konnte. Im Januar kann die Wärmepumpe fast zu 100 Prozent aus Solarstrom betrieben werden, schreiben die Autoren.
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Zu einem ähnlichen Ergebnis kam 2021 die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Ohne Batteriespeicher kann ein Haushalt mit PV-Anlage und Wärmepumpe bis zu 41 Prozent autark sein; mit einem Batteriespeicher steigt der Autarkiegrad auf 66 Prozent. Das sind die Höchstwerte, die erreicht werden können, wenn das Eigenheim gut gedämmt ist und dadurch weniger Energie braucht. Werden dann auch noch effiziente Haushaltsgeräte und smarte Einrichtungen genutzt, die auf die Solarerzeugung ausgerichtet sind, kann der Haushalt sogar zu 80 Prozent unabhängig sein, schildert die Verbraucherzentrale weiter.
Autarkie hat ihren Preis: Wer unabhängig leben will, muss viel Geld investieren
Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz warnt aber auch davor, zu große Batteriespeicher zu installieren. „Ein zu großer Speicher verschlechtert nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern verschwendet auch Ressourcen. Ein Batteriespeicher kann Solarstrom vom Tag für den Bedarf am Abend und in der Nacht speichern, für eine Speicherung über mehrere Tage und Wochen ist er nicht geeignet“, schreiben die Beratenden.
Generell stellt die Verbraucherzentrale fest, dass Autarkie „ihren Preis hat“ – die Investitionen in Solaranlage, Wärmepumpe, Batteriespeicher und in eine gute Dämmung sind schließlich nicht ohne. Wer besonders autark leben möchte, muss in große Anlagen investieren, die dann auch teurer sind. Auch ein Elektroauto kann den Autarkiegrad erhöhen, aber verschlechtert die Wirtschaftlichkeit weiter. Es müssen also die Vor- und Nachteile der Autarkie gut gegeneinander ausgewogen werden.
Was sich aber Experten zufolge immer lohnt, ist der Eigenverbrauch von Solarstrom im Vergleich zur Einspeisung. Wie die Beratungsplattform co2online.de schreibt, wird Solarstrom aktuell für zwischen 10 und 14 Cent pro Kilowattstunde produziert; der Netzstrom kann über 40 Cent/kWh kosten. Die Einspeisevergütung für die Produktion ist auch nicht mehr sehr hoch, 2025 liegt sie nur noch bei 7,94 Cent pro kWh – und in besonders sonnigen Zeiten gibt es aktuell keine Vergütung mehr. Auch wenn man die Amortisation der Investitionskosten berücksichtigt, lohnt sich der Eigenstromverbrauch mehr als die Einspeisung und Speicherung von selbstproduziertem Strom.
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